Menden. Die Menderin Gudrun Vedder spürt in der Corona-Krise, dass viele Klienten unter Unzufriedenheit leiden. Das Virus bringe innere Konflikte hoch.

Das Coronavirus kann tödlich sein, doch es gibt auch ganz andere Auswirkungen, die die Pandemie mit sich bringt: Die Unzufriedenheit vieler Menschen steigt. Laut Gudrun Vedder, Heilpraktikerin für Psychotherapie, ist auch das eine Corona-Folge. Die seelischen und psychischen Folgen der Pandemie spürt die Mendenerin tagtäglich im Gespräch mit ihren Klienten.

Veränderungen in allen Bereichen

Das Virus hat das Leben vieler Menschen komplett auf den Kopf gestellt. Beziehungen, Arbeitsplatz, Freizeit – „die Veränderungen finden in allen Bereichen statt“, sagt Gudrun Vedder. Das verunsichere diejenigen, die ohnehin ängstlich seien, umso mehr. Wichtig sei, zu überlegen, ob die Angst tatsächlich realistisch oder überzogen ist.

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Also: Ist mein Arbeitsplatz aktuell wirklich in Gefahr, sind meine Befürchtungen berechtigt oder spielt das Kopfkino mir einen Streich? „Wir wollen oft etwas sofort verändern, weil wir das so gelernt haben“, weiß Gudrun Vedder. Besser sei es allerdings, sich hierbei auch mal in Geduld zu üben. „Und Dinge, die ich ohnehin nicht ändern kann, muss ich annehmen lernen“, erklärt Gudrun Vedder. Wer hier flexibel sei und sich an die aktuelle Situation anpassen könne, komme besser durch die Krise.

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Dafür nennt sie ein Beispiel: „Ich werde nächstes Jahr 60 und hatte schon einen Raum gemietet“, sagt Gudrun Vedder. Da aufgrund der Corona-Pandemie überhaupt nicht absehbar sei, ob sie die Feier durchführen kann, habe die die Buchung storniert: „Ich will das nicht monatelang im Kopf haben. Ich habe das gecancelt, und dann ist das o.k. für mich.“

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Wer Existenzängste verspüre, solle diese ernst nehmen, aber nicht daran verzweifeln, rät Gudrun Vedder: „Besser ist es zu überlegen, wo sich neue Felder auftun, was sind meine Bedürfnisse und Fähigkeiten?“ Aktiv zu werden im eigenen Einflussbereich sei weitaus sinnvoller als in der „Opferrolle“ zu verharren.

Vier positive Gedanken

Auch das endlose Grübeln mit negativen Gedanken kann kräftezehrend sein, berichtet Gudrun Vedder. „Um einen negativen Gedanken zu eliminieren, brauche ich vier positive Gedanken.“

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Wut und Ärger zu empfinden, sei in Ordnung. „Aber man sollte schon bewusst entscheiden, ob es sich lohnt, über etwas wütend zu sein. Wenn mir jemand beispielsweise den Parkplatz vor der Nase wegschnappt, dann lohnt sich die Wut nicht.“ Generell gelte, dass negative Emotionen nicht lange festgehalten werden sollte, „die schaden und stressen uns sonst“.

Eine Schlüsselrolle komme der Selbstfürsorge zu, betont Gudrun Vedder: „Da geht es dann darum, das Gehirn einzuschalten und zu überlegen, wie ich Verantwortung für mich übernehmen kann.“ Wichtig sei, ins Tun zu kommen. „Kann ich mich gut ernähren, tue ich meinem Körper Gutes, schlafe ich ausreichend, wie gestresst bin ich innerlich – oft sind es ganz einfache Dinge, durch die man die Selbstfürsorge übernehmen kann. Aber viele haben das nie gelernt.“

In die Vogelperspektive gehen

Wer sich gestresst fühle, solle in die Rolle eines Beobachters schlüpfen und sich und seine Situation aus der Vogelperspektive betrachten, rät Gudrun Vedder: „Wer sich mental auf eine Brücke stellt, kann gucken, ob Stress, Sorgen, Ängste realistisch sind.“ Oft rechnen sich Menschen das schlimmste Szenario aus – in der Regel völlig unnötig.

Aktuelle Situation bedeutet Neuland

Zu der Verunsicherung vieler trage bei, dass die aktuelle Situation Neuland bedeute: „Die meisten hatten über viele Jahre oder sogar Jahrzehnte sichere Arbeitsplätze. Durch den Lockdown kam auf einmal ein Stillstand.“ Das überfordere und verängstige vieler ihrer Klienten. Dabei stehe nicht die Angst vor dem Corona-Virus im Vordergrund, „aber Corona hat etwas an die Oberfläche gebracht. Innere Konflikte kommen hoch, wenn das Hamsterrad zum Stillstand kommt.“ Das betreffe alle Bereiche des Lebens. Die Unsicherheit schwappe derzeit bei vielen hoch, berichtet sie aus ihrer Praxis.

Wer einmal eine schwierige Phase in seinem Leben gemeistert hat, geht gestärkt und für die nächste Herausforderung besser gewappnet daraus hervor, sagt Gudrun Vedder. „Zufriedensein kann man lernen.“