Menden/Balve. Bürgerkritik an Überfällen, Einbrüchen, Drogenhandel. Auch Jugendgruppen in der Innenstadt verbreiten bei vielen ein Gefühl der Unsicherheit.

Im Heimat-Check der WP ist das erste große Einzelthema die Sicherheit: Wie wohl und beschützt fühlen sich die Mendener und Balver in ihren Städten? Laut den Zeugnisnoten ist das Sicherheitsgefühl der Balver (Note 2,88) etwas ausgeprägter als in Menden mit 3,03. Beide Städte liegen damit im Urteil ihrer Bürger allerdings schlechter als die meisten anderen der 40 Heimatcheck-Kommunen in Südwestfalen. Sogar die Großstädte Siegen und Hagen vermitteln ihren Bürgern mehr Sicherheit als Menden und Balve. Gründe finden sich zu einem Gutteil in den freien Kommentaren.

Viele Mendener Teilnehmer erinnern an den verkorksten Jahresbeginn

Dass Menden den schlechtesten Wert der drei Städte aufweist, hat offenkundig mit dem völlig verkorksten Jahresbeginn zu tun, dessen Geschehnisse sich in mehreren der 220 Bürgerbeiträge wiederfinden. Erwähnt werden die auf Feiernde abgefeuerten Silvesterraketen auf dem Alten Rathausplatz und die anhaltenden Serien von Wohnungs- und Autoeinbrüchen der letzten Monate. Dazu gab es eine Reihe neuer Tankstellenüberfälle – und das, nachdem die Täter der letzten Serie gerade erst hinter Schloss und Riegel saßen.

Positive Einschätzungen von Polizei und Ordnungsamt als „Verharmlosung“ bewertet

Auch Mendener Ordnungspolitiker sahen im Frühjahr Anlass zu einer Befragung der Verantwortlichen von Polizei und Ordnungsamt. Deren Einschätzung einer ruhigen Silvesternacht bei entspannter Gesamtlage kam beim Publikum indes als unangebrachte Beruhigungspille an. „Verharmlosung“ nennt dies auch ein Heimatcheck-Teilnehmer. Ähnliche Kommentare waren unmittelbar danach auch schon in Leserbriefen und auf der WP-Facebookseite zu finden. Die Kritik flaute erst ab, als die Polizei auch die zweite Welle der Tankstellenüberfälle durch Festnahmen brechen konnte. Aktuell gibt es allerdings erneut ein Delikt dieser Art.

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Jugendliche in der Stadt: Kaum Delikte, aber mulmige Gefühle bei Passanten

Auffallend oft erwähnen Mendener im Heimatcheck die Gruppen junger Leute, die sich in der Innenstadt aufhalten. Hier fühle man sich bedroht, auch wenn kaum konkrete Vorkommnisse geschildert werden. Doch herumlungernde, womöglich lautstarke Jugendliche mit offenkundigem Migrationshintergrund, mehrfach auch als „Flüchtlinge“ benannt, sorgen bei Passanten für mulmige Gefühle: „In der Stadt hängen Kinder ab, von denen man angemacht wird, oder sogar von Erwachsenen. Da fühlt man sich nicht wohl, sorry. Ich hab gar nichts gegen Kinder, aber das, was derzeit in der Stadt läuft, geht gar nicht!“, schreibt eine Teilnehmerin.

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Lösungsideen gibt es auch: „Schön wäre es, wenn die Polizei mit einer Fußstreife statt mit Kfz die Fußgängerzone des öfteren durchläuft“, wünscht sich ein Bürger. Andere kritisieren, in der Innenstadt gebe es kaum Spielplätze oder Treffpunkte für Kinder und Jugendliche.

Kritik entzündet sich auch Rasern, Radlern, Graffiti und kaputten Laternen

Für mehrere sind Radfahrer in der Fußgängerzone ein Problem, „sie stören sehr und bilden eine große Gefahr für Senioren und kleine Kinder“. Um Autos geht es in einem anderen Beitrag: „Die Kfz-Unfallfluchten ängstigen mich, weil es so viele gibt“, schreibt eine Teilnehmerin. „Desgleichen stören mich die Rasereien in der Stadt.“ Ein weiterer Sicherheitsaspekt wird mehrfach erwähnt: Kaputte Laternen schaffen abends offenkundig Angst-Räume. Und Schmierereien an Hauswänden oder den Wänden der Hönnemauer seien „immer da“.

Teilnehmerin am Heimat-Check: „Großes Drogenproblem ist der Polizei völlig egal“

Deutlich wird eine Mendenerin, die der Innenstadt einen florierenden Drogenhandel attestiert: „Großes Drogenproblem, doch es ist der Polizei vollkommen egal. Es passiert gar nichts, und wenn man der Polizei Menden etwas im Zusammenhang mit Drogen melden möchte, wird man abgewimmelt. Selbst wenn man Beweise hat. Ich wohne gerne hier. Aber deswegen werde ich hier keine Kinder großziehen.“ Dass es nichts bringe, das Ordnungsamt einschalten zu wollen, ergänzt ein weiterer Mendener: „Wenn man Leute, die mit dem Ordnungsamtsfahrzeug unterwegs sind, auf eine Gefahrenstelle aufmerksam machen möchte, wird man schroff abgewiesen.“ Auf seine Nachfragen zum „Heizen“ durch die verkehrsberuhigte Bahnhofstraße habe die Stadt nicht geantwortet, „aber auch nichts gemacht“.

Balver Bürger vermissen die eigene Polizeistation auch weiterhin

Auch Balve blieb von Wohnungseinbrüchen nicht verschont. „Verstärkte Polizeipräsenz sollten auch in Balve und den Ortschaften erfolgen“, wird gefordert. Und kritisiert, dass es in Balve keine eigene Polizeistation mehr gibt.

Polizei nennt Zahlen: Balve als sicherste MK-Städte, Menden knapp dahinter

Die Straftaten-Statistik in Menden und Balve zeigt auf, warum die heimische Polizei seit Jahren erklärt: Dem Unsicherheitsgefühl vieler Bürgerinnen und Bürger, das sich aktuell auch in den eher schlechten Heimatcheck-Benotungen widerspiegelt, fehle eine zahlenmäßige Grundlage. Heranzuziehen ist laut MK-Polizeisprecher Christof Hüls hier die „Kriminalitätshäufungszahl“. Sie zeigt die Anzahl der Straftaten auf 100.000 Einwohner an. Auch wenn Menden und Balve gar nicht so viel Einwohner haben, wird damit rechnerisch die Vergleichbarkeit hergestellt. Die Zahlen sind also hochgerechnet. Der Polizei dienen sie laut Hüls dazu, „Einsatzbelastungen im Vergleich zu erkennen“.

Polizeisprecher: Bezirksbeamte und Streifenwagen machen fehlende Wache in Balve wett

Bei der Kriminalitätshäufung war Balve 2019 demnach mit 2500 Fällen auf 100.000 Einwohner sogar die sicherste Stadt unter den 15 Kommunen im MK – und das zum wiederholten Mal. Zwar lag die absolute Zahl etwas über den 2344 Fällen von 2018, aber deutlich unter den Jahren 2009 bis 2017. Zur Kritik, wonach Balve die eigene Polizeistation fehle, erklärt Hüls: „Erstens hat einer der Mendener Streifenwagen den Schwerpunkt Balve.“ Und: Der Personalschlüssel für Bezirksbeamte liege üblicherweise bei einem Beamten auf 10.000 Einwohner. In Balve, das 11.400 Einwohner zähle, seien es zwei Beamte. Damit sei die Zahl der eingesetzten Kräfte im Verhältnis zu Fallzahl und Einwohnern „sogar hoch bemessen“.

Das fast fünf Mal so große Menden zählte 4587 Fälle im letzten Jahr, auch etwas mehr als 2017 und 2018, aber wiederum deutlich weniger als in den Jahren davor. Hüls: „Das ist für die drittgrößte MK-Stadt sehr gut.“ Festzumachen sei das etwa im Vergleich mit dem ganzen Kreisgebiet, wo es im Schnitt 5117 Straftaten auf 100.000 Einwohner gab. Auch der direkte Vergleich mit einzelnen MK-Städten zeige, dass Menden und Balve „immer noch ausgesprochen friedlich und sicher“ seien.

Fürs letzte Jahr weisen selbst MK-Städte, die kleiner als Menden sind, wie Hemer (5158) oder Kierspe (5181), höhere Zahlen auf. Klar schlechter liegen die Kreisstadt Lüdenscheid (6958) und Iserlohn mit 5929 Straftaten auf 100.000 Einwohner. Hinzu komme, dass Delikte wie Computerkriminalität, Enkeltricks oder häusliche Gewalt für Bürger auf der Straße unsichtbar blieben. Sie könnten sich auf die „empfundene“ Sicherheitslage gar nicht auswirken. In der Gesamtstatistik zählten sie aber genauso wie Tötungsdelikte oder schwere Körperverletzung.

Ungeachtet des Bürgerempfindens: Kaum Überfälle auf der Straße

Fürs Sicherheitsgefühl entscheidender sei daher die Zahl der gemeldeten Raubüberfälle auf Straßen, Wegen und Plätzen. Hier hatte Balve 2019 keinen einzigen Fall, Menden nur vier. Und dabei, so Hüls, sei noch zu berücksichtigen, um was es geht: Wurde ein Passant überfallen oder handelt es sich um Streit im Drogenmilieu, wo eine Person die andere beraubt und umgekehrt. „Auch das wären statistisch zwei mutmaßliche Raubüberfälle.“