Menden. Klare Mehrheit für Tim Behrendt – doch seine Vorstellung im Stadtrat wird auch zum Anlass für eine scharfe Strategiedebatte.

Tim Behrendt (35) aus Möhnesee wird erwartungsgemäß neuer Geschäftsführer der Wirtschaftsförderungs- und Stadtentwicklungsgesellschaft WSG in Menden. Mehrheitlich folgte der Stadtrat am Dienstagabend der Empfehlung der Findungskommission. Dass jetzt noch die Gesellschafterversammlung zustimmt und Peter Maywald (CDU) als Vorsitzender des Aufsichtsrates den Vertrag mit Behrendt abschließt, gilt als Formsache. Behrendt soll seine Arbeit ab Mai aufnehmen.

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Die Befürworter der neuen Lösung hätten sich erkennbar ein einstimmiges Votum für Behrendt gewünscht, doch die SPD war dazu ungeachtet aller Appelle nicht zu bewegen. Sebastian Meisterjahn erklärte, dass sich das Nein der Sozialdemokraten nicht gegen die Person richte. Man bleibe aber konsequent dabei, weil man zum einen immer für ein Zurückholen der Wirtschaftsförderung in die Stadtverwaltung plädiert habe – und weil es für die neue WSG kein fertiges Konzept gebe, das vor personellen Entscheidungen stehen müsse.

CDU-Fraktionschef Haldorn: „Der Käpt’n muss jetzt auf die Brücke“

Hier schaltete sich CDU-Fraktionschef Bernd Haldorn ein. Aus der Befragung von 70 Mendener Unternehmen wisse man, dass das Gros der Firmen Politik und Verwaltung als „eingefahren und langsam“ bewerteten. Mit dem Wort „Verwalten ist Gegenwart, Vertrieb ist Zukunft“ versuchte Haldorn deutlich zu machen, dass die Wirtschaftsförderung selbst auch wie ein Unternehmen geführt werden müsse. Den Strategiestreit jetzt an der Bestellung des neuen Geschäftsführers festzumachen, sei kein guter Stil. „Wir müssen jetzt den Käpt’n auf die Brücke setzen!“

Wirtschaftsförderung soll fürs Filetstück Hämmer schlagkräftig sein

Sebastian Schmidt, Stadtverbands-Vorsitzender der CDU, ergänzte: „Wir haben mit Hämmer-Süd ein Filetstück zu vermarkten, und im Einzelhandel muss es ganz neue Wege geben. Da ist es unfassbar wichtig, eine schlagkräftige WSG zu haben.“ Schmidt dankte dem Aufsichtsratsvorsitzenden Peter Maywald (CDU) und Uwe Siemonsmeier für die geleistete Arbeit.

Für Hämmer-Süd-Ansiedlung: Firmen müssen 70 Punkte erreichen

Einstimmig beschloss der Stadtrat die Vergabe-Kriterien für Firmen, die künftig ins Gewerbegebiet Hämmer-Süd ziehen wollen. Dazu zählen die finanziellen Rahmendaten (Kreditwürdigkeit, Umsatz, Gewerbesteuer), die Arbeitsplatz-Effekte, die Gestaltung des Gebäudes und die Ausnutzung der Fläche sowie die Firmenpolitik (inhabergeführt, innovativ, nachhaltig).

Dafür gilt eine Skala von insgesamt 100 Punkten. Unternehmen, die als Bewerber mindestens 70 Punkte erreichen, werden dem Stadtrat von der WSG zur Ansiedlung vorgeschlagen. Ausnahmen vom 70-Punkte-Limit sollen aber möglich bleiben. Darauf bestand die Politik, um Härtefall-Entscheidungen treffen zu können.

Die Kriterien entwarf das Dortmunder Büro „Moduldrei“ gemeinsam mit der Lenkungsgruppe aus Pollitik und Stadtverwaltung. Die angelegten Parameter, sagte Jörg Lennardt von Moduldrei, seien absolut gerechtfertigt. Es gehe darum, die letzte große Gewerbefläche weit und breit in den kommenden Jahren so effektiv wie möglich zu nutzen. Hämmer-Süd sei für Menden ein unglaublicher Standortfaktor gegenüber anderen Städten, die kaum noch Industrieflächen haben.

Für die Bestellung warb auch Stefan Weige (FDP): „Es geht jetzt in die Umsetzung, da werden Handelnde gebraucht. Ich möchte die SPD bitten, ihre Blockadehaltung aufzugeben. Denn damit machen Sie sich allmählich lächerlich.“ Es gelte, Behrendt zu stützen und nach außen zu signalisieren: „Wir wollen das!“ Darauf entgegnete Meisterjahn: „Es wird ja trotz der ,Blockade’ der SPD einen neuen Geschäftsführer geben, die wir schwerlich alleine hinbekommen.“

Peter Köhler (Grüne) erklärte, er teile zwar die Kritik der SPD: „Wir sollten das neue Konzept bis zum 30. Juni 2019 auf dem Tisch haben, da liegt aber nix.“ Dennoch brauche eine Gesellschaft einen Geschäftsführer, der nicht wie Kämmerer Uwe Siemonsmeier nur übergangsweise tätig sei.

SPD-Gegenstimmen: Fährt die WSG als Frachter, Kreuzer oder U-Boot?

Wie Peter Köhler kritisierte auch Sven Langbein (SPD), dass der Rat von wichtigen Aktivitäten der WSG „nur aus der Zeitung“ erfahre: Da würden Anmietungen getätigt, Veranstaltungsgesellschaften gekauft, Personalaufstockungen angekündigt – „das geht so nicht!“ Und zu einem fehlenden Konzept sagte er: „Wenn man einen Käpt’n aufs Schiff setzen will, dann sollte man vorher wissen, ob es als Frachter, als Kreuzer oder als U-Boot fahren soll.“

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Genau diese Debatte war für Haldorn ein Beleg für Bedenkenträgerei im Rat: „Wenn hier alle Details entschieden werden sollten, hätten wir eine neue WSG nicht mal in der übernächsten Ratsperiode!“ Am Ende stimmten CDU, FDP und Grüne für die Bestellung Behrendts, die SPD bis auf Gabriele Tönnesmann (Enthaltung) dagegen, ebenso der fraktionslose Ratsherr Eugen Heinrich. Die Linke enthielt sich.