Lendringsen. Gewaltprävention, Selbstverteidigung, Eigensicherung: Das versucht der Mendener Roland Schelp mit seinem Programm „Fit gegen Gewalt“ zu lehren.

Halt! Stopp! Nein, ich möchte das nicht! – Genau diese Sätze versucht Roland Schelp vielen Kindern und auch Erwachsenen beizubringen. Doch um sich in Gefahrensituationen zur Wehr zu setzen, reicht dieser Satz allein nicht aus. Der 63-jährige Mendener unterrichtet seit 2017 Kinder, Erwachsene und Senioren im Bereich Gewaltprävention und Selbstverteidigung.

38 Jahre Justizvollzugsbeamter

Roland Schelp ist 63 Jahre alt und mittlerweile in Pension. Zuvor hat er 38 Jahre als Justizvollzugsbeamter gearbeitet. „Durch meinen Beruf habe ich viele Erfahrungen gesammelt“, sagt er. In seinem Job wurde er als Einsatztrainer ausgebildet und hat die Bediensteten trainiert. Es ging viel um Selbstverteidigung und auch die Kampfsportart „Jiu Jitsu“ wurde miteingebracht. „Das war natürlich ein ganz anderes Training, als das mit den Kindern.“ Er müsse die Unterrichtsstunden immer der Zielgruppe entsprechend gestalten und häufig auch auf jedes einzelne Kind individuell eingehen. „Ich erlebe häufig, dass Kinder während dem Training stören und Quatsch machen.“ Dann sei die beste Lösung den Kindern eine Aufgabe zu geben, sie etwas machen zu lassen, statt ihnen zu sagen ,Hey, hör auf mit dem Schwachsinn’. Die Kinder bekommen durch zugewiesene Aufgaben Selbstvertrauen und merken, dass sie gebraucht werden. „Das ist enorm wichtig“, sagt der 63-Jährige.

Nicht in fremde Autos steigen

Auch die Eltern der Kinder werden miteinbezogen. „Vorab informiere ich die Eltern ausgiebig, sie können Fragen stellen und selbstverständlich bei den Trainingsstunden dabei sein.“ Nach Zustimmung der Eltern kann es dann losgehen.

Kleinkinder müssten selbstverständlich anders unterrichtet werden, als Erwachsene, erklärt der pensionierte Justizvollzugsbeamte. „Wir spielen gemeinsam viele Spiele, jedes Mal findet zu Beginn ein Aufwärmtraining mit Musik statt“, sagt Roland Schelp. Der Spaßfaktor stehe nach wie vor im Vordergrund. Nach dem Aufwärmen geht es dann an die Selbstverteidigung. Die Szenarien sollen so realitätsnah wie nur möglich dargestellt werden.

Neue Kurse zur Gewaltprävention ab Februar

Ab April unterrichtet Roland Schelp dann im Kindergarten in Bösperde und gibt dort einen Kurs zur Selbstverteidigung. „Es macht mir einfach sehr viel Spaß und ich finde, dass es sehr wichtig ist“, sagt er. Im Februar starten dann auch die neuen Kurse zur Gewaltprävention im Verein TuS Lendringsen.

Donnerstags von 18 bis 19.45 Uhr ist der Kinder-Kurs (6 bis 13 Jahre) und freitags von 18 bis 19.30 Uhr der Kurs für Frauen.

Der Kurs beim TuS Lendringsen für Kinder startet am 6. Februar und der Kurs für Frauen am 7. Februar.

Pro Teilnehmer/-in belaufen sich die Kosten auf 45 Euro.

Insgesamt gibt es neun Termine.

Beispielsweise möchte Roland Schelp den Kindern beibringen, dass sie nicht in fremde Autos einsteigen sollen. Dabei wird vorher in Räumen oder Turnhallen trainiert und danach geht es dann nach draußen: Der 63-Jährige trägt Schutzkleidung und wartet in seinem Auto darauf, dass die Kinder einzeln vorbeilaufen. Dann wird eine Szene nachgestellt: Der 63-Jährige packt ein Kind und versucht es in sein Auto zu zerren. Das Kind tritt und schreit um sich. „Genau das ist etwas, was Angreifer häufig abschreckt und die Opfer für sie „uninteressant“ macht.

Ein anderes Beispiel: Roland Schelp spricht die Kinder an und fragt sie etwas. Das Kind muss dann lernen „Nein“ zu sagen und nicht auf Anspielungen einzugehen. „Die Kids machen super mit. Manchmal sind sie zu Beginn misstrauisch, doch das ändert sich relativ schnell.“

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Das Wichtigste ist Stärke

Dass sich die Trainingseinheiten auszahlen, hofft Roland Schelp natürlich, garantieren kann er es allerdings nicht. Doch es gebe immer häufiger Situationen, in denen er bestätigt bekommt, dass sich das Training bezahlt gemacht hat. „Das freut mich natürlich“, sagt er. Eine junge Frau hat beim Selbstverteidigungskurs mitgemacht. Sie erzählte, dass sie an der Kasse im Supermarkt immer vom gleichen Mann belästigt wird. Sie traute sich jedoch nie etwas zu sagen. „Ich sagte ihr dann, dass wir daran arbeiten werden.“ Nach vier Trainingseinheiten kam die junge Frau erneut zu Schelp und berichtete, dass der Mann nicht mehr in den Supermarkt kommt. „Sie erzählte, dass sie sich endlich getraut habe etwas zu sagen. Das muss den Mann wohl verschreckt haben“, erzählt der 63-Jährige.

Roland Schelp unterrichtet auch an einer Schule in Iserlohn. „Viele der Schüler begrüßen mich heutzutage auf dem Schulhof. Das ist ein schönes Gefühl, wenn man merkt, dass man akzeptiert wird.“ Das Wichtigste seien Selbstvertrauen und Stärke. „Viel geht allein durch Körpersprache“, erklärt Schelp. Der 63-Jährige versucht den Teilnehmern mehr Selbstbewusstsein zu vermitteln. „Ich möchte den Kindern die Unsicherheit nehmen.“ Doch nicht nur Kinder sollen sich stark machen, auch Erwachsene und Jugendliche müssen genau das häufig noch lernen. „Stark ist, wer dem Schwächeren hilft“, fügt der ehemalige Justizvollzugsbeamte hinzu und möchte so verdeutlichen, dass sein Programm „Fit gegen Gewalt“ keineswegs mit Gewaltverniedlichung zu tun hat.

Auch Senioren nehmen teil

Der Mendener unterrichtet nicht nur privat in Kindergärten und Schulen, sondern auch im TuS Lendringsen. Außerdem bietet er auch Kurse für Senioren an. „Zuletzt hatte ich eine Gruppe, da war die jüngste Teilnehmerin 70 Jahre alt.“ Schelp sagt, dass es wahnsinnig viel Spaß gemacht hat mit den Damen zu trainieren. Der 63-Jährige hat auch schon Workshops für Mitarbeiter von Pflegediensten gegeben und ist immer offen für neue Anfragen.

Einen Kurs für Männer gibt es aktuell nicht. „Ich würde gerne auch Männer oder Jugendliche unterrichten, aber aus zeitlichen Gründen ist das leider zur Zeit nicht möglich“, sagt der Mendener.

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