Menden. Wer weder eindeutig männlich noch eindeutig weiblich ist, kann sich als „divers“ im Geburtenregister eintragen lassen. Eine erste Bilanz.

Seit knapp einem Jahr ist das „dritte Geschlecht“ im Gesetz verankert. Intersexuelle Menschen – die also weder eindeutig männlich noch eindeutig weiblich sind – können seither die Geschlechtsangabe „divers“ im Geburtenregister wählen. Doch wie viele Mendener haben tatsächlich von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, sich als „divers“ registrieren zu lassen? Und wie spricht die Stadt in Briefen Menschen an, die divers sind? Wir haben nachgefragt.

Grundsätzlich gibt es zum Thema „divers“ keine klare Handlungsempfehlung von höherer Stelle, heißt es aus dem Rathaus. „Wir, als Stadtverwaltung, müssen in dieses Thema also selbst hineinwachsen“, erklärt Stadtsprecher Johannes Ehrlich.

Schon Jahre vor der Gesetzesänderung setzten sich Bürger für die die „dritte Option“ ein.
Schon Jahre vor der Gesetzesänderung setzten sich Bürger für die die „dritte Option“ ein. © picture alliance / dpa | Peter Steffen

Alle Abteilungen des Rathauses gehen „sehr offen“ damit um, versichert Johannes Ehrlich. Im Zweifel werde Kontakt mit der jeweiligen Person aufgenommen, um nachzufragen, wie sie angesprochen werden möchte. Bei Briefen, die individuell formuliert werden, könne auf neutrale Anreden wie „Guten Tag Vorname Nachname“ oder „Hallo aus dem Bürgerbüro“ ausgewichen werden, erläutert Stadtsprecher Johannes Ehrlich.

Geschlechtsneutrale Stellenausschreibungen

Doch nicht immer – etwa bei Bewerbungen – sei ersichtlich, ob jemand Mann, Frau oder divers sei. Die Stellenausschreibungen der Stadt erfolgen – wie mittlerweile die der meisten Unternehmen – grundsätzlich geschlechtsneutral („m/w/d“ für „männlich/weiblich/divers“).

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Schwierig sei es, wenn Briefe an Bürger automatisch generiert werden, sagt Johannes Ehrlich. Hier sei man auf die Entwickler der jeweiligen Software angewiesen. „Viele Entwickler von solchen Anwendungen sehen eine geschlechtsneutrale Anrede nicht vor.“

Lediglich eine Änderung vom Mann zur Frau

Bislang hat kein einziger Mendener im Rathaus den Eintrag zu seinem Geschlecht in „divers“ ändern lassen, stellt Johannes Ehrlich fest. Im ablaufenden Jahr habe es lediglich eine Änderung gegeben, in der ein Mann jetzt als Frau eingetragen sei.

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Auch bei der heimischen Arbeitsagentur gibt es bislang keinen einzigen Fall, in dem ein Kunde als „divers“ registriert wurde, erklärt Pressesprecherin Lena Brühl. Lediglich eine Änderung des Geschlechts – früher Mann, heute Frau oder umgekehrt – komme bisweilen vor. „Und wenn sich der/die Mitarbeiter/in im persönlichen oder telefonischen Kontakt (bei einer namentlicher Ansprache) unsicher ist, wird der/die Kunde/in nach der Wunschansprache befragt.“

Ärztliches Gutachten

Möchte jemand als „divers“ im Geburtenregister eingetragen werden, müsse in jedem Fall ein ärztliches Gutachten vorgelegt werden, betont Stadtsprecher Johannes Ehrlich. „Vielleicht ist für manche die Hemmschwelle zu groß.“ Es gab allerdings einige wenige Fälle, in denen Mendener zum Thema „divers“ Beratung bei Mendens Gleichstellungsbeauftragter Andrea Swoboda suchten.

Kaum Mendener Neugeborene

Die Wahrscheinlichkeit, dass Neugeborene von ihren Eltern als „divers“ beim Standesamt registriert werden, geht gegen Null. Denn seit Menden kein Krankenhaus mit Geburtsstation mehr hat, ist die Zahl der Babys, die Menden als Geburtsort haben, ohnehin verschwindend gering. Johannes Ehrlich: „In Menden gab es seit Schließung der Geburtsklinik nur ein paar Hausgeburten, die hier angemeldet wurden.“