Menden. Nach 8000 Unterschriften unter das Bürgerbegehren für den Erhalt des bedrohten Bürgersaals: SPD und CDU nehmen Abstand vom Abriss.

CDU und SPD lenken beim Bürgersaalgebäude ein: Das Bürgerbegehren mit rund 8000 Unterschriften gegen einen Abriss des Gebäudes und für eine künftige Nutzung als Bürgerhaus hat bei Christ- wie Sozialdemokraten für ein Umdenken gesorgt. Im Stadtrat hatten sie im Sommer noch gemeinsam die Bürgerhaus-Planung verworfen und die Stadtverwaltung beauftragt, die Abrissvariante zu prüfen. Ungeachtet des Bürgerbegehrens läuft diese Prüfung derzeit noch weiter.

Nicht Niederlage, sondern Chance

Doch 8000 Stimmen für den Erhalt dokumentieren laut dem SPD-Ortsvereinsvorsitzenden Mirko Kruschinski den „Wunsch der Bürgerinnen und Bürger, das Gebäude mit Seniorentreff an dieser Stelle zu erhalten. Punkt.“ Diese „rote Linie der Abrissgegner“ werde die SPD respektieren und akzeptieren. Man habe auch registriert, dass die eigene Idee einer „grünen Lunge“ in der Innenstadt auf wenig Gegenliebe stoße. Und: „Engagierte Bürger, die ihre Freizeit opfern, um die Stadt, in der wir leben, mitgestalten zu wollen, müssen gehört werden.“ In den Schmollwinkel wollen sich die Genossen also nicht zurückziehen – Kruschinski sieht im überwältigenden Bürgervotum weniger eine Niederlage für die eigenen Pläne denn eine Chance.

Es gelte jetzt das Bürgersaalgebäude gemeinsam zu entwickeln, wobei es „keine Denkverbote“ geben dürfe. Für Kruschinski ist mit einer Sanierung des Bürgersaalgebäudes der Erhalt der Rathaus-Kantine mit Blick auf die Bediensteten seinerseits gesetzt. Nun müsse man sich die Frage stellen, wie der große Rest des Gebäudes mit Leben zu füllen sei. „Hilfreich wäre es sicherlich, das Gebäude mit viel Glas zur Bahnhofstraße hin zu öffnen.“ Aus der Bürgerschaft seien schon Ideen wie eine „überdachte Markthalle“ bis hin zu einem Indoorspielplatz für Kinder à la KiKi-Island gekommen. Womöglich könne auch die SPD-Idee einer Begrünung des Bürgerhaus-Umfeldes noch in Teilen aufgegriffen und mit der Nutzung verknüpft werden.

CDU will Beschluss „überdenken“

Die SPD hatte bereits während der Unterschriftensammlung Kontakt zu Aktiven des Bürgerbegehrens gesucht. Man würde sich freuen, wenn es nun persönliche Treffen geben könnte, damit Bürger und Politik die Stadt gemeinsam gestalten könnten.

Auch die CDU will den Abriss des Bürgersaalgebäudes nun „überdenken“. Pressesprecher Matthias Eggers nannte „die außerordentlich hohe Anzahl an Unterschriften gegen einen Abriss beeindruckend“. Das sei „gelebte Demokratie und Einsatz für eine lebendige Stadt“.

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Die Mendener hätten mit ihrer Unterschrift deutlich gemacht, dass sie gegen die von der Mehrheit des Rates präferierten Option sind, das Gebäude abzureißen und für den Seniorentreff sowie die Rathaus-Kantine andere Orte im Rathausumfeld zu suchen. Eggers: „Wir sehen dieses große bürgerschaftliche Engagement als deutliches Signal, jetzt unsere politisch intensiv diskutierte Ratsentscheidung zu überdenken und andere Optionen in Erwägung zu ziehen, die die Zustimmung der Mendener finden können.“

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Derweil liegt dem städtischen Sozialausschuss die erste Beschlussvorlage zur Abrissvariante vor. Darin werden noch nicht alle Kosten aufgeführt. Die bisherigen Zahlen: Der Abriss des Bürgersaalgebäudes würde demnach 378.000 Euro kosten. Die Planung für die Neugestaltung des damit entstehenden Platzbereichs mit Überdachung und einem Pavillon lägen bei 120.000, der Abbau des Wasserspielplatzes zugunsten von Parkplätzen bei weiteren 20.000 Euro. Die Neugestaltung des Platzes selbst ist noch nicht genau errechnet, sie wäre aber grundsätzlich möglich, weil das Tiefgaragendach auch eine Grünfläche tragen könne.

Beide Lösungen kosten Millionen

Als Anhaltspunkt werden hierfür die Kostenschätzungen aus den aufgegeben Förderanträgen herangezogen. Sie liegen bei 2,2 Millionen Euro. Nicht ermittelt sind dazu die Kosten für den Abbau und die Verlagerung der Rathaus-Technik. Klar ist dagegen, dass das Gebäude heute noch mit 1,77 Millionen Euro in den Büchern steht. Geld, das bei einem Abriss komplett zu streichen wäre.

Zum Vergleich: Die Kosten von Sanierung und Umbau zu einem Bürgerhaus hat die Verwaltung mit 5,4 Millionen Euro beziffert.

>>>KOMMENTAR<<<

Auch wenn die CDU die Ratsentscheidung nur „überdenken“ will: Dass sie nach dem überwältigenden Erfolg der Unterschriftensammlung für das Bürgerbegehren noch an einer Abrissplanung festhält, ist mehr als unwahrscheinlich. Die SPD macht gleich Nägel mit Köpfen. Die „Abriss-GroKo“ ist damit passé, das Bürgersaal-Gebäude wird bleiben und eines Tages ein echtes neues Bürgerzentrum in der Stadtmitte werden – mit dem Seniorentreff, der nicht mehr umziehen muss.

Festzuhalten bleibt damit zweierlei: Die großen Parteien haben im Vorwahljahr Lernfähigkeit bewiesen, aber auch eine Entscheidung korrigiert, die sie zuvor am Bürgerwillen vorbei getroffen hatten.

Gratulieren darf man den Aktiven des Bürgerbegehrens. Mit dem Erhalt des Innenstadt-Gebäudes haben sie ein wichtiges Ziel erreicht, ohne dafür einen Bürgerentscheid durchstehen zu müssen.

THOMAS HAGEMANN