Menden. Das Kunstfest „Passagen“ wird seit Wochen kontrovers diskutiert. Wie gehen Intendant Fleige und der Fördervereinsvorsitzende damit um?

Seit Wochen wird es diskutiert, am Samstag startet es: das Kunstfest „Passagen“. Welche Hürden gab es? Wie gehen die Organisatoren mit Kritik um? Und kann auch jemand, der über einen Comedian wie Atze Schröder lacht, bei diesem Veranstaltungsreigen der Hochkultur auf seine Kosten kommen?

Die WP hat im Vorfeld mit Intendant Volker Fleige sowie Busso von Alvensleben, Vorsitzender des Fördervereins Kunstfest Passagen, gesprochen.

Premiere für das Kunstfest „Passagen“. Sind Sie nervös?

Volker Fleige: Natürlich ist man nervös und angespannt – wie vor jeder Premiere.

Busso von Alvensleben: Ich bin sicherlich weniger angespannt als Herr Fleige. Ich hoffe einfach auf ein paar Besucher, die vielleicht mit Skepsis herkommen und sehen, was wir hier Spannendes auf die Beine stellen.

Blättert man durch das Programmheft, klingt manche Ankündigung recht sperrig und schwer verständlich. Ist das Absicht?

Volker Fleige: Die Texte habe ich geschrieben. Dass einige Texte sperrig geschrieben sind, will ich nicht leugnen. Wenn beim beim nächsten Mal jemanden finden, der das gefälliger formuliert – dann gerne. Wichtig ist uns, mit dem Kunstfest inhaltlich ein Alleinstellungsmerkmal zu bieten, das andere in dieser Form nicht bieten.

Busso von Alvensleben: Man kann sich auf etwas einlassen, das ungewöhnlich ist. Und wenn am Ende jemand rausgeht und sich aufregt, dann ist das auch in Ordnung.

Wenden sich die Veranstaltungen vor allem an Menschen, die an Hochkultur interessiert sind?

Volker Fleige: Wenn ich mir zum Beispiel „Grimms Wörter Wahnsinn“ (12. September) angucke, dann werden auch Menschen auf ihre Kosten kommen, die nicht an Hochkultur gewöhnt sind. Und mit dem Picknick zum Start setzen wir ebenfalls ein Zeichen, dass das Kunstfest offen für alle ist.

Zum Picknick (31. August, 11 Uhr) bringt man sich einfach seine Stulle oder sein Müsli und eine Picknickdecke mit?

Volker Fleige: Ja, genau wie bei einem normalen Picknick auch. Und dann wird mein Freund Olaf Müller aus Köln als Droste verkleidet durch den Park laufen. Das wird also auch Travestie werden.

Den Schwerpunkt des Kunstfestes bildet Annette von Droste-Hülshoff – weil sie eine Zeitlang hier gelebt hat?

Busso von Alvensleben: Der Aufhänger ist zwar, dass sie hier im Hause gewesen ist. Aber wir zeigen sie mit einem Blick, den es bisher nicht gegeben hat.

Volker Fleige: Die wenigsten wissen, dass Droste-Hülshoff auch komponiert hat und eine schwarze Seele hatte – und auch die schwarze Romantik gelebt hat.

Änderung im Programm der „Passagen“

Das Kunstfest „Passagen“ dauert von Samstag, 31. August, bis Sonntag, 15. September. Weitere Infos: kunstfest-passagen.de

„Passagen“ will „ein Fest der Künste an der Schnittstelle zwischen Ruhrgebiet sowie Sauer- und Siegerland“ sein. In der „Keimzelle der heimischen Industrieentwicklung“ sollen „ab Ende August eines jeden Jahres Musiktheater, Schauspiel, Tanz, Installationen und Konzerte“ zu sehen sein. Die „Einzigartigkeit dieses Orts“ soll „jährlich mit Entwicklungen der Kulturszene verbunden“ werden, so beschreiben die Veranstalter das Ziel des Kunstfestes.

Programmänderung: Am Sonntag, 15. September, 18 Uhr, sollte eigentlich ein Briefwechsel zwischen Anton Tschechow und Olga Knipper vorgetragen werden. Statt dessen werden Matthias Eberle und Philine Bührer aus Briefen zwischen der Schriftstellerin Bettina von Arnim und einem 30 Jahre jüngeren Jurastudenten vortragen.

Auf der Homepage des Kunstfestes ist bereits zu lesen, dass es im nächsten Jahr eine Neuauflage geben wird. Das steht also schon fest?

Busso von Alvensleben: Das hängt sicher auch davon ab, ob die Premiere ein Erfolg wird.
Volker Fleige: Ein Drittel der Karten ist verkauft. Für eine Veranstaltung dieser Art ist das ein Erfolg. Es gibt aber noch genug Karten an der Abendkasse.

Wird der Schwerpunkt im nächsten Jahr wieder Annette Droste-Hülshoff sein?

Volker Fleige: Nein, das Thema im nächsten Jahr ist „Freiheit“. Die ersten Vorarbeiten dafür laufen schon.

Das Kunstfest wird durch die Stadt und durch Förderer finanziell unterstützt. Könnte sich solch ein Fest irgendwann allein finanzieren?

Gut Rödinghausen.
Gut Rödinghausen. © WP | Thomas Nitsche

Busso von Alvensleben: Nein, dann wären die Eintrittskarten unbezahlbar. Aber die Stadt und das Gemeinwesen sollten das Kunstfest als Chance betrachten. Menden wird durch das Kunstfest bekannter – und für das Industriemuseum ist es eine unglaubliche Chance.
Volker Fleige: Kultur muss sich eine Gesellschaft auch leisten können und wollen.

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Zum Kunstfest kommen sehr renommierte Schauspieler. Übernachten die in Menden?

Busso von Alvensleben: Ein paar wohnen bei uns, andere übernachten im Hotel.

Volker Fleige: Um die Organisation und das ganze Drumherum kümmern sich Corinna Häusler und Nils Bonk. Die beiden sind immer dabei und nicht mit Geld zu bezahlen.

Zu Gast auf dem Reiterhof am Gut Rödinghausen

Pächterin Sofia Cavallari.
Pächterin Sofia Cavallari. © Westfalenpost | Arne Poll
Reporterin Thekla Hanke beim Training.
Reporterin Thekla Hanke beim Training. © Westfalenpost | Arne Poll
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© Westfalenpost | Arne Poll
Redaktion auf dem Reiterhof an Gut Rödinghausen in Menden.
Redaktion auf dem Reiterhof an Gut Rödinghausen in Menden. © Westfalenpost | Arne Poll
Redaktion auf dem Reiterhof an Gut Rödinghausen in Menden.
Redaktion auf dem Reiterhof an Gut Rödinghausen in Menden. © Westfalenpost | Arne Poll
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© Westfalenpost | Arne Poll
Redaktion auf dem Reiterhof an Gut Rödinghausen in Menden. 
Redaktion auf dem Reiterhof an Gut Rödinghausen in Menden.  © Westfalenpost | Arne Poll
Aktion Heimat-Urlaub in Menden auf Gut Rödinghausen. Ein Pferd schaut vorbei.
Aktion Heimat-Urlaub in Menden auf Gut Rödinghausen. Ein Pferd schaut vorbei. © Westfalenpost | Arne Poll
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Im Vorfeld gab es – vor allem im Internet – harsche Kritik am Kunstfest. Haben Sie damit gerechnet?

Volker Fleige: Mich überrascht hier kaum noch etwas. Von denen, die kritisieren, gibt es keine inhaltliche Kritik. Wenn sich jemand mit mir über das Programm stritte, dazu wäre ich gerne bereit. Aber da wird auf einem Niveau gekämpft – da ist man einfach hilflos.

Busso von Alvensleben: Die Anonymität des Internets ermöglicht es manchen, ihre Aggressivität herauszulassen. Das ist ein Phänomen, mit dem müssen wir leben. Beim Thema Kultur wird sofort aufgerechnet gegen Kindergärten und Schulen. Aber das ist eine Milchmädchenrechnung, die so nicht funktioniert.

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Herr Fleige, Sie könnten ja auch Ihren Ruhestand genießen und sich in die Sonne legen.

Volker Fleige: Nein, das ist nichts für mich. Irgendwie bin ich ja auch bescheuert und es reizt mich (lacht). Ich bin gerne am Werkeln. Menden ist meine Stadt, und das alles macht mir unheimlich viel Freude.

Haben Sie Sorge, dass die Parkplätze rund ums Gut Rödinghausen nicht reichen?

Volker Fleige: Im Umfeld gibt es genug Parkplätze. Zudem hat uns die Firma Bettermann ihre Parkplätze zur Verfügung gestellt.

Das Gebäude auf Gut Rödinghausen ist – abgesehen von einer Zwischeneröffnung im Juni – für die Öffentlichkeit noch verschlossen. Wie wird das während des Kunstfestes sein?

Volker Fleige: Während der Veranstaltungen des Kunstfestes ist das Museum geöffnet. Die Besucher können auch über die Treppe direkt in den Park gehen. Und der Aufzug im Haus funktioniert ebenfalls, so dass es auch für Menschen mit einer Behinderung keine Barrieren gibt.