Menden. . Die Mendener Jecken haben WP-Redakteur Arne Poll zum „Gockel des Jahres“ ernannt. Er holt sich von seinem Vorgänger Frank Oberkampf Tipps.
Die Karnevalsgesellschaft Kornblumenblau ernennt jährlich einen Mendener zum Gockel des Jahres. Voraussetzung: Er muss im abgelaufenen Jahr besonders laut gekräht haben. Um das Amt kann man sich nicht bewerben. Die Auszeichnung abzulehnen, wäre geradezu eine Todsünde. In diesem Jahr hat WP-Redakteur Arne Poll (35) den Schlamassel am Bein. Im Interview mit seinem Vorgänger, dem Werbegemeinschaftsvorsitzenden Frank Oberkampf (43) holt er sich Tipps für den großen Auftritt bei der Närrischen Ratssitzung.
Ämter machen sexy. Hand aufs Herz: Wie reagiert die Damenwelt auf den Gockel des Jahres?
Frank Oberkampf: Man nutzt es natürlich nicht aus als verheirateter Mann. Aber man freut sich über die massive Bestätigung von allen Seiten aus der Frauenwelt. Das ist natürlich der Wahnsinn. Der Gockel schrappt knapp am Sexsymbol vorbei. Man hat in der Damenwelt eine große Aufmerksamkeit. So ein Gockel ist ja nicht leise. Man fällt auf.
Sie waren jetzt ein Jahr lang Gockel. Auf was muss ich mich jetzt gefasst machen?
Man hält seine Rede in der Närrischen Ratssitzung. Leider ist nach der Närrischen Ratssitzung am Rosenmontag gar nicht mehr viel passiert. Eigentlich müsste man mehr draus machen. Der Gockel müsste noch häufiger zum Einsatz kommen. Ich hab meinen Orden da hängen. Aber das war’s dann halt.
Es gibt einen Orden?
Ja, klar!
Tipp: Zuversicht versprühen
Es ist für mich die erste Karnevalsrede. Einen Tipp vom Profi bitte! Welche Themen müssen drin sein?
Viele Dinge aus dem vergangenen Jahr sind immer noch hochaktuell. In Menden ist ja leider nicht viel passiert. Es würde mich freuen, wenn der neue Gockel mal einen Check macht, was noch aktuell ist. Wahrscheinlich könnte er die Rede vom letzten Jahr sogar noch einmal halten. Das würde kaum auffallen. Letztlich muss eine Prise Kritik sein, aber auch eine große Prise Zuversicht und Hoffnung. Vertrauen ist auch wichtig. Man muss Zuversicht versprühen.
Bekommt man hinterher viele Reaktionen?
Ja, es fanden schon viele Leute das ganz amüsant. Es haben mich einige angesprochen. Der eine oder andere, der in der Rede genannt wurde, hat auch direkt reagiert, überwiegend positiv.
Ironie gehört dazu
Waren auch Menschen böse? Sind Freundschaften zerbrochen?
Nein, ganz so nicht. Aber es war tatsächlich nicht jeder begeistert. Aber das muss man riskieren. Ironie gehört ja dazu. Wir sind ja im Karneval. Man muss es auch mit einem Schuss Humor aufnehmen. Mir war wichtig, dass es nicht unter die Gürtellinie ging. Ich glaube, dass mir das gelungen ist. Im Karneval kann man im Prinzip alles sagen, aber nicht persönlich beleidigend werden.
Das ist gar nicht so leicht...
Für mich war es meine erste Närrische Ratssitzung. Jetzt bin ich natürlich jedes Jahr dabei. Es ist wirklich eine lustige Stunde. Man trifft viele Leute, die das ganze Jahr über mit ernsten Themen unterwegs sind. Leute, die jetzt aber mal locker dabei sind. Das klappt meistens. Das sind alles Menschen. Die können auch mal feiern. Egal, was die politischen Ansichten sind, im Karneval ist jeder gleich. Es geht ja auch darum zu zeigen, dass wir ein Menden sind. Und natürlich, dass wir eine Karnevalshochburg sind.
Karneval im Blut
Ich bin ja dem Karneval eher sporadisch mal verbunden. Das ist bei Ihnen anders?
Ich bin persönlich vorgeprägt. Meine Mutter kommt aus Troisdorf bei Bonn. Das liegt zwar auf der falschen Rheinseite. Aber ich habe von Kindesbeinen an Karneval im Blut gehabt. Meine Mutter geht da voll drin auf. Es war für mich total toll, dass man mich letztes Jahr gefragt hat. Ich mag den Karneval. Ich war am letzten Samstag mit meiner Frau im Gürzenich in Köln, mit den Bläck Fööss, mit dem Dreigestirn, mit Bernd Stelter. Das war total toll. Ich bin auch voll im Mendener Karneval unterwegs. Freitagabend: Herrensitzung. Samstagnachmittag: Kinderkarneval. Samstagabend: Kostümball. Sonntag: Zug gucken. Montag: Närrische Ratssitzung. Karneval ist was Schönes. Unsere Kinder fangen auch schon an. Selbst meine Frau als Hamburgerin haben wir wenigstens zu Dreiviertel infiziert.
Klingt nach Harmonie.
Es sind alle gleich. Das singen auch die Bläck Fööss in ihrem Lied „Der Stammbaum“, eines meiner Lieblingslieder. Egal welche Herkunft, egal welche Rasse, egal welche Religion. Und es sollten auch im täglichen Leben alle gleich sein. Der Karneval ist sehr tolerant. Wenn die Leute das Motto mehr im Alltag leben würden, dann hätten wir weniger Probleme.
Menden gibt viele Themen her
Ich hatte mir selbstverständlich vorgenommen, in der Rede die Grenzen der Toleranz auszureizen.
Es gehört natürlich dazu, die Leute überspitzt auf die Schippe zu nehmen. Aber bitte nicht niveaulos. Die Mendener machen es einem leicht, die passenden Themen für solch eine Rede zu finden. Menden gibt da viel her.
Haben Sie vorher die Rede mal vor einem Testpublikum geprobt?
Ja, das auch. Meine Mitarbeiter mussten es ertragen. Das war wirklich so. Man muss ja mal die Zeit stoppen, wie lange man redet. Man darf nicht zu schnell werden. Man muss langsamer werden, auch die Lacher zulassen. Ich hab’s aber nicht auswendig gelernt, auch wenn man irgendwann einige Passagen schon fast auswendig kann.
Gegenfrage: Was hat sich denn der neue Gockel vorgenommen?
Lauter Sauereien. Leider wird ja unser Kämmerer Uwe Siemonsmeier nicht da sein. Meine Rede und mein Kostüm bleiben bis Montag natürlich geheim.
Der amtierende Bürgermeister zeigt Humor
Wer ist das empfindlichste Opfer?
Ich weiß, wer das mit Humor nimmt: Das ist unser Bürgermeister. Der bekommt ja auch viel ab im Leben. Bei den Namen eines Empfindlichen halte ich mich zurück. Man will ja keinen bloßstellen.
Was zieht man am besten an?
Auch da gilt: Im Karneval ist fast alles erlaubt. Man sollte nur nicht den Prinz Harry geben und rechte Symbole oder so was verwenden. manchmal ist es auch lustig, etwas anzuziehen, das man selbst abgrundtief schrecklich findet. Das kann sogar Ede Krawalski sein. Das ist alles Karneval.
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