Menden. . Die ITG lässt an zwei Kreuzungen in Menden videogestützte Verkehrszählungen durchführen. IT-Experte Zimmer kritisiert fehlenden Hinweis auf DSGVO.

Immer wieder blieben Passanten verwundert stehen und fragten sich, wieso der Verkehr an zwei Stellen in Menden per Videokamera gemessen wurde. Am Donnerstag hat ein Bochumer Ingenieurbüro die Zahl der Fahrzeuge gemessen und dabei per angeklebtem Zettel auf die Videoaufnahme hingewiesen. Die eine Messstelle war am Nordwall (Ecke Kreuzung Gartenstraße), die andere Nähe Josefschule/Jüdischer Friedhof.

Daten müssen noch ausgewertet werden

„Wir machen das im Auftrag der Stadt“, erläuterte ein Mitarbeiter eines Ingenieurbüros, als er am Donnerstagabend die Messgeräte wieder deinstallierte. Die erhobenen Daten würden in den nächsten Tagen ausgewertet. Die Stadt indes, so erklärte Wolfgang Lück vom Bürgermeister-Büro am Freitagvormittag auf Nachfrage der Westfalenpost, wusste nichts von einer beauftragten Verkehrszählung und wollte Ursachenforschung betreiben.

Privater Auftraggeber

Eine Nachfrage der WP beim ausführenden Unternehmen brachte am Freitag Klarheit: Nicht die Stadt habe den Auftrag erteilt, sondern ein privater Auftraggeber. Die Nachfrage, ob es sich hier möglicherweise um den Nordwall-Investor ITG handele, bejahte Jens Möller, der bei der Ingenieurgesellschaft „Brilon Bondzio Weiser“ Verkehrserhebungen leitet – darunter auch die in Menden. Von der ITG gab es am Freitag keine Auskunft mehr zum Hintergrund der Verkehrszählung.

Videogestützte Verkehrszählung

Per angeklebtem Zettel informierte das Bochumer Ingenieurbüro Passanten und Autofahrer nach § 6 des Bundesdatenschutzgesetzes darüber, dass hier eine videogestützte Verkehrszählung durchgeführt werde. Genau das aber ist laut Karsten Zimmer, Mendener IT-Forensiker, nicht erlaubt. Er ist überzeugt, dass diese Messungen gar nicht hätten vorgenommen werden dürfen. „Sie widersprechen der Datenschutzgrundverordnung, die ja seit Mai dieses Jahres in Kraft ist“, erklärt der Computerexperte.

Häufig Rückfragen durch Passanten

Das mag Jens Möller so nicht stehen lassen: „Die Aufnahmen, die wir machen, sind in einer derart schwachen Auflösung, dass weder Gesichter noch Autokennzeichen zu erkennen sind.“ Das Unternehmen fertige seit vielen Jahren derartige Aufnahmen an, dabei käme es häufig zu Rückfragen durch Passanten. Lediglich der Zettel, der auf das Bundesdatenschutz verweise, enthalte noch den Hinweis auf den falschen Paragraphen, räumt er ein.

Absichtlich grob gepixelt

„Diese Aufnahmen dürfen nicht gemacht werden“, bekräftigt hingegen Karsten Zimmer. Denn zum einen könnten weder Fußgänger noch Autofahrer überprüfen, ob es tatsächlich stimme, dass die Aufnahmen absichtlich grob gepixelt sind. Und zum anderen sei der Hinweis auf die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) auf dem Schild an der Kamera zwingend: „Und dieser Hinweis fehlt. Das ist abmahnfähig“, so die Einschätzung des IT-Forensikers. Hinzu komme, so Karsten Zimmer, dass die Daten in privatwirtschaftlichem Auftrag ohnehin nicht hätten erhoben werden dürfen.


NORDWALL-Center: PARKEN AUF DEM LIDL-DACH
Zu vermuten ist, dass die durchgeführte Verkehrszählung, die der Nordwall-Investor ITG in Auftrag gegeben hat, mit den Parkmöglichkeiten zu tun hat, die dort geschaffen werden sollen. Mit dem Bau eines Discounters sollen auf dem Dach des Geschäftes Parkplätze entstehen.

Die aktuelle Planung fürs Nordwall-Center ist, dass es wohl zwei Bereiche (diesseits und jenseits der Gartenstraße) geben soll. Als Mietinteressenten gelten unter anderem Sinn, Electronic Partner und Lidl.