Menden. . Vogelfreunde sind alarmiert: Eine Veterinärin weist in Menden das seltene Bakterium „Suttonellea Ornithicola“ nach. Kaum Schutzmaßnahmen möglich.
In Oesbern ist eine für Meisen hochansteckende Seuche ausgebrochen. Das Chemische- und Veterinäruntersuchungsamt Westfalen bestätigt auf Nachfrage der WESTFALENPOST, dass ein nahezu unbekanntes Bakterium Ursache für das mysteriöse Meisensterben in Oesbern ist (WP berichtete). Es handelt sich um den kaum beschriebenen Erreger „Suttonella Ornithicola“. Menschen sind nach aktuellem Stand nicht in Gefahr.
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Veterinärin Dr. Sabine Merbach vom Arnsberger Amt zeigt sich völlig verblüfft: „Mir sagte der Erreger zunächst überhaupt nichts.“ Merbach hatte den Vogel aus dem Garten der Mendener Tierschützerin Barbara Kemper in der Pathologie untersucht. Beim Abgleich mit einer Datenbank zeigte sich zweifelsfrei, dass es sich um das Bakterium handelt. Problem: Es gibt kaum Literatur, geschweige denn Handlungsempfehlungen zu der Seuche.
Tierschützerin bleibt hartnäckig
Das Bakterium führt bei den Meisen zu einem schmerzhaften Tod. Die Tiere blähen zunächst auf und werden so träge, dass sie sich sogar mit der Hand fangen lassen. Theoretisch sei es denkbar, die befallenen Tiere mit einem Antibiotikum zu behandeln. „Wenn es aber so weit ist, dass sie sich mit der Hand fangen lassen, ist es dafür in der Regel zu spät“, sagt Veterinärin Merbach. Die bereits befallenen Tiere starben innerhalb weniger Stunden. Über einen Resistenztest untersucht Merbach dennoch, wie und ob das Bakterium auf Antibiotika anspricht.
Über die Herkunft der Erregers lässt sich wenig sagen. In Deutschland wurde nach ersten Erkenntnissen noch kein Fall beschrieben. Dokumentiert sind unter anderem Fälle in Großbritannien. Das für Vogel-Seuchen zuständige Friedrich-Löffler-Institut auf der Ostsee-Insel Riems sah sich vor dem Wochenende nicht mehr in der Lage, den Fall zu bewerten. Das Veterinäramt des Märkischen Kreises wird eingeschaltet. Mögliche Maßnahmen stehen noch nicht fest. Die Übertragung auf den Menschen ist zumindest laut frei zugänglichen Literatur nicht nachgewiesen.
Vergleich zum Usutu-Virus bei Amseln
Schutzmaßnahmen zur Eindämmung der Verbreitung hält Veterinärin Merbach ohnehin kaum für möglich. „Das sind ja Wildvögel.“ Sie rät auch Privatleuten dazu, verendete Tiere zu entsorgen, damit das Bakterium nicht auf lebende Tiere übergeht. Es ist offen, ob das Bakterium ganze Meisenpopulationen auslöschen wird. Ähnlich wie bei dem seit einigen Jahren grassierenden Usutu-Virus, sei die Möglichkeit da, dass die Seuche von alleine wieder zur Ruhe komme. „Meistens ist so etwas selbst limitierend“, sagt Merbach.
Mendener Tierschützerin bleibt hartnäckig
Tierschützerin Barbara Kemper, die hartnäckig den Tod der Tiere aufklären wollte, gilt nun unfreiwillig als Entdeckerin einer kleinen wissenschaftlichen Sensation. „Ich bin froh, dass wir nun Gewissheit haben.“ In ihrem Garten sei die Zahl der Todesfälle bei Meisen zurückgegangen. Dafür nimmt die Zahl der Meldungen aus anderen Stadtteilen zu.