Menden. . Hacker attackieren Unternehmen mit Fake-Bewerbungen. Firmen werden geschädigt – und Berufseinsteiger. Was tun?

  • Zeugniszeit, Bewerbungszeit: Das machen sich Hacker zunutze. Fake-Bewerbungen fluten Unternehmensrechner
  • Unternehmer Peter Maywald weiß, dass nicht nur Chefs, sondern auch Bewerber geschädigt werden
  • Gott sei Dank wissen Experten Rat – auch für Berufsanfänger

Firmen-Rechner werden verstärkt von Schad-Mails geflutet, die als Bewerbungen getarnt sind. Den Schaden haben Unternehmer. Ihre Festplatten werden verschlüsselt und erst gegen Lösegeld wieder freigeschaltet. Den Schaden haben aber auch Schulabgänger. Ihre Bewerbungen landen oft erst gar nicht in den Personalabteilungen, sondern werden unbesehen gelöscht. Was können Chefs und Schulabgänger tun?

Keine Antwort

Bitter beschwerte sich eine junge Bewerberin dieser Tage am Telefon bei Peter Maywald, Geschäftsführer von Gerotronik in Lendringsen: Nicht mal geantwortet habe man ihr auf das elektronische Anschreiben mit Bewerbung und Lebenslauf. Maywald sah nach und stellte fest: Die Bewerbung war unbesehen vom Firmen-PC gelöscht worden – „und zwar richtigerweise. Gerade Bewerbungsschreiben können gefährliche Viren und Trojaner enthalten“, erklärt der Unternehmer. Maywald kann sich vorstellen, dass es vielen Bewerbern auch bei anderen Firmen so ergehe wie der jungen Anruferin. Der Geschäftsführer, der auch CDU-Ratsmitglied ist, will daher auf das Problem aufmerksam machen.

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Spionage-Software kapert Firmennetzwerke

Wer seine Bewerbung nur mit Namen versehen abschickt, müsse ja nicht nur bei Gerotronik, sondern bei vielen Firmen damit rechnen, dass sie aus Gründen der Datensicherheit gar nicht erst geöffnet wird. „Gut ist deshalb immer ein begleitender Anruf oder ein kurzer Vorab-Besuch – und dann der entsprechende Bezug in der Betreffzeile, damit das Unternehmen weiß: Es ist alles korrekt“, rät Peter Maywald. Sonst räche sich, dass perfide Computer-Hacker zuletzt verstärkt ausgerechnet Bewerbungsmails zum Einschleusen von Spionage-Software in Firmennetzwerke nutzen – oder Unternehmensfestplatten verschlüsseln.

Mindestens 18 Fälle

Michael Dolny, IT-Experte SIHK Hagen
Michael Dolny, IT-Experte SIHK Hagen © SIHK

Dass es dabei nicht um Hirngespinste überängstlicher Firmenchefs geht, weiß kaum einer besser als der Mendener Internet-Experte Karsten Zimmer: Er kennt allein 18 Fälle aus dem heimischen Raum, in denen kleine und mittelständische Unternehmen durch Schadsoftware aus geöffneten Bewerbungsschreiben plötzlich alle Daten gesperrt bekamen. So etwas ist heutzutage eine existenzielle Bedrohung. Nahezu alle Termine, Liefer- und Kundendaten sowie Korrespondenzen werden über den PC abgewickelt, und mit diesen Daten werden Betriebe ihrer Geschäftsgrundlage beraubt. Unbekannt ist die Zahl der Unternehmer, die sich erpressen lassen und Geld bezahlen in der Hoffnung, wieder Zugang zu ihren Daten zu bekommen. Dr. Michael Dolny von der Südwestfälischen Industrie- und Handelskammer (SIHK) in Hagen weiß: „Da werden manchmal Millionen-Beträge gezahlt.“ Ob die Geschädigten ihre Daten zurückerhalten und wenn ja wie, ist ungewiss.

Gewissheit brachte Peter Maywald die Beschwerde der jungen Bewerberin. Hacker-Angriffe haben auch Folgen für unbeteiligte junge Schulabgänger: Ahnungslose Bewerber erhalten überhaupt keine Resonanz und somit ihre mit Lebenslauf und Foto gespickten Schreiben nicht zurück. „Das betrifft im Zweifel viele klein- und mittelständische Unternehmen“, weiß Maywald.

Experten wissen Rat

Größere Firmen schützen sich inzwischen, in dem sie auf ihren Internetseiten oft eigene Bewerbungsseiten zum Ausfüllen anbieten. Wie häufig bei den kleineren Firmen wegen der berechtigten Sorge um den Datenbestand Bewerbungen komplett gelöscht und damit mögliche Berufsanfänger und Karrieren nicht zu Stande kamen, lasse sich nur erahnen.

Gefahr aus dem Netz: Fake-Bewerbungen kaperten derzeit Unternehmensrechner.
Gefahr aus dem Netz: Fake-Bewerbungen kaperten derzeit Unternehmensrechner. © Silas Stein/dpa

Dennoch sind Personalabteilungen wie Berufseinsteiger der Gefahr aus dem Netz keineswegs schutzlos ausgeliefert. Der Mendener Computer-Experte Zimmer und sein Hagener Kollege Dr. Dolny haben handfeste Tipps, wie sich Nutzer von Heimcomputern und mobilen Empfangsgeräten einerseits gegen Bedrohungen aus dem Netz schützen und andererseits ihrem Mail-Verkehr zum Erfolg verhelfen können.

Wichtigster Rat für Computer-Nutzer: Backup-Dateien vorhalten, hochwertige Virenschutz-Programme verwenden sowie Betriebssysteme und Software aktuell halten. Wichtigster Rat für Bewerber: PDF sind sicherer als Word-Dateien.