Lendringsen. . Aus nach 163 Jahren: Papier-Hersteller Tönnesmann hat drei Jahre lang gegen die Insolvenz gekämpft. Den Grund für das Aus sieht die Firma bei der EU.

  • Im Hönnetal steht die Herstellung von Papier nach 163 Jahren vor dem Aus
  • Das insolvente Traditionsunternehmen Tönnesmann & Vogel schließt zum Monatsende
  • Einen Grund dafür sehen die Verantwortlichen bei der EU. Eine neue Vorgabe habe die Firma benachteiligt

Im Hönnetal steht die Papier-Herstellung nach 163 Jahren vor dem Aus. Das Lendringser Unternehmen J. Tönnesmann & Vogel schließt den Betrieb zum 31. August. Das gaben Unternehmenschef Johann-Caspar Tönnesmann und Dr. Martin Plappert im Namen von Insolvenzverwalter Martin Buchheister am Mittwoch bekannt. Zugleich erhoben sie Vorwürfe gegen ihrer Meinung nach ungerechte EU-Vorgaben.

Energiekosten stiegen massiv

Die Papierfabrik hatte am 26. März 2013 Insolvenz angemeldet. Das Familienunternehmen, das Johann-Caspar Tönnesmann in vierter Generation führt, hatte gegenüber Branchendienst „EUWID Papier und Zellstoff“ gegenüber insbesondere auf Probleme durch „stark erhöhte Energiekosten“ verwiesen. Laut Bundeswirtschaftsministerium waren die Kosten für Öl, Gas und Strom zwischen 2008 und 2012 massiv gestiegen.

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Insolvenzverwalter Buchheister hatte vor drei Jahren gute Chancen gesehen, für das Unternehmen einen Investor zu finden. Gegenüber „EUWID Papier und Zellstoff“ hatte er von einem „guten Auftragsbestand“ gesprochen. Daran habe sich nichts geändert, wie Dr. Plappert und Tönnesmann übereinstimmend erklärten. „Wir haben Aufträge für 36 Arbeitstage“, stellte Tönnesmann fest, „wir werden das meiste davon abarbeiten. Mit einem kleinen Teil der Mitarbeiter arbeiten wir auch noch im September.“ Dr. Plappert fügte hinzu: „Das Unternehmen hat für die Jahre 2013, 2014 und 2015 Gewinne erwirtschaftet.“

Neue EU-Vorgabe, neue Probleme

Dennoch traten in diesem Jahr neue finanzielle Probleme für das energieintensive Unternehmen auf. Der Papierhersteller ist von eine Erlaubnis des Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) angewiesen, die Abgaben nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) begrenzen zu dürfen. In den vergangenen drei Jahren wurde der Bescheid erteilt, wie Dr. Plappert und Tönnesmann sagten.

In diesem Jahr jedoch verweigerte das BAFA die Erlaubnis. Die Behörde berief sich auf eine geänderte Vorgabe der EU. Demnach wurde die EEG-Begrenzung für das insolvente Unternehmen als unzulässige Beihilfe bewertet. „So können wir nicht mehr wirtschaftlich arbeiten“, erklärte Tönnesmann.

Wirtschaftlich gesunde Unternehmen indes dürfen die EEG-Abgaben weiter deckeln. Tönnesmann: „Für meine Mitarbeiter und mich ist das eine himmelschreiende Ungerechtigkeit.“

Ein Problem für ehrenamtliche Altpapier-Sammler

Dennoch hatten weder Betriebsrat noch die insgesamt 50 Mitarbeiter damit gerechnet, dass das Unternehmen aufgeben muss. „Für sie war das ein Schock“, sagte Tönnesmann. Die Belegschaft ist inzwischen über das Aus informiert. Am nächsten Dienstag findet eine Gläubigerversammlung statt.

Noch sehen Tönnesmann und Dr. Plappert einen „winzigen Strohhalm“. Ein Investor könnte kurzfristig aufspringen und das Unternehmen vom 1. September unter neuem Namen weiterführen.

Sollte der Plan scheitern, müssten sich ehrenamtliche Altpapier-Sammler einen neuen Abnehmer suchen – jenseits von Menden.