Kreis Olpe/Siegen. Lokführer werden gesucht. Auch im Kreis Olpe. Benjamin Hauschild erzählt, was den mittlerweile eher seltenen Beruf tatsächlich ausmacht.
Benjamin Hauschild (46) ist einer von ihnen. Einer, der Tag für Tag Tausende von Tonnen durch die Republik transportiert. Hauschild zieht mit seiner 6000 PS starken Lok über 20 Güterwaggons, befüllt mit Stahl fürs Ruhrgebiet. Von Kreuztal nach Oberhausen, nach Wanne-Eickel oder Hagen-Vorhalle. Manchmal auch nach Mannheim oder Osnabrück. Aber diejenigen, die wie Hauschild den Beruf ergreifen, der in früheren Jahrzehnten ganz oben auf der Wunschliste vieler kleiner Jungen stand, sind weniger geworden. „Das Durchschnittsalter liegt bei uns über 50 Jahren. Vor allem die unregelmäßigen Arbeitszeiten mit Einsätzen auch an Wochenenden und Feiertagen schrecken die jungen Leute vielleicht ab“, bedauert Hauschild.
GDL-Ortsgruppenvorsitzender
Er selbst, sagt er, sei Lokführer aus Berufung. Und er genießt ganz offenbar das Vertrauen seiner Kollegen. Seit zwei Jahren ist er Vorsitzender der Ortsgruppe Altenhundem-Finnentrop der Gewerkschaft der Lokführer (GDL), die mit ihrem Chef Klaus Weselsky an der Spitze für ihre Beschäftigten immer wieder überdurchschnittlich gute Tarifverträge aushandelt und während der heißen Streikphasen so manchen Bahnkunden auf die Geduldsprobe stellt.
Hauschild macht daraus auch gar kein Geheimnis: „Durch diese Tarifabschlüsse haben wir eine gute Bezahlung. Auch die Arbeitsbedingungen sind okay.“ Das sei nicht immer so gewesen. 2007, als die GDL für die Lokführer zum ersten Mal einen eigenen Tarifvertrag erkämpft habe, „herrschte großer Unmut in der Belegschaft über die Arbeitsbedingungen.“ Seither habe die GDL aber eine Erfolgsgeschichte geschrieben.
Fitness Voraussetzung
Was einen guten Lokführer auszeichnet, wollen wir wissen? Hauschild: „Ein Lokführer muss gesundheitlich fit sein, über ein gutes Seh- und Hörvermögen verfügen, ein hohes Maß an Konzentration aufweisen, um die Informationen über die zu befahrende Strecke aufnehmen und darauf richtig reagieren zu können. Sicherheit hat oberste Priorität.“
Der 45-jährige hat aber auch eine politische Meinung zur Gesamtsituation: „Für mich ist der Beruf des Lokführers immer noch ein verantwortungsvoller, abwechslungsreicher und interessanter Beruf. Ich würde mir nur wünschen, dass dem Verkehrsmittel Eisenbahn auch unter ökologischen Gesichtspunkten mehr Wertschätzung entgegengebracht würde.“ Die Deutsche Bahn müsse an ihrem Image arbeiten, gerade auch, um junge Menschen für den Lokführerberuf interessieren zu können.
Die GDL schiebt der Bahn den „schwarzen Peter“ für Nachwuchsmangel zu. Auf Anfrage erklärt die GDL-Pressestelle aus Frankfurt: „Die Hauptursache für den Lokführermangel ist die jahrelange fehlerhafte Personalplanung. Nicht zuletzt vor dem Hintergrund des damaligen Börsengangs wurde zu lange Zugpersonal abgebaut, zu wenig ausgebildet und die Arbeitsbedingungen verschlechtert.“ Als der DB-Vorstand sich dann besonnen habe, die Personalplanung am tatsächlichen Bedarf auszurichten, habe er einen leer gefegten Stellenmarkt vorgefunden.
DB: Einstellung auf Rekordhöhe
Die Pressestelle der Deutschen Bahn versichert auf Anfrage, das Thema Personal offensiv anzugehen. In diesem Jahr stelle man in NRW „Personal auf Rekordhöhe“ ein: „Dazu zählen rund 220 Lokführer und 200 Fahrdienstleiter.“ Bundesweit sollten in diesem Jahr rund 22.000 Mitarbeiter eingestellt werden. Personalvorstand Seiler: „Einstellungen in diesem Umfang sind enorm, noch dazu auf dem aktuell sehr umkämpften Arbeitsmarkt. Aber wir haben – auch durch die jüngsten Tarifabschlüsse – attraktive Beschäftigungsbedingungen.“
2018 habe die Bahn ihre Personalziele erreicht: In NRW seien rund 170 neue Lokführer eingestellt worden, bundesweit über 24.000 neue Mitarbeiter insgesamt. Zur Gewinnung von Mitarbeitern setze man sogar auf Castings an Bahnhöfen und Zügen oder mache die Berufe mit sogenannten VR-Brillen hautnah erlebbar.