Attendorn/Olpe. . Das Südsauerland-Museum in Attendorn zeigt Bilder aus der Sammlung Gerhard Schneider zum Thema „Erster Weltkrieg“. Die Motive zeigen die Unbarmherzigkeit und das unendliche Leid dieser Katastrophe.

„Das Sterben im Ersten Weltkrieg war wohl noch grauenhafter als im Zweiten. Weil länger gelitten wurde, weil die Materialschlachten so unsagbar fürchterlich waren.“ Wenn der Olper Kunstsammler Dr. Gerhard Schneider von der expressiven Kunst spricht, die zwischen 1914 und 1918 in Deutschland entstand, aber auch noch später darauf Bezug nahm, dann eröffnet sich ein historisches Panorama, das nicht zuletzt durch die Schrecken des Zweiten Weltkriegs in der Erinnerung unverhältnismäßig verblasst ist. Nun, im 100. Gedenkjahr jener Schlachten, an denen Menschen aus 72 Nationen teilnahmen und in deren Verlauf mehr als 20 Millionen Tote zu beklagen waren, gerät das blutige Vorgestern noch einmal in den Fokus der Gegenwart.

Dem Südsauerland-Museum in Attendorn ist es gelungen, Teile der Sammlung Schneider für die Ausstellung „Der Erste Weltkrieg im Spiegel der Kunst“ nach Südwestfalen zu holen. Zwischen den Präsentationen in Reutlingen und später noch in Aschaffenburg hat Gerhard Schneider für das Sauerland 112 Ölbilder, Aquarelle, Zeichnungen und Drucke zum Thema aus seiner Sammlung ausgewählt, die übrigens mit weit über 1000 Arbeiten die weltgrößte ihrer Art ist.

Museumsdirektorin Monika ­Löcken hat die Schau zudem mit einigen regionalen Exponaten ergänzt, wie beispielsweise einer alten Schulfahne, einer Bronzetafel mit den Namen gefallener Schüler aus Attendorn, Briefen, Fotografien und anderen Zeugnissen.

Keinerlei Hurra-Patriotismus

Im Mittelpunkt aber steht die Kunst, steht der künstlerische Reflex auf den Krieg. Mag unter den kreativen auch noch anfänglich ein gewisser Hurra-Patriotismus in einigen wenigen Motiven durchschimmern, so wandelt sich die Haltung schnell in schier fassungsloses Entsetzen, in Schmerz und Trauer, Ohnmacht und unmittel­bare Todeserfahrung.

Es ist das Verdienst Gerhard Schneiders, dass er über Jahrzehnte hinweg nicht nur die großen Namen von Kollwitz, Kirchner, Pechstein, Slevogt, Dix, Grosz, Klee und anderen gesammelt hat, sondern auch den eher unbekannten und weitgehend vergessenen Malern zu später Erinnerung und künstlerischer Anerkennung verholfen hat - und angesichts der Attendorner Ausstellung neuerlich verhilft.

Die Bilder spiegeln dramatische Schicksale inmitten des epochalen Untergangs. Gemalte Kriegstagebücher, Ölbilder direkt in Schützengräben gefertigt, Friedensaufrufe, monströse Klagen im Schatten der Todeskämpfe und anderes mehr fügt sich zu einem dramatischen Aufschrei gegen den Krieg.

Einladung des Bundespräsidenten

„Zu Beginn wollten in Europa alle den Krieg, nicht nur die Deutschen“, sagt Dr. Schneider, und er betont auch, dass deutsche Künstler mehr als andere sich schon früh mit ihren Arbeiten gegen den Krieg positionierten: „Wir können hier in Attendorn sehr wohl von einer Antikriegsausstellung sprechen; kein einziger Expressionist damals war ein Reaktionär, auch das belegt diese Schau eindrucksvoll.“

Längst hat Gerhard Schneider mit seiner Sammlung nicht nur bundesweit, sondern auch international hohe Anerkennung in Fachkreisen gefunden. Zur Ausstellung in Reutlingen kamen mehr als 3000 Besucher, und gerade hat der Olper Kunstkenner eine Einladung von Bundespräsident Gauck zu einem internationalen Symposium am 27. Juni ins Schloss Belvedere nach Berlin bekommen. Die Veranstaltung, höchstkarätig von Kunstexperten und Historikern besetzt, steht unter dem Motto „Der Tag der Erinnerung und des Ausblicks“. Dr. Gerhard Schneider hat zu beiden Aspekten bereits einen wesentlichen Beitrag geleistet.