Olpe. Gericht sicher: Frau wurde „Kanakentochter“ genannt. Olper wegen rassistischer Beleidigung verurteilt. Berufung gegen Urteil angekündigt.
Wegen des Vorwurfs der Beleidigung hatte sich am Freitag ein Olper im örtlichen Amtsgericht zu verantworten. Fast alle Besucherstühle waren von Mitgliedern der Initiative „Olpe gegen rechts“ besetzt, die die Hauptbelastungszeugin begleiteten. Wie aus der Anklage hervorging, war der Mann am 11. März vergangenen Jahres in einer Gruppe von Freunden auf einer „Kneipentour“ durch die Kreisstadt. Im Goldenen Löwen, so die Anklage und die Hauptbelastungszeugin übereinstimmend, sei es dann zu dem Vorfall gekommen, dass eine Gruppe um die Zeugin die Gastwirtschaft betrat und der Angeklagte sie mit der rassistischen Bemerkung empfangen habe: „Da kommen ja der Kanakensohn und die Kanakentochter“, eindeutig sie und einen dunkelhäutigen Mann aus der Gruppe meinend.
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Die Zeugin, nach eigenem Bekunden Halb-Inderin und mit dunklem Teint, erklärte, sie leide seit ihrer Kindheit unter Rassismus und sei sofort auf den Mann zugegangen, um ihn zur Rede zu stellen, doch er habe sie nur ausgelacht. Zwei ihrer Begleiter, als Zeugen geladen, konnten das Geschehen zum Teil bestätigen: Eine junge Frau bestätigte, aus der anderen Gruppe seien die Worte „Kanakentochter“ oder „-töchter“ sowie „Kanakensohn“ oder „-söhne“ gefallen, doch den Urheber habe sie nicht feststellen können. Sie habe auch nicht mitbekommen, dass ihre Freundin versucht habe, jemanden zur Rede zu stellen. Ein junger Mann hatte „irgendwas mit ,Kanake‘“ gehört, sich aber nicht angesprochen gefühlt.
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Der Angeklagte selbst schilderte den Sachverhalt deutlich anders. Am Tisch sei über die Veränderung der Kneipen-Kultur in der Kreisstadt gesprochen worden und auch die Tatsache, dass just an diesem Abend ein großer Anteil von „Ausländern“, so der Mann, in der Gastwirtschaft sei. Das sei aber absolut nicht rassistisch gewesen, sondern lediglich als Sachverhalt dargestellt worden. Daraufhin sei dann die Hauptbelastungszeugin auf ihn zugekommen mit der Frage „Hast du was gegen Kanaken?“, worauf er geantwortet habe: „Nein, ich habe nichts gegen Kanaken.“ Die drei vom Angeklagten benannten Zeugen trugen nicht zur Klärung des Sachverhalts bei: Sie gaben allesamt an, sich an nichts erinnern zu können. Alle erklärten, recht viel Alkohol getrunken zu haben, einer meinte: „Vielleicht war ich da gerade zur Toilette.“
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Die Spur zum Angeklagten war über Umwege gefunden worden: Mitglieder der Gruppe um die Hauptzeugin hatten in der anderen Gruppe Mitglieder des Olper Schützenvereins erkannt. Daraufhin hatte die Zeugin sich an den Vorstand des Vereins gewandt, der alles dafür getan habe, den Vorwurf zu klären und den möglichen Verursacher der Beleidigung zu identifizieren. Eine Woche nach dem Zwischenfall hatte sie dann den Angeklagten bei der Polizei angezeigt.
Ohne Verteidiger erschienen
Für die Vertreterin der Staatsanwaltschaft stand fest, dass die Hauptbelastungszeugin mit ihrer Schilderung absolut glaubhaft war. Sie habe keinerlei Belastungstendenzen gezeigt. Zudem hätten zwei andere Zeugen bestätigt, dass vom Tisch des Angeklagten eine Beschimpfung mit dem Wort „Kanake“ erfolgt sei. Sie beantragte eine Geldstrafe für den Angeklagten in Höhe von 30 Tagessätzen zu je 60 Euro. Der Angeklagte, der ohne einen Verteidiger erschienen war, blieb bei seiner Behauptung: „Ich habe das Wort ,Kanakentochter‘ nicht zu der Zeugin gesagt und auch nicht zu irgendwem anderen, der hinter oder neben ihr stand. Das liegt mir völlig fremd. Ich bin mir keiner Schuld bewusst.“
Doch Richterin Soylu folgte in ihrem Urteil vollumfänglich dem Antrag der Staatsanwaltschaft. „Dass Sie darüber reden, dass ein hoher Ausländeranteil in der Kneipe herrscht, das ist Meinungsfreiheit. Aber das Wort ,Kanake‘ geht nicht, das ist ein Schimpfwort und niemand hat verdient, so genannt zu werden.“ Der Angeklagte kündigte an, Berufung gegen das Urteil einlegen zu wollen. Auf dem Gerichtsflur schlossen mehrere Mitglieder einer rund dutzendköpfigen Gruppe der Initiative „Olpe gegen rechts“ die aufgewühlte und mehrfach den Tränen nahe Hauptbelastungszeugin in die Arme.