Kreis Olpe/Münster. LWL-Medienzentrum beleuchtet NS-Alltag in Westfalen. Serie mit Beiträgen auch aus dem Kreis Olpe ist ab dem 18. April im Internet abrufbar.

Unmittelbare und bewegende Einblicke in die Alltagsgeschichte der NS-Zeit in Westfalen-Lippe eröffnet eine neue Filmdokumentation, die das Medienzentrum des Landschaftsverbands Westfalen-Lippe (LWL) für Westfalen unter dem Titel „Unterm Hakenkreuz. Westfalen 1933-1945 im Amateurfilm“ produziert hat. Dafür haben die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des LWL-Medienzentrums zwei Jahre lang intensiv in ihrem Filmarchiv recherchiert. Mehr als 200 private Filmdokumente, die Filmamateure aus ganz Westfalen-Lippe während der NS-Zeit gedreht hatten, wurden gesichtet. Darunter sind auch Filme aus dem Kreis Olpe, etwa von Werner Müller, der an einer Kreuzfahrt des NS-Erholungswerks „Kraft durch Freude“ (KdF) nach Norwegen teilgenommen hat, sowie von Ewald Dreseler, der das „KdF-Fest“ filmte, das die NSDAP 1939 am Olper Bahnhof ausrichtete.

Die WESTFALENPOST im Kreis Olpe ist auch bei WhatsApp. Jetzt hier abonnieren.

Folgen Sie uns auch auf Facebook.

Bestellen Sie hier unseren Newsletter aus dem Kreis Olpe.

Alle News aufs Handy? Jetzt die neue WP-App testen.

Die WP im Kreis Olpe ist jetzt auch bei Instagram.

„Amateurfilme sind eine bislang wenig beachtete Quelle zur regionalen Geschichte des ‚Dritten Reiches‘. Sie zeigen nicht nur, wie das öffentliche Geschehen im Sinne der NS-Ideologie umgestaltet wurde, sondern auch, wie sich der Nationalsozialismus seinen Weg bis in die privaten Räume der Familie bahnte“, so Prof. Dr. Markus Köster, aus Attendorn stammender Historiker und Leiter des LWL-Medienzentrums für Westfalen, der die Idee für das Projekt hatte. „Zwar liefern auch Amateurfilme oft genug einen inszenierten Einblick in das Alltagsleben der Menschen. Trotzdem eröffnen sie neue Perspektiven auf bekannte Fragestellungen und zeigen zum Beispiel, wie scheinbar normal das Leben im ,Dritten Reich‘ weiterging.“

Bei der Recherche zeigten sich natürlich auch Leerstellen.
Sebastian Kuhlmann - Wissenschaftlicher Volontär

Rund 60 Filme sind in die rund 70-minütige Filmdokumentation „Unterm Hakenkreuz“ eingeflossen. „Bei der Recherche zeigten sich natürlich auch Leerstellen“, so Sebastian Kuhlmann, der als Wissenschaftlicher Volontär die Dokumentation inhaltlich umgesetzt hat. „Denn die private Filmkamera durfte nicht überall dabei sein und so wurden insbesondere die unzähligen Verbrechen des Regimes von Amateurfilmern fast nie festgehalten.“

Auch interessant

Doch zu vielen anderen Fragestellungen können Amateurfilme Auskunft geben: Wie drang die NS-Diktatur so schnell buchstäblich bis ins letzte westfälische Dorf vor und warum konnten die Nationalsozialisten so ungefährdet zwölf Jahre regieren? Wie veränderten sich der Alltag und die Feiertage in der westfälischen Provinz? Wie wuchsen Kinder und Jugendliche in der Hitler-Diktatur auf? Und welche Auswirkungen hatte der Zweite Weltkrieg auf das Leben der Menschen auch im Sauerland?

Zehn thematische Kapitel

Die Filmdokumentation des LWL-Medienzentrums nähert sich diesen Fragen in zehn thematischen Kapiteln: Am Anfang steht das „private Glück“, welches sich in Familien-, Freizeit- und Urlaubs-Aufnahmen präsentiert. Auch in solchen, oft fast intimen Bildern zeigt sich der schleichende Einbruch des Nationalsozialismus in den Alltag der Menschen. Weitere Filmkapitel widmen sich öffentlichen Festen und Feiern. Anschaulich wird deutlich, wie die Nationalsozialisten traditionelle Schützenfeste und Ehrentage für sich vereinnahmten und neue Jubelfeste etablierten. Auch die Selbstinszenierungen der Partei und ihrer Untergliederungen, wie Hitlerjugend und Reichsarbeitsdienst, sowie Aufmärsche des militarisierten Staates wurden von Filmamateuren in den Fokus genommen. Den bedrückenden Abschluss der Filmdokumentation bilden Aufnahmen vom Krieg im besetzten Europa und in der kriegszerstörten Heimat. Alle Szenen wurden vom LWL-Medienzentrum mit einem Off-Kommentar unterlegt sowie zurückhaltend musikalisch vertont.

Mehr zum Thema

Ab dem 18. April veröffentlicht das LWL-Medienzentrum für Westfalen die Dokumentation auf seinem YouTube-Kanal „Westfalen im Film“ als elfteilige Serie im Wochenrhythmus. Auf Wunsch werden vor Ort Aufführungen des kompletten Films organisiert.