Attendorn. Jedes Jahr zu Ostern kehren zahlreiche Attendorner in ihre Heimat zurück. Vier Männer und Frauen erzählen von dieser ganz besonderen Heimatliebe.

„Kattfillers Heimweh auf Ostern“, dieses Gedicht verfasste im Jahre 1981 Urgestein Toni Teipel. Dass viele gebürtige Attendorner besonders gern in der Osterzeit in ihre Heimatstadt kommen, das berichten uns vier Hansestädter.

Christian Klein kommt regelmäßig aus Engelskirchen zu den Aktivitäten bei der Kölner Poorte. Zum ersten Mal ging er bereits 1977 oder 1978 mit seinem Vater Gerhard Klein auf den Kopp. In der Grundschul- und Messdienerzeit wurde das Osterbrauchtum dann schon etwas bewusster wahrgenommen. Die ersten wichtigen Aufgaben wurden von Christian Klein übernommen. Besonders in Erinnerung geblieben ist ihm Pastor Johannes Klinkhammer, der den Messdienern mal zeigte, wie die Kohlen im Weihrauchschwenker mal so richtig zum Glühen gebracht werden. Christian Klein: „Locker aus dem Handgelenk wurde das antike Gerät fünf Minuten neben dem Körper wie ein Propeller rasant im Kreis geschwungen, bis die Sakristei in undurchdringlichen Weihrauchnebel gehüllt war. Als Jugendlicher ging es dann so richtig los mit dem Holzstellen, etwas später standen wir dann auch Ostersonntags beim Aufstellen mit unter dem Poskekrüz. Die starke Bindung zu Attendorn flachte zunächst ab, als ich im Spätsommer 1997 zu meiner damaligen Freundin und heutigen Ehefrau nach Engelskirchen zog. Dennoch wurde ich jedes Jahr zu Ostern von einer unsichtbaren Hand nach Attendorn gezogen.“ Christian Klein berichtete weiter, dass er, sehr zur Freude seines Vaters – nach einer Unterbrechung – das komplette Ostervorprogramm wieder absolvierte. Und die schönste Phase der Osterzeit beginnt für ihn am Karsamstag und endet am Ostersonntagabend.

Unser Bild zeigt Dr. Barbara Rocksloh-Papendieck und Dr. Henner Papendieck mit ihren Kümmelsemmeln nach dem Semmelsegnen auf dem Kirchplatz in Attendorn.  
Unser Bild zeigt Dr. Barbara Rocksloh-Papendieck und Dr. Henner Papendieck mit ihren Kümmelsemmeln nach dem Semmelsegnen auf dem Kirchplatz in Attendorn.   © Meinolf Lüttecke | Meinolf Lüttecke

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Dr. Barbara Rocksloh-Papendieck (Berlin) hat als Entwicklungsexpertin in Afrika gearbeitet. Unserer Zeitung gab sie folgendes Statement: „Attendorn kommt mir zu bestimmten Anlässen sofort in den Sinn. Unsere Ostersemmel wurden beim Bäcker König am Kehlberg bestellt. Die Backstube lag im Erdgeschoss des Nachbarhauses. Uns Kindern war sie warm und vertraut. Dorthin brachte meine Mutter den Blechkuchen zum Backen. Und dort wurde auch die Osterfackel meines Bruders Ulrich, vom Zimmermann gegenüber gefertigt, getrocknet. Mindestens drei bis vier Ostersemmel, alle mit Kümmel, bestellte meine Mutter jedes Jahr. Nach dem Segnen am Karsamstag brach unsere Mutter eines der Hörner ab und legte dieses in die selten benutzte Saucière in den Küchenschrank, links oben. Dort blieb es das Jahr über liegen, ohne zu schimmeln. ‚Weil es gesegnet war‘, so unsere Mutter. Als ich Attendorn Anfang der 1960er-Jahre verließ, zog es mich in die Ferne. Die Suche nach dem heimatlichen Anker begann erst in Afrika, in den 1980er-Jahren in Ghana und später in Mali. Das kam natürlich auch durch meinen Bruder Ulrich, Pater Johannes, Missionar in Tansania, der selbst in Dar Es Salaam die Westfalenpost zugestellt bekam. Regelmäßige Besuche, vor allem zu Ostern, finden seitdem in Attendorn statt und selbst mein Mann, Henner Papendieck, fühlt sich dort inzwischen wie zu Hause.“

Unser Bild zeigt unter anderem Pfarrer Ulrich Stipp (links) vor der Prozession der Niedersten Poorte. 
Unser Bild zeigt unter anderem Pfarrer Ulrich Stipp (links) vor der Prozession der Niedersten Poorte.  © Meinolf Lüttecke | Meinolf Lüttecke

Pfarrer Ulrich Stipp (Oberkirchen) übermittelte uns diese Gedanken: „Ostern in Attendorn – das ist schon ein ganz besonderes Gefühl, das ich nicht missen möchte! Vielleicht kann man es Heimweh nennen, auf jeden Fall aber hat es mit den Erinnerungen an die Kindheit und Jugend zu tun, dass ich auch heute, nachdem ich ungefähr 40 Jahre nicht mehr in Attendorn lebe, zusehe, den Osterabend doch möglichst in meiner Heimat zu verbringen. Nach einem Besuch bei meiner Schwester und ihrer Familie in Ennest, geht es am Osterabend in die Stadt. Ein Blick auf die Osterkreuze, die startklar auf den Köppen stehen – und dann zum Dom. Der besondere Moment kommt, wenn das Kreuz auf dem Turm aufleuchtet, das Vollgeläut angeworfen wird und die Osterfeuer aufflackern. Dann ist dieses ganz besondere Gefühl von Ostern in Attendorn da, von dem es mir echt schwerfällt, es in Worte zu fassen.“

Unser Bild zeigt Dr. Barbara Rocksloh-Papendieck und Dr. Henner Papendieck mit ihren Kümmelsemmeln nach dem Semmelsegnen auf dem Kirchplatz in Attendorn.  
Unser Bild zeigt Dr. Barbara Rocksloh-Papendieck und Dr. Henner Papendieck mit ihren Kümmelsemmeln nach dem Semmelsegnen auf dem Kirchplatz in Attendorn.   © Meinolf Lüttecke | Meinolf Lüttecke

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Prof. Dr. Markus Köster ist Historiker und Leiter des LWL-Medienzentrums für Westfalen. Sein Statement zur Verbundenheit mit dem Osterbrauchtum: „Obwohl ich (Jahrgang 1966) seit mittlerweile 37 Jahren in Münster wohne, gehöre ich an Ostern nach Attendorn, genau genommen auf den Kopp der Waterpoote! Wenn ich es schaffe, lasse ich mich dort schon in den Wochen zuvor zum Holzstellen blicken. Am Karsamstag würde ich den Sitzplatz auf dem frisch geschlagenen Kreuz mit einer Fleischwurst in der Hand und dem Blick auf meine Heimatstadt definitiv mit keinem Fleck der Welt tauschen. Wenn ich in Münster erzähle, dass ich den Ostersonntag niemals an der familiären Kaffeetafel verbringe, sondern immer in alten Arbeitsklamotten und oft genug in Matsch und Nieselregen beim Kreuzaufstellen mithelfe, ernte ich regelmäßig mehr als erstaunte Blicke. Ostern ist für mich als Christ auch und vor allem das wichtigste Hochfest unseres Glaubens. Übrigens habe ich festgestellt, dass sich die Sehnsucht nach dem Attendorner Osterbrauchtum auch vererbt. Obwohl meine drei inzwischen 20, 18 und 14 Jahre alten Kinder alle in Münster geboren sind, würden sie nie freiwillig auf das Osterfest in Attendorn verzichten.“