Wenden/Ottfingen. Joelle Schneider aus Ottfingen hat im Straßenbau ihren Traumberuf gefunden – sie hat sich schon im jungen Alter gegen viele Männer durchgesetzt.

Arbeiten bei Wind und Wetter, in einem Job, der überwiegend von Männern dominiert wird, ist eine richtige Herausforderung. Dieser hat sich Joelle Schneider aus Ottfingen vor 3,5 Jahren gestellt, als sie sich für eine Ausbildung zur Straßenbauerin entschieden hat.

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Nach einem zweiwöchigen Praktikum bei der Firma Heinrich Weber Straßen- und Tiefbau GmbH & Co. KG stand für die heute 20-Jährige fest: das ist der Beruf, den ich gerne machen möchte. Eine recht spontane Entscheidung, denn bis zum Abschluss der Fachoberschulreife an der Gesamtschule Wenden hatte Joelle Schneider keinen blassen Schimmer, in welche Richtung sie sich beruflich orientieren möchte. Nach zwei Praktika im Büro als Bauzeichnerin und Speditionskauffrau stand schnell fest: „Büro ist nichts für mich. Ich liebe es, draußen zu sein.“ Ihr Berufswunsch aus dem Freundesbuch, den sie lange Zeit hatte, nämlich Tierärztin zu werden, war nicht erreichbar und Blut konnte sie ohnehin nicht gut sehen. Also krempelte Joelle Schneider die Ärmel hoch und begann als schüchternes, kleines Mädchen mit 16 Jahren in einer von Männern dominierten Branche ihre Ausbildung.

Joelle Schneider ist Straßenbauerin und arbeitet hier an ihrem Werkstück. 
Joelle Schneider ist Straßenbauerin und arbeitet hier an ihrem Werkstück.  © AWZ Bau | AWZ Bau

Sie muss sich durchbeißen, denn sie hat es nicht immer leicht, das gibt sie offen und ehrlich zu. „Ich werde nicht immer ernst genommen von meinen Kollegen. Sie gehen auch unterschiedlich mit mir um“, beschreibt Joelle Schneider die Lage auf den Baustellen. Als Straßenbauerin übt sie Arbeiten wie Pflastern, Kanalverlegungen bis hin zu Asphaltarbeiten aus. Sie wächst hinein, in diesen körperlich fordernden Job und in die ihr übertragenen Aufgaben. Sie lernt, ihre Ellenbogen auszufahren und beweist allen, die ihr nicht zugetraut haben, Straßenbauerin zu werden, dass sich ihre Mühen auszahlen.

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Die Blondhaarige ist in ihrem Ausbildungsjahrgang Prüfungsbeste und belegt mit ihrer praktischen Prüfung beim Aus- und Weiterbildungszentrum Bau in Fellinghausen den ersten Platz. In der Abschlussprüfung muss sie ein Werkstück anfertigen. Bordsteine und Rinnen setzen sowie das Verlegen von Kopfsteinpflaster werden mit der Note „sehr gut“ ausgezeichnet.

Mir wurde vieles nicht zugetraut, aber ich habe mich durchgesetzt und gezeigt, dass ich den Willen habe, alle Aufgaben zu erlernen.
Joelle Schneider, beste Straßenbauerin der Handwerkskammer Arnsberg

Damit nicht genug – auch auf Kammerebene wird sie von der Handwerkskammer Arnsberg als beste Straßenbauerin ausgezeichnet. „Da hat niemand mit gerechnet. Mir wurde vieles nicht zugetraut. Oftmals wollten mir die Kollegen die Arbeiten abnehmen, aber ich habe mich durchgesetzt und gezeigt, dass ich den Willen habe, alle Aufgaben zu erlernen“, ist Joelle Schneider stolz auf ihren Erfolg. Auch beim Landeswettbewerb NRW belegt sie den 4. Platz und wird ausgezeichnet.

Job auf der Straße ist kein Zuckerschlecken

Die schulische Ausbildung absolviert sie am Berufskolleg Technik in Siegen, als einziges Mädel boxt sie sich auch hier durch und zeigt, wo ihre Stärken liegen. „Der Blockunterricht war sehr mathelastig, aber ich habe es durchzogen“, berichtet Joelle Schneider stolz. Ihre theoretische Abschlussprüfung schließt sie mit der Note „gut“ ab. Von der Firma Heinrich Weber wird sie nach ihrer Ausbildung in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis übernommen. Gerade jetzt im Winter ist der Job auf der Straße kein Zuckerschlecken. „Ich habe mindestens 50 Pullover an und Skiunterwäsche“, witzelt die junge Frau, die sich in ihrer Freizeit um die vier Pferde kümmert, die der Familie gehören. Ab Januar verfolgt die 20-Jährige ein weiteres Ziel. Sie möchte noch einen oben drauf setzen und Straßenbaumeisterin werden. Dafür drückt sie wieder die Schulbank für einige Monate, um nachher die Leitung von Baustellen zu übernehmen mit Meistertitel.

Vor 20 Jahren, hätte sich auf dem Bau niemand etwas von einer Frau sagen lassen. Mittlerweile hat ein umdenken in unserer Gesellschaft stattgefunden.
Heiko Schmid, technischer Geschäftsführer AWZ-Bau

Heiko Schmid, technischer Geschäftsführer von AWZ-Bau in Kreuztal erklärt, dass die Position von Frauen im Handwerk gefragter sind, denn je. „Vor 20 Jahren, hätte sich auf dem Bau niemand etwas von einer Frau sagen lassen. Mittlerweile hat ein Umdenken in unserer Gesellschaft stattgefunden“, berichtet er. Auch, dass es immer mehr Firmeninhaber gibt, die sagen, dass Frauen Maschinen vernünftiger bedienen als Männer. Schmid ist voll des Lobes: „Frauen können sehr gut mithalten und einige unserer männlichen Auszubildenden müssen sich arg anstrengen, um sich mit ihnen messen zu können“. Dass Joelle Schneider schon bald den Meisterkurs beim AWZ absolviert, freut den Geschäftsführer: „Sie hat eine dicke Schulter und beste Zukunftschancen im Straßenbau in die Bauleitung zu gelangen“.