Olpe. Der bisherige Name des Olper Pfarrzentrums sei nach den Ergebnissen einer Studie über Lorenz Kardinal Jaeger nicht mehr tragbar, so die Gremien.

Es wurde lange und intensiv diskutiert – am Ende standen zwei einstimmige Voten: Sowohl der Kirchenvorstand der katholischen Pfarrei St. Martinus Olpe als auch der Gesamtpfarrgemeinderat, der den kompletten ehemaligen Pastoralverbund Olpe umfasst, haben sich dafür ausgesprochen, das derzeitige Lorenz-Jaeger-Haus umzubenennen.

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Wie berichtet, hat eine vom Erzbistum in Auftrag gegebene Studie belegt, dass er in Olpe aufgewachsene einstige Erzbischof des Erzbistums Paderborn (1892 bis 1975), nach dem das Gemeindezentrum der Pfarrei St. Martinus benannt ist, während seiner Amtszeit schwere Fehler im Umgang mit Fällen von sexuellem Missbrauch begangen hat. Das Bistum hat in einem ungewöhnlichen Schritt reagiert und in Absprache mit der Organisation der Missbrauchsopfer das Grab Jaegers – wie auch das von dessen Amtsnachfolger Johannes Joachim Degenhardt – im Hohen Dom zu Paderborn mit einem Schild versehen, das auf die Verfehlungen hinweist. Und auch in Olpe waren daraufhin Überlegungen angestrengt worden, wie man mit der Person Lorenz Jaeger umgeht.

Pfarrer Johannes Hammer, Andrea Hoffmann und Peter Lubig (von links) im Eingangsbereich des Gebäudes, das nun offiziell nicht mehr
Pfarrer Johannes Hammer, Andrea Hoffmann und Peter Lubig (von links) im Eingangsbereich des Gebäudes, das nun offiziell nicht mehr "Lorenz-Jaeger-Haus" heißen soll. © Jörg Winkel

Am Donnerstag legten Pfarrer Johannes Hammer, Andrea Hoffmann, Vorsitzende des Gesamtpfarrgemeinderats, und Peter Lubig, geschäftsführender Vorsitzender des Kirchenvorstands von St. Martinus, detailliert dar, warum sie keine Alternative zu diesem Schritt der Umbenennung sehen. „Wir vollziehen einen Perspektivwechsel“, so Pfarrer Hammer: Jedem sei klar, dass das Leid der Opfer nicht rückgängig zu machen sei. Doch insbesondere durch die Tatsache, dass das Gemeindezentrum vorrangig ein Haus der Kinder- und Jugendarbeit sei, mache es „nicht angemessen“, dass diese Einrichtung den Namen eines Mannes trage, der sich im Umgang mit Missbrauchstätern und deren Opfern falsch verhalten habe. „Natürlich gab es in der Vergangenheit auch systemische Ursachen des Missbrauchs“, so Pfarrer Hammer: Die Versäumnisse Einzelner seien einzubetten in eine „,Kultur’ des Wegschauens und Verdrängens einer ganzen Gesellschaft“, dies entbinde jedoch nicht Menschen in Leitungs- und Führungspositionen, wie beispielsweise Lorenz Kardinal Jaeger, von ihrer persönlichen Verantwortung. „Für Missbrauchsopfer ist der bisherige Name des Gebäudes nachvollziehbar eine bleibende Provokation.“

Der Schriftzug erinnert an den Namensgeber. Der Kirchenvorstand wird bald einen Handwerker beauftragen, den Namen von Lorenz Jaeger zu tilgen.
Der Schriftzug erinnert an den Namensgeber. Der Kirchenvorstand wird bald einen Handwerker beauftragen, den Namen von Lorenz Jaeger zu tilgen. © Jörg Winkel

Pfarrgemeinderat wie Kirchenvorstand seien sich einig darüber, wie schwer es sei, posthum über einen Menschen zu urteilen, der „nicht mehr Rede und Antwort stehen kann“. Auch solle die „große Lebensleistung von Kardinal Lorenz Jaeger“ nicht in Abrede gestellt werden. Daher ist geplant, im Gemeindezentrum eine Schautafel zu errichten, die an Lorenz Jaeger erinnert, seine Biografie und sein Lebenswerk darstellt und erklärt, warum die Gemeinde das Haus umbenannt hat. Dabei soll die Betroffenenvertretung des Erzbistums einbezogen werden und auch das Konzept der OT als Teil des pastoralen Engagements der Kirchengemeinde überarbeitet werden. „Die Geschichte ist damit nicht zu Ende“, fasst Hammer zusammen, „aber wir wollen damit auch klarmachen, dass wir den Weg der Versöhnung für den richtigen halten“.

Der nun gewählte Name „Gemeindezentrum St. Martinus und OT Olpe“ soll ausdrücklich als Arbeitstitel verstanden werden; die Gremien sind offen für Vorschläge für einen neuen Namen

Die Autoren der Studie, die noch nicht in ihrer Endfassung vorliegt, aber die Amtszeit von Lorenz Jaeger bereits abschließend bewertet, halten fest, Jaeger habe lediglich gegenüber den Beschuldigten Fürsorge gezeigt, nicht aber gegenüber den Betroffenen. Durch seine Versetzungspolitik habe Jaeger in Kauf genommen, dass sich Missbrauch wiederholt hat. In manchen Fällen habe es Vereinbarungen mit Staatsanwaltschaften gegeben, dass auf Bewährung verurteilte Täter nicht mehr in der Gemeindearbeit eingesetzt würden, doch seien diese Vereinbarungen nicht immer eingehalten worden. Außerdem hätten Angehörige des Erzbistums Druck auf Betroffene und ihre Familien ausgeübt, keine Anzeige zu erstatten.