Saßmicke. Keiner weiß, wie alt der Saßmicker Backofen ist – jetzt wurde er wieder repariert – mit altgedienten Baustoffen aus dem frühen Mittelalter.
Früher gab es sie in jedem Ort: Backhäuser, auf Platt „Backes“ genannt, waren meist Gemeinschaftsanlagen, in denen die Bürger Kuchen und Brot backen konnten. Ihre Zeit ging in den 1950er-Jahren mit dem Einzug von Haushalts-Backöfen und dem Siegeszug der Bäckereien zu Ende. Einige der Gebäude haben überdauert, die wenigsten werden noch genutzt. Eines der raren Exemplare, die bis heute funktionstüchtig sind und auch noch genutzt werden, steht in Saßmicke. Das Backhaus gehört heute der Stadt, sein Obergeschoss ist praktisch das örtliche Pfarr- und Jugendheim und erfüllt die Funktionen eines Dorftreffs. Doch im Keller ist weiterhin der uralte Lehmofen vorhanden, der 1990 beim Umbau des alten Backhauses zum Treffpunkt saniert und betriebsfähig gemacht wurde.
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Damals war es Peter Hesse, ein Saßmicker in Diensten des Olper Bauunternehmens Venc, der den Ofen restaurierte und betriebsfähig machte. Seitdem wurde das aus Lehm und Ziegeln gebaute Unikum regelmäßig genutzt – selten, um Brot zu backen, aber oft, um eine einmalige Pizza garen zu lassen. Doch die Jahre hatten dem Ofen übel mitgespielt, die Lehmabdichtung war rissig geworden, auch die Bodenplatten hatten sich gelockert. Die Dorfgemeinschaft wandte sich an die Stadt mit der Bitte, die Reparaturkosten zu übernehmen. Und die Stadt sagte zu. In der Person von Stefan Theis aus Wiehl fanden die Saßmicker einen Ofenbauermeister, der sich auf altes Handwerk versteht – machte es doch der Denkmalschutz, unter dem das Backhaus steht, ein besonderes Vorgehen nötig.
Schamotte oder Tuff
Theis kam nach Saßmicke und hatte dabei Lehm, Stroh und Jute mitgebracht. Gemeinsam mit seiner Frau Petra Kobrow, die in Wiehl eine Töpferei betreibt, sowie mit Ortsvorsteherin Sandra Kurz-Schneider und deren Ehemann Torsten Kurz, die ihm zur Hand gingen, setzte er den altehrwürdigen Ofen wieder instand. „Der ist wirklich sehr alt, wie alt genau, weiß keiner“, erklärte Theis gegenüber unserer Redaktion. Dies zeige, dass er komplett aus Lehm und Ziegeln gebaut worden sei: „Später wurden Schamottesteine verwendet oder auch, gerade hier in der Gegend, Königswinterer Tuff.“ Den Lehm hatte er bei einem Bio-Baustoffhändler erworben, Stroh und Jute dienen als Armierung. „Heutzutage würde ich eigentlich Glasfaser nehmen, aber durch die Denkmalschutzauflagen haben wir den Ofen jetzt wieder genauso hergerichtet, wie er einmal gebaut wurde“, so Stefan Theis. Er werde auch lange halten: „Dass der Lehm immer wieder reißt, ist ganz normal. Man kann dann mit einem nassen Schwamm drübergehen und die Risse so verschmieren.“
Diese Art von Backöfen wird mit Holz betrieben, das über Stunden genau dort verbrennt, wo später gebacken wird. Die Hitze des Feuers wird in den Steinen gespeichert, und wenn die gewünschte Hitze erreicht ist, werden Glut und Asche aus dem Ofen gezogen, mit einem nassen Tuch, der „Bäckerfahne“, die Öffnung gereinigt und dann das Backgut hineingegeben. Früher wurde erst Kuchen gebacken, der kurze Zeit bei großer Hitze im Ofen blieb. Danach folgten Brotlaibe, die rund eine Stunde im Ofen blieben, bis sie gar waren. Die Resthitze nutzte man beispielsweise zum Dörren von Obst. Am Backtag kamen die Bürger mit den zu Hause vorbereiteten Brotlaiben zum Backhaus, die Reihenfolge, wer wann backen durfte, wurde üblicherweise ausgelost. Die Treffen am Backhaus waren willkommene Gelegenheit zum Austausch – diese Funktion hat der Saßmicker Backes bis heute behalten. Ortsvorsteherin Kurz-Schneider: „Schon bald wird es wieder Pizza geben, und beim nächsten Backesfest wird sicherlich auch wieder mal Brot gebacken wie früher.“