Attendorn. Viele wünschen sich, zuhause bei der Familie zu sterben. Die Ehrenamtler von Camino helfen dabei. Eine Aufgabe, die Feingefühl erfordert.

Zuhause im Kreis der Familie oder in einer gewohnten Umgebung zu sterben – das ist der Wunsch der meisten Menschen. Um ihnen diesen letzten Willen zu erfüllen und damit den Betroffenen und den Angehörigen Entlastung zu bieten, dafür steht Camino, der Caritas-Hospizdienst mit seinen haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeitern. Anlässlich des Welthospiztages am heutigen 14. Oktober gibt es auf dem Marktplatz Attendorn eine große Tombola-Aktion zugunsten von Camino. Wir haben mit Petra Selter, ehrenamtliche Mitarbeiterin beim Camino in Attendorn, gesprochen.

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Was war Ihre Motivation, sich ehrenamtlich gerade im Bereich Sterbebegleitung zu engagieren?

2004 durfte mein Vater im Kreis der Familie zu Hause sterben. Wir waren alle zusammen und konnten von ihm Abschied nehmen. Das hat mich so bewegt. Da habe ich beschlossen, wenn ich irgendwann Zeit habe, dann gebe ich etwas zurück und besuche einen Kurs, um auch Sterbebegleiterin zu werden.

Vom Vorsatz bis zur Durchführung ist ja manchmal ein weiter Weg.

Ja, aber als der Qualifizierungskurse „Couch oder Camino“ angeboten wurde, habe ich mich sofort angemeldet.

Was ist Couch oder Camino?

Das ist ein Qualifizierungskurs zum ehrenamtlichen Mitarbeiten in diesem Bereich. Man benötigt Rüstzeug, um diese Arbeit zu machen. Außerdem erkennt man hier, ob die Vorstellung, die man von der Arbeit hat, mit der Wirklichkeit übereinstimmt. Neben den Kursabenden rund um die Themen Sterben, Tod und Trauer gab es immer wieder Raum für einen intensiven Austausch sowie Einblicke in die praktische Arbeit der ambulanten und stationären Bereiche in den Caritas-Zentren. Der Umgang mit Abschied und Trauer, aber auch die Bedürfnisse von Menschen, die sich in Sterbesituationen befinden, werden in mehreren Einheiten in vertrauter Atmosphäre thematisiert.

Und für Sie war danach klar, dass Sie das machen möchten?

Ja, auf jeden Fall. Aber als dann der erste Anruf für einen Einsatz kam, war ich schon nervös.

Was genau ist Ihre Aufgabe?

Das Wichtigste ist das „Da-Sein“ – sowohl für die Betroffenen wie auch für die Angehörigen. Wir hören zu und springen ein, wo wir gebraucht werden. Da ist die Ehefrau, die ihren Mann pflegt, aber selber zum Arzt muss. In dieser Zeit betreue ich den Ehemann. Wir haben Karten gespielt und seine Frau konnte beruhigt zum Doktor gehen. Oder die Tochter, die die Mutter pflegt, aber auch Zeit für ihre eigenen Tochter benötigt. In solchen Situationen sind wir zur Stelle. Wir sind aber auch für die Betroffenen da. Hören zu, schwiegen vielleicht auch zusammen, verbringen Zeit mit alltäglichen Dingen, die noch möglich sind.

Welche Einsätze sind Ihnen besonders in Erinnerung geblieben?

Spontan fallen mir zwei ein. Zum einen die Frau im Pflegeheim, die keinen Kontakt mehr zu ihrer Schwester hatte und das sehr bedauerte. Wir haben beide nochmals zusammengebracht und so konnten sie ihre Geschichte aufarbeiten. Die Dankbarkeit der beiden war es wert. Zum anderen der Mann, den ich ein Jahr begleitet habe. Dann stand mein Urlaub an und er musste letztlich doch ins Hospiz. Wir haben uns gegenseitig mit „eine gute Reise“ verabschiedet, denn es war klar, in der Zeit wird er sterben.

Wie gehen Sie selber damit um, wenn die Menschen, die Sie begleitet haben, sterben?

Wir treffen uns einmal im Monat zu einer Reflexion und alle drei Monate zur Supervision. Außerdem können wir uns jederzeit an unserer Koordinatoren Nadine Müller und Nina Fecker wenden. Nur wenn wir selber mit der Situation klarkommen, können wir für die Betroffenen und Angehörigen da sein.

Sie sind berufstätig und machen diese wichtige Aufgabe im Ehrenamt. Wie groß ist der zeitliche Aufwand denn tatsächlich?

Es gibt kein festes Zeitkontingent, was man erfüllen muss. Wenn der Anruf von den Koordinatoren kommt, kann man sich jedes Mal individuell entscheiden, ob eine Begleitung gerade passt oder nicht. Außerdem muss immer geschaut werden, ob man in die Familie und zu dem Betroffenen passt. Es ist eine große Entscheidung, jemanden Fremden in dieser außergewöhnlichen Situation zuzulassen. Das sollte harmonieren und vertrauensvoll sein. Wenn das nicht gegeben ist, dann sind wir keine Hilfe.

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Was ist Ihr Benefiz?

Ich selber habe festgestellt, das kann ich. Daher mache ich gerade noch eine Weiterbildung als Trauerbegleiterin an der Palliativ-Akademie in Bonn. Aber die Dankbarkeit und die Wertschätzung, die man für diese Arbeit von allen Beteiligten erfährt, sind für mich das Benefiz. Es war damals eine gute Entscheidung, dass ich die Couch gegen Camino eingetauscht habe.

Weitere Informationen und Ansprechpartner: Nina Fecker, Leitung Sozialer Dienst, Caritas Zentrum Attendorn, Bieketurmstr. 9 in 57439 Attendorn, Tel. : 02722/954174130, Mobil: 015208918099, E-Mail: NFecker@Caritas-Olpe.de. Das Trauercafé „Zuversicht“ findet jeden Monat an einem Samstag statt. Der nächste Termin ist der 28. Oktober (10 Uhr). Termine stehen auf der Caritas Internetseite.