Wenden. Der Wendener Werner Schrage war fast 35 Jahre Diakon, 16 Jahre arbeitete er als Gefängnisseelsorger. Zum Abschied erzählt er einige Anekdoten.
Nach fast 35 Jahren endet der Weg als Diakon von Werner Schrage. Mit einem Dankgottesdienst verabschiedet sich der 76-Jährige am kommenden Sonntag in der Pfarrkirche in Wenden. „Was bleibt sind viele Erinnerungen und Begegnungen. In dieser Zeit habe ich viele Kinder taufen dürfen, Trauungen und Wortgottesdienste gestaltet und Verstorbene mit ihren Angehörigen auf ihrem letzten Weg begleitet. Eine Herzensangelegenheit waren mir immer die Kranken in unserer Gemeinde. Besuche, viele persönliche Gespräche und das Gebet waren in diesen Erfahrungen sehr wertvoll. Es war eine bewegte und erfüllte Zeit“, zieht Werner Schrage Bilanz. Und: „Die ganze Gemeinde ist am Sonntag eingeladen. Ich freue mich über jeden, der kommt.“
Der Wendsche Junge arbeitete zunächst viele Jahre als Elektriker. Mit 51 Jahren zog er dann den Stecker und kündigte bei RWE. „Ich habe mich schon als junger Mensch hingezogen gefühlt zu kranken Menschen. Ich war Messdiener, in der Jugendarbeit tätig. Diese soziale Gemeinschaft hat mich immer motiviert. Mit diesem Sonntag-Christ-Sein, der Macht der Gewohnheit, war ich unzufrieden“, erzählt Werner Schrage, der nach einem theologischen Fernstudium am 15. April 1989 in der Wendener Kirche zum Diakon geweiht wurde. Der Weg vom Elektriker zum Kirchenmann war allerdings durchaus beschwerlich: „Es gab viele Selbstzweifel und gewisse Bedenken.“
Richtige Entscheidung
Doch heute weiß der 76-Jährige, dass es die richtige Entscheidung war: „Ich bin einfach nur froh und dankbar. Die Gemeinde hat mich auch mitgetragen und motiviert. Die Gemeinschaft halte ich für so wichtig. Eine der wichtigsten Aufgabe der Kirche ist es, dass die Wertigkeit des Menschen in den Vordergrund gerückt wird. Dass man sich hält und trägt und nicht, dass jemand in eine Schublade gesteckt wird oder man mit dem Finger auf ihn zeigt.“
16 Jahre hat Werner Schrage als Gefängnisseelsorger in den Justizvollzuganstalten Köln, Siegburg, Siegen und Attendorn gearbeitet. „Es war die intensivste und interessanteste Arbeitszeit. Ich habe viele Schicksale und Tragödien erlebt, die mich an meine Grenzen gebracht haben“, sagt der Wendener.
Viele Jahre arbeitete der 76-Jährige im Jugendgefängnis in Siegburg. „Für mich war es im Gefängnis wichtig, Vier-Augen-Gespräche zu führen. Ich habe oft die Familie des Inhaftierten eingeladen zu Sondergesprächen“, so Werner Schrage, der Kontakte zum 1. FC Köln aufbaute: „Ich hatte einen persönlichen Bezug zu Wolfgang Overath. Der kam in die JVA und hat mit den Inhaftierten Fußball gespielt.“
Durch die guten Kontakte von Werner Schrage zum 1. FC Köln kommt es jetzt in der ersten Oktober-Woche zudem zu einem Besuch von Kölns Trainer Steffen Baumgart im Kinderhospiz Balthasar in Olpe.
Der 76-Jährige sorgte früher auch dafür, dass die Bands „Upstairs“ und „Seven up“ in die JVA nach Attendorn und Siegen kamen. Er sorgte für Gitarrenkurse im Knast, baute eine Bücherei auf und eine Kleiderkammer. Im offenen Vollzug in Attendorn konnten die Gefangenen dank Schrage den Angelschein und einen Gabelstapler-Führerschein machen. Der 76-Jährige gründete die Gruppe „Hinterm Horizont geht es weiter“, in der Ehrenamtliche Gespräche mit Inhaftierten führten. Dafür erhielt er den Pauline von Malinckrodt-Preis.
Kölsche Nacht in der JVA
Den Speisesaal in der JVA Attendorn wandelte der Wendener einmal um in einen Gürzenich. Die Karnevalsgrößen Willibert Pauels und Thomas Küppers, mit denen er befreundet ist, traten bei dem Kölschen Abend auf. Es gab für die Gefangenen Röggelchen und Blutwurst.
Seit seinem 14. Lebensjahr ist Werner Schrage leidenschaftlicher Fan von Borussia Dortmund. Als der BVB im Jahr 2002 Deutscher Meister wurde, erschien er im Trikot in der JVA Siegburg. „Ich hatte einen Handwagen dabei mit einem Rekorder, der immer das Lied Heja BVB abspielte. Damit bin ich durch den Wohnbereich gefahren. Die meinten nur: Balla, balla. Ich habe dann gesagt: Jeder, der jetzt mit mir singt, kriegt ein Päckchen Tabak und Blättchen“, berichtet Schrage.
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Und dann gibt es noch die Geschichte mit Rudi Völler. Zwei Jahre habe er gekämpft, dass dieser ins Kinderhospiz und die JVA Attendorn und Siegen kommt, erzählt Schrage. Er schrieb einen wütenden Brief an Völler, bezeichnete ihn als „Geschäftsführer des Pillenclubs und Möchtegernmeister“. Es dauerte nicht lange, bis er Völler am Telefon hatte. Dieser war erst sauer, sagte dann aber zu. „Er war sehr umgänglich. Ich saß mit Völler stolz wie Oskar in seinem Mercedes und wir fuhren von Siegen nach Attendorn. Der Innenhof der JVA war voller Menschen. Das Eisentor ging auf, wir sind in den Haupteingang im offenen Vollzug gefahren. Da sangen alle: Es gibt nur einen Rudi Völler“, schmunzelt Werner Schrage.
Dankgottesdienst am Sonntag
Der Dankgottesdienst findet statt am Sonntag, 24. September, um 10.30 Uhr in der Pfarrkirche in Wenden. Hauptzelebrant ist Wendens Pastor Christian Elbracht. Die Predigt hält Pfarrer Franz Meurer aus Köln.
Mitgestaltet wird der Gottesdienst durch den MGV Wenden und den Musikzug der Freiwilligen Feuerwehr Wenden.
Zum Abschied möchte Werner Schrage keine persönlichen Geschenke. Stattdessen bittet er um eine Spende. Die Kollekte am 24. September soll zugunsten der Hospizdienste im Kreis Olpe gesammelt werden.