Finnentrop. Ein 43-jähriger Mann hat in seiner Wohnung fünf kleine Welpen zurückgelassen. Der Vermieter öffnete gewaltsam die Wohnung – und rettet die Tiere.
Es war ein außergewöhnlicher Fall am Montag im Olper Amtsgericht. Ein 43-Jähriger sollte am 3. März 2020 in einem Mehrfamilienhaus in Finnentrop in die Wohnung seines Vermieters eingebrochen sein. „Er hebelte die Eingangstür auf“, so Staatsanwalt Markus Bender in der Anklage. Der Mann habe eine silberne Taschenuhr, eine Apple Watch, ein handgeschmiedetes Messer, einen Seemannszirkel und ein Kästchen mit Waschmünzen erbeutet. Was den Fall zudem außergewöhnlich macht: Der 43-Jährige ließ fünf hilflose und winselnde Hundewelpen in seinem Zimmer zurück.
Ein Mitbewohner hatte am 3. März 2020 festgestellt, dass im Laufe des Nachmittages die Eingangstür des Vermieters aufgebrochen worden war. Im Zimmer des Angeklagten waren einige Tage später Teile des Diebesgutes gefunden worden. Der Mann war verschwunden.
Vor Gericht stritt der 43-Jährige den Einbruch ab: „Meine Frau hatte mich verlassen. Ich hatte das kleine Zimmer gemietet, aber das ging nicht lange gut. Ich hatte Panikattacken und Depressionen. Vieles ist nicht richtig gewesen, was ich gemacht habe, aber ich bin da nicht eingebrochen.“ Er sei bereits am 1. oder 2. März zu seiner neuen Freundin nach Bochum, also während der Tatzeit gar nicht mehr in dem Haus in Finnentrop gewesen.
Zu den in seinem Zimmer gefundenen Teilen des Diebesgutes meinte er: „Ich bin zwar nicht die hellste Kerze auf der Torte, aber so doof bin ich auch nicht, dass ich die Dinger in meine Wohnung lege. So blöd bin ich nicht.“ Er habe sich damals in einem seelischen Ausnahmezustand befunden, erzählte er: „Nach sieben Jahren war meine Ehe kaputt. Ich war mit der Welt fertig, ich konnte nicht mehr. Da bin ich einfach abgehauen. Das war nicht richtig, keine Frage.“ Um die fünf Hundewelpen habe er sich nicht kümmern können: „Ich dachte, dass damit meine Mietschulden beglichen werden können.“
Wie in einem Stall
Für ihn sei das Haus mit den acht kleinen Zimmern damals eine Notunterkunft gewesen, berichtete ein 45-Jähriger: „Als ich an dem 3. März mittags kam, war noch alles in Ordnung. Als ich dann später einkaufen gehen wollte, war die Eingangstür aufgebrochen.“ Er habe dann die Polizei verständigt und den Vermieter angerufen. „Der Angeklagte hat gesagt, es habe Absprachen gegeben, dass Sie die Welpen verkaufen und mit dem Geld die Mietschulden bezahlen sollten“, sagte Richter Matthias Witte. Dies verneinte der Zeuge.
Der Vermieter ließ kein gutes Haar am Angeklagten: „So viel belogen und betrogen wie er hat mich noch nie ein Mensch. Er hatte kein Geld. Mir war auch nicht klar, dass er mit einer hochschwangeren Hündin da einzieht.“ Die Hündin habe fünf Welpen geworfen: „Mich regt am meisten die Verantwortungslosigkeit auf, Hunde hilflos zurückzulassen und sie dem Tode preiszugeben.“ Das Zimmer des Angeklagten sei dann gewaltsam geöffnet worden: „Es war Gefahr im Verzuge. Das Zimmer sah aus wie ein Stall. Die Hunde sind befreit und vermittelt worden.“
Es seien Mietschulden von vier Monaten beim Angeklagten aufgelaufen, so der Vermieter weiter: „Die Täterschaft war relativ schnell geklärt. Er war verschwunden. Die Indizien waren klar. In seinem Zimmer waren das Kästchen mit Waschmünzen und einem abgebrochenen USB-Stick von mir. Auch mein Seemannszirkel wurde bei ihm gefunden.“
Die langen Vernehmungen der Zeugen im Olper Gerichtssaal ergaben jedoch kein eindeutiges Bild. Immer wieder gab es Widersprüche. Niemand hatte gesehen, dass der 21-fach vorbestrafte Angeklagte der Einbrecher war. „Wir kriegen das Puzzle nicht zusammen“, brachte es Staatsanwalt Markus Bender auf den Punkt. Und: „Wir können nicht nachweisen, dass er in der Wohnung war, können es aber auch nicht ausschließen. Ich habe keinen Zweifel, dass es das Diebesgut war, aber wir wissen nicht, wie es dahingekommen war.“
Freispruch
Folglich plädierte Staatsanwalt Bender für einen Freispruch. Dem schloss sich Verteidiger Jung natürlich an. Im letzten Wort meinte der Angeklagte: „Mit den Hunden, das bereue ich. Das war ein Riesenfehler.“
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Das Schöffengericht sprach den Angeklagten auf Kosten der Landeskasse frei. „Am Ende der Beweisaufnahme steht auch für uns nicht mit der notwendigen Sicherheit fest, dass der Angeklagte der Täter war. Es gibt kein objektives Beweismittel. Es bleiben nach der Beweisaufnahme mehr Fragen als Antworten.“