Olpe. Die geplanten Maßnahmen würden Bevölkerungs- und Artenschutz unter einen Hut bringen. Die zuständige Behörde ist gefragt.

Die Flut im Ahrtal hat Spuren hinterlassen – nicht nur dort, wo sie Menschenleben, Häuser, nahezu die gesamte Infrastruktur vernichtete. Die Tatsache, dass mitten im hochentwickelten, technisierten Deutschland ein idyllischer Bach durch Starkregen zu einer tödlichen, alles vernichtenden Flut werden kann, sorgt seitdem bei kommunalen Planern für Kopfzerbrechen. Die Kreisstadt Olpe ist in der Region wohl die Kommune, die bereits am weitesten fortgeschritten ist in dem, was auf schönstem Behördendeutsch „Starkregenrisikomanagement“ genannt wird. Bauordnungs- und Planungsamtsleiter Arne Bubenheim und Tiefbauamtsleiter Thomas Stupperich waren am Mittwoch zu Gast im Kreishaus: Dort informierten sie die Mitglieder des Beirats der Unteren Naturschutzbehörde über das, was in Olpe bereits geschehen ist und was in naher Zukunft umgesetzt werden soll.

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Stupperich wies auf erfolgte erste kleinere Maßnahmen hin, etwa die Abpflasterung einer „Welle“ vor dem Eingang der Gaststätte „Goldener Löwe“, die verhindern solle, dass bei Starkregen das Oberflächenwasser des Marktplatzes das historische Gasthaus erneut unter Wasser setzt. Dies sei anfänglich erfolgreich gewesen, fordere aber inzwischen eine Nachbesserung, so Stupperich. Weiterhin hat die Stadt ein Büro beauftragt, das eine Simulation erstellt hat: Jeder Grundstücks- oder Hauseigentümer kann sich hausnummern-genau ansehen, wo im Fall eines Starkregens die Fluten sich ihren Weg bahnen würden. So kann jeder einzelne Vorsorge treffen, und wenn es nur das Umstellen von Mülltonnen oder das Verlagern von Brennholzstapeln ist, die bei einem solchen Starkregen dann nicht weggespült werden.

Wiesen als Retentionsräume

Eine weitere Säule des Konzepts ist, Wassermassen aus der Stadt herauszuhalten, die durch Fließgewässer hineingebracht würden. Denn sollte etwa in Kleusheim ein solcher Starkregen auftreten, sorgt er nicht nur vor Ort für Zerstörung, sondern gelangt schnell in die Olpe, die fast durchgängig ausgebaut und kanalisiert ist und damit für einen schnellen Wassertransport in die Stadt sorgt. Hier will die Stadt für Abhilfe sorgen. Denn der Olpebach und seine Zuflüsse sind in erheblicher Anzahl schon vor Jahrzehnten begradigt und verlegt worden. Stupperich und Bubenheim zeigten dies an Beispiel-Bildern und Karten aus Kleusheim, Stachelau und Lütringhausen. Hier fließt die Olpe beispielsweise häufig nicht mehr im Taltiefsten, sondern am Rande: Als nicht mehr mit der Sense, sondern per Traktor gemäht wurde, verlegten die Vorfahren die Bäche gern an den Rand der Täler, um die Bearbeitung der Flächen zu vereinfachen. Dies will die Stadt nun rückgängig machen. Die Bäche sollen mäandrieren, Kumpe und Kolke bilden, Dämme sollen dafür sorgen, dass bei Hochwässern Wiesen überflutet werden, damit das Wasser sich hier staut und nur allmählich ins Gewässer gelangt, um die Überflutung der dicht besiedelten und bis ans Gewässer bebauten Stadt zu vermeiden. Bislang, so Stupperich, plane die Stadt nur mit eigenen Flächen als Retentionsräume. Sie hoffe auf die Bereitschaft weiterer Grundstückseigentümer, sich zu beteiligen und ihre Flächen dafür zur Verfügung zu stellen.

In Stachelau in Höhe der ehemaligen Firma Karl Imhäuser (heute: SiBO) soll dabei ein doppelter Nutzen geschaffen werden: Ein geplanter Radweg von Altenkleusheim könnte über einen für den Hochwasserschutz geplanten Damm durchs Tal geführt werden, um dann auf den Radweg in Richtung Rehringhausen anzuschließen und damit für Sicherheit und kurze Wege zu sorgen.

Alte Lebensräume entstehen neu

Da viele dieser Flächen unter Naturschutz stehen, sind solche Maßnahmen erlaubnispflichtig. Aus dem Beirat wurde signalisiert, dass die Mitglieder sich sehr gut vorstellen können, die nötigen Befreiungen zu erteilen, weil der Hochwasserschutz zum einen eine wichtige Rolle spielt, die Maßnahmen zum anderen durch naturnahen Gewässer-Ausbau ursprüngliche Lebensräume erneuern würde.

Kreisdirektor Philipp Scharfenbaum fand das Ganze lobenswert: „Was die Stadt da macht, ist Klimafolgenmanagement. Solche Starkregenereignisse haben wir erlebt und gesehen, was da passieren kann. Ich bin dankbar, dass die Stadt sich diese Gedanken macht.“ Den Folgen des Klimawandels werde die öffentliche Hand sich stellen müssen, den Starkregen wie auch dem Thema Feuer im Wald. Naturschützer Stephan Junge betonte, der starke Rückgang an Amphibien mache solche Maßnahmen auch aus Artenschutzsicht sinnvoll. Er betonte aber, die Stadt müsse sich bewusst sein, dass solche Anlagen auch Pflege brauchten. „Sonst sind die Stauräume in wenigen Jahren zugewachsen.“ Dr. Roswitha Kirsch-Stracke (Kreisheimatbund) unterstrich das: „Ich bin erstmal froh, dass es diese Pläne gibt. Aber auch für solche Flächen brauchen wir Pflege- und Entwicklungspläne, sonst geht das in die Binsen. Da muss Bewuchs auf den Stock gesetzt werden. Am besten geht man das von Anfang an so an.“