Olpe. Bei der ersten Unternehmertagung nach Corona-Pause und Generationswechsel stand Harmonie zwischen Landesregierung und Wirtschaft im Mittelpunkt.
Dass eine stellv. Ministerpräsidentin die Politik ihrer Landesregierung vertritt und verteidigt, ist keine Überraschung. Daher waren die Inhalte, die Mona Neubaur (Grüne) am Dienstagabend in der Olper Stadthalle zum Gegenstand ihrer Festansprache machte, weniger aufschlussreich als der Gesamtablauf der Veranstaltung: Bei der ersten, eigentlich jährlichen Unternehmertagung nach der Corona-bedingten Zwangspause traf erstmals seit dem Generationswechsel im Vorstand des Arbeitgeberverbands für den Kreis Olpe die heimische Wirtschaft in diesem Rahmen auf ein Mitglied der neuen, schwarz-grünen Landesregierung. Und im Mittelpunkt dieses Zusammentreffens stand ganz viel Harmonie. Christopher Mennekes, Kirchhundemer Unternehmer und Vorsitzender des Arbeitgeberverbands, und die Wirtschaftsministerin und Stellvertreterin von Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) gingen weit aufeinander zu: Trotz einiger Kritik blieb Mennekes’ Ton äußerst freundlich und verbindlich, und er machte unverhohlen klar, dass Themen wie Klimawandel, Energiewende und Dekarbonisierung für ihn ganz oben auf der Prioritätenliste stehen. Das Bemühen um die Suche nach Gemeinsamkeiten war deutlich zu spüren.
+++ Lesen Sie auch: Kreis Olpe wird für Energiewende aktiv +++
Der Aufbruch aus der Krise bleibe aus, kritisierte Mennekes, „wir schlittern in die Rezession, dabei sollten wir eigentlich mitten in der Transformation stecken“. Dies liege an labilen Rahmenbedingungen, für die er zuvorderst aber nicht die Landesregierung verantwortlich machte. Zudem berge jede Krise auch Chancen, „wir brauchen nur einen Konsens über den Umgang damit“. Anstatt über immer mehr Flexibilität bis hin zur Vier-Tage-Woche müsse auch und vor allem über mehr Effizienz gesprochen werden. Lob hatte er für die begonnenen Bemühungen der Landesregierung parat: Die eingeleitete Beschleunigung von Genehmigungsverfahren sei der richtige Weg, dies gelte unter anderem auch für die Verkehrs-Infrastruktur, „auch für die Windräder, die wir hier dringend brauchen“ und die ja auf irgendwelchen Wegen nach Südwestfalen transportiert werden müssten. Mennekes: „Die große Vielzahl der Unternehmen begrüßt den Ausbau der erneuerbaren Energien, wir erkennen an, was Sie da schon geleistet haben. Aber es reicht noch nicht.“ Für ihn stehe fest, dass „die Klimakatastrophe uns bedroht“, der Ausstieg aus Kohle, Öl und Gas sei „keine Option, sondern eine Notwendigkeit“.
Mittelstand liegt besonders am Herzen
Mona Neubaur legte viel Wert darauf, zu betonen, welche Bedeutung die Landesregierung der Wirtschaft und dem Unternehmertum zubilligt. Initiativen wie das gerade gegründete Innovationscluster „Do IT Südwestfalen“ seien die richtigen Wege, damit die Wirtschaft auch in Zukunft für Wertschöpfung in der Region sorgen könne „und auch, ja, um Geld zu verdienen. Ich will, dass Sie das weiter tun können“. Südwestfalen könne eine Region sein, die ganz Europa zeige, wie sich Wirtschaft und Wissenschaft zusammentun und die angesichts der Herausforderungen die Technologieführerschaft übernehmen könne, was mit Sicherheit ein Exportschlager werde. „Ich habe großen Respekt vor dem, was Sie hier leisten.“ Dabei liege ihr wie der gesamten Landesregierung insbesondere der Mittelstand am Herzen. Dieser sei, anders als Großkonzerne, mit der Region verwurzelt. Die Investitionen des Mittelstands würden nicht nur vom Wunsch nach größtmöglichem Erlös gesteuert, sondern auch von Heimatverbundenheit und Tradition. „Danke, dass Sie zeigen, dass zum Unternehmertum Anstand gehört.“
Sie machte klar, dass sie als Ministerin der Grünen sich „regelmäßig heiße Ohren“ an der Basis ihrer Partei hole, weil sie insbesondere in Zeiten der Krise zu Entscheidungen stehe, die etwa bei Umweltverbänden nicht immer für Applaus sorgten: Der ewige Streit zwischen Arten- und Umweltschutz sorge beispielsweise beim Ausbau der Windkraft für Konflikte, doch sei sie der Meinung, dass die Sicherheit der Energieversorgung von herausragendem Interesse sei. Dass nun Windenergieanlagen auch auf sogenannten BSN-Flächen (Bereiche für den Schutz der Natur) ermöglicht würden , sei ein Beispiel dafür. Hinsichtlich der künftigen Versorgung der Wirtschaft mit Wasserstoff betonte Mona Neubaur, dass beim Ausbau des Leitungsnetzes die Region Südwestfalen ausdrücklich berücksichtigt werde: „Wenn die Kohleverstromung nicht mehr läuft, müssen Sie ja wissen, dass wir an Ihre Energieversorgung denken.“
Notwendigkeit zur Veränderung
Hinsichtlich der Bekämpfung des Fachkräftemangels erklärte sie, die Landesregierung arbeite ressortübergreifend daran. So sei es allen Beteiligten klar, dass insbesondere Frauen mehr Möglichkeiten eröffnet werden müssten, in den Arbeitsmarkt zu gelangen. Hier sei beispielsweise bei der Kinderbetreuung und auch der Pflege von Angehörigen noch erheblicher Nachholbedarf, denn in der großen Mehrzahl seien davon Frauen betroffen. Bei den Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur gelte die Devise „Sanierung vor Neubau“, denn bei begrenzten Ressourcen seien Prioritäten nötig. „Damit es so bleibt, wie es ist, brauchen wir Veränderung.“ Mit einem Korb voller Sauerländer Leckereien entließ der Vorstand der Arbeitsgemeinschaft der Unternehmerverbände die Wirtschaftsministerin, die am Folgetag noch drei Stationen im Kreis Olpe hatte: die Firmen Mennekes in Kirchhundem und Kemper in Rüblinghausen sowie das Büro von Landrat Theo Melcher (CDU), wo sie sich über die vom Kreis initiierte „Erneuerbare Energien Beteiligungs- und Entwicklungsgesellschaft“ (EEBE) informieren ließ.