Heinsberg. Zugewachsen mit Moos steht das Aquädukt im Wald bei Heinsberg. Nur ein Schild zeigt Wanderern, welch einzigartiges Bauwerk hier verborgen liegt.
Es gibt Dinge, die erledigen sich von selbst, wenn man sie nur lange genug in Ruhe lässt. Diese Volksweisheit passt nur zu gut auf das „Aquädukt“ im Krenkeltal, etwa drei Kilometer entfernt von Heinsberg am gelbmarkierten Zuweg zum Rothaarsteig. Seit Jahren dämmert dieser besondere „Lost Place“ vor sich hin. Und es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis „sich die Natur verloren gegangenes Terrain zurückgeholt“ hat, wie es auf dem mit schwarzer Farbe besprühten Hinweisschild steht.
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Einstmal ein einzigartiges Bauwerk mitten im Wald, bietet die monumentale Bachbrücke am Heinsberger Eisenbahntunnel einen jämmerlichen Anblick. Noch plätschert Wasser durch die Eisenbetonrinne, mit der ein Bach über die Trasse der früheren Eisenbahnlinie Altenhundem-Heinsberg-Röspe-Birkelbach (Betrieb von 1914 bis 1945) geleitet wird. Doch genauso viel Wasser läuft aus der undichten, von Moos überzogenen Rinne nach unten auf die alte Bahntrasse plätschert
Ein echtes Denkmal
Wäre nicht vor Jahren ein befestigter Steig mit Handläufen und einem Eingangsportal errichtet worden, dann würde von Bauwerk etwa 50 Meter abseits des Weges schon heute niemand mehr Notiz nehmen, weil es nicht mehr zu sehen ist. Dabei ist die fast 120 Jahre alte Wasserrinne ein echtes Denkmal, das wegen seiner geschichtlichen und technischen Bedeutung 2002 in die Denkmalliste der Gemeinde Kirchhundem eingetragen wurde und somit den Eigentümer in die Pflicht nimmt, wie es im Denkmalgesetz steht: „Die Eigentümer und sonstigen Nutzungsberechtigten haben ihre Denkmäler instand zu halten, instand zu setzen, sachgemäß zu behandeln und vor Gefährdung zu schützen, soweit ihnen das zumutbar ist. (...) Die Eigentümer können sich nicht auf Belastungen durch erhöhte Erhaltungskosten berufen, die dadurch verursacht worden sind, dass Erhaltungsmaßnahmen diesem Gesetz oder sonstigem öffentlichen Recht zuwider unterblieben sind.“
Klare Aussage und der Eigentümer der Wasserrinne ist kein geringerer als das Land NRW selber. Doch das Land hat nach wie vor keine Lust, den jetzigen Gammel- und Dämmerzustand des Bauwerks zu ändern. Im Moment seien keine substanzerhaltenen Maßnahmen dort geplant, heißt es aktuell von der Naturschutzbehörde im Kreishaus. Der Grund dafür: Eine Sanierung des Denkmals wäre nicht nur teuer, sondern auch kompliziert. Mindestens zwei Millionen Euro müsste das Land in die Hand nehmen, um die Betonröhre zu sanieren und wieder abzudichten, so vorsichtige Schätzungen.
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Denn durch das Wasser, das seit Jahrzehnten aus der undichten Rinne auf die ehemalige Bahntrasse plätschert, hat sich unter dem Aquädukt ein Biotop gebildet, das wegen besonders artenreicher und feuchter Hochstaudenfluren mindestens genauso wertvoll ist wie das Bauwerk und geschützt werden muss. Der Sanierungsfall Aquädukt tangiert also Denkmal- und Naturschutz, wobei nicht klar ist, wer hier wie und für was zuständig ist.
Vor drei Jahren, kurz vor der Kommunalwahl, holten die beiden Bürgermeister Andreas Reinéry aus Kirchhundem und Henning Gronau aus der Erndtebrück das Aquädukt und den Heinsberger Tunnel wenige Meter neben dem Aquädukt kurzzeitig aus dem Dornröschenschlaf, mit der Idee, eine neue Radwegeverbindung von Heinsberg (Kirchhundem) nach Röspe (Erntebrück) durch den Heinsberger Tunnel zu schaffen, so ähnlich wie der Fehrenbrachter Tunnel auf dem SauerlandRadring oder der Hützemerter Tunnel zwischen Drolshagen und Bergneustadt. Ein solcher Radweg hat auch für die Gemeinde Charme, gilt als mögliches Zukunftsprojekt.
Aber vielleicht bietet sich diese Gelegenheit erst, wenn das Denkmal Aquädukt irgendwann wegen Baufälligkeit zusammenbricht und dadurch das darunter liegende Biotop ebenfalls zerstört wird. Dann wäre der Weg frei für einen Radweg. Und die anfangs genannte Volksweisheit würde sich wieder einmal bewahrheiten.