Attendorn. Bei Prototec im Gewerbegebiet Askay wird dreidimensional gedruckt, hier entstehen fertige Produkte Schicht um Schicht aus Kunststoff oder Metall.
Der Volksmund nennt es „3D-Druck“. Doch Torsten Wolschendorf, geschäftsführender Gesellschafter der Firma Prototec, der mit genau dieser Technologie arbeitet, spricht lieber von „additiver Fertigung“. In seinem Unternehmen im Gewerbegebiet Askay steht eine ganze Batterie von „Druckern“, die praktisch genau andersherum arbeiten als das, was der klassische Sauerländer Unternehmer macht.
Denn auf klassische Weise werden Bauteile von Maschinen oder Werkzeuge durch Drehen oder Fräsen hergestellt: Man nimmt also Material weg, bis das übrig bleibt, was man braucht. Bei der additiven Fertigung oder eben dem 3D-Druck geht es genau andersherum: Schicht um Schicht werden die gewünschten Objekte aufgebaut, bis sie schließlich komplett sind. Das hat mehrere Vorteile. „Es wird nur so viel Material verbraucht, wie tatsächlich benötigt wird“, erläutert Wolschendorf. Auch lassen sich bei der additiven Fertigung Formen herstellen, die auf keine andere Weise machbar sind. Als Demonstrationsobjekt hat Wolschendorf einen winzigen Turm für ein Schachspiel parat, in dem eine Wendeltreppe verläuft. Das ließe sich durch Fräsen nicht in einem Stück machen – der Turm müsste aus mehreren Teilen zusammengesetzt werden.
Der Name der Firma zeigt, womit Prototec einmal begonnen hat: Die Abkürzung steht für „Prototypen-Technologie“. Auch heute noch gehört der Bau von Prototypen zum Portfolio, ist aber seit der Corona-Krise nur noch ein Randthema. Wolschendorf: „Bis Corona haben wir für viele Firmen hochwertige Prototypen gebaut, die für Messen als Ausstellungsstücke genutzt wurden oder die Vertreter zum Kunden mitnahmen.“
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Im 3D-Druck lassen sich geringe Stückzahlen oder auch Einzelstücke herstellen, die für einen Spritzguss viel zu aufwendig wären, weil hier mit großem Aufwand eine Gussform hergestellt werden müsste, die nach Ende des Prototypen-Status schon wegen kleiner Änderungen komplett verworfen würde. Im 3D-Druck werden nur die Daten für den Drucker geändert. „Dann kam Corona, und damit gab es keine Messen mehr und die Vertreter fuhren nicht mehr zu Kunden“, erklärt Torsten Wolschendorf.
Laser schmilzt Metall
Doch er nutzte die Chancen, die sich gleichzeitig boten: Denn durch kurze Wege und Wegfall von Zwischenschritten war Prototec in der Lage, trotz wegbrechenden Lieferketten und Ausfall von Dienstleistern zu liefern. Und immer mehr Kunden schätzten die Vorteile der additiven Fertigung. „Anders als beim Spritzguss können wir Variationen von Werkstücken vornehmen“, so Torsten Wolschendorf. Weglassen oder Hinzufügen von Bestandteilen macht nur einen Mausklick aus. „Weiterhin können wir jederzeit nachdrucken. Die Kunden müssen sich keine Bestände auf Lager legen, sondern können bei Bedarf einfach nachbestellen.“
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War die additive Fertigung anfänglich auf Kunststoff beschränkt, wird inzwischen auch Metall „gedruckt“. „Selektives Laserschmelzen“ nennt sich der Vorgang, bei dem Metallpulver mittels des energiereichen Lichtstrahls verflüssigt wird und so Schicht um Schicht das gewünschte Produkt entsteht. Zu den Kunden von Prototec gehören Unternehmen aus nahezu allen Branchen. Die einen lassen kleine Serien von Produkten erstellen. Die anderen fordern bedarfsgerecht Applikationen an, etwa verschleißende Werkzeuge, die erst dann neu angefertigt werden, wenn man sie braucht. Andere lassen Teile nachbauen, die es neu gar nicht mehr gibt, etwa weil der Hersteller sie abgekündigt hat oder gar nicht mehr existiert.
Dazu gehören Industriebauteile und nicht mehr verfügbare industrielle Ersatzteile wie auch Oldtimer-Teile, beispielsweise Knöpfe oder Hebel für längst nicht mehr produzierte Automobile.
Noch kein Lehrberuf
Das kleine Team von Prototec ist bunt zusammengewürfelt. „Es gibt ja zumindest noch keinen Lehrberuf dafür“, so Torsten Wolschendorf, der aber im entsprechenden Verband aktiv ist und mithilft, die Voraussetzungen zu schaffen. „Bisher ist es so, dass die Leute, die zu uns kommen, eigentlich komplett angelernt werden müssen.“ Er beschäftigt Werkzeugmechaniker, aber auch einen Bachelor für Möbeldesign und eine Zahntechnikerin. „Die ist ja fit in feinem Schleifen und kann mit Kunststoff wie Keramik arbeiten“, so der Unternehmer.
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Er selbst kam auf Umwegen zur additiven Fertigung. Über eine Ausbildung bildete er sich fort, ist fit in Technik, Mechanik und Betriebswirtschaft und MBA für Produktmanagement. Nachdem er zehn Jahre für ein Unternehmen die Restrukturierung von der Massen- zur Individualfertigung gemanagt hatte, kam in ihm der Wunsch auf, selbst ein Unternehmen zu leiten. „Es passte wie ein Puzzle“, blickt er heute auf 2018 zurück: Die beiden Gründer von Prototec wollten ihre Altersnachfolge regeln und den Fortbestand des Unternehmens sichern und suchten daher einen Nachfolger. Sie hatten sich dazu an die Industrie- und Handelskammer gewandt, ebenso wie Torsten Wolschendorf. Und genau zu diesem Zeitpunkt hatte der Verbund innovativer Automobilzulieferer (VIA) mit Sitz in Olpe seine neue Tochter VIA Beteiligung an den Start gebracht. Ende 2019 übernahmen die VIA Beteiligung und Torsten Wolschendorf die Firma Prototec, und Ende 2022 übernahm Wolschendorf dann 100 Prozent am Unternehmen.
Wer mit 3D-Druck das verbindet, was in Hobbykellern entsteht, wird beim Anblick der Prototec-Produkte eines besseren belehrt. Je nach Verfahren sind hier überhaupt keine Ansätze der Schichten zu erkennen, und Prototec kann exklusiv auch eine besondere, edle Schutzschicht über das fertige Produkt ziehen. Jüngst wurde das Unternehmen für seine Innovationsleistung ausgezeichnet: Prototec darf sich nun als „Top-100-Innovator“ bezeichnen. Wissenschaftsjournalist Ranga Yogeshwar überreichte in Augsburg die entsprechende Trophäe als eines der innovativsten mittelständischen Unternehmen Deutschlands.
+++ Der Unternehmenspass +++
Mitarbeiter: 7
Standort: 1
Branche: Additive Fertigung, 3D-Druck
Tarif: nein
Arbeitszeit: 40 Stunden pro Woche
Arbeitsplatz: büroähnliche Räume mit modernen 3D-Druckern in separaten Zimmern, prozesstechnisch getrennt
Benefits: flexibelste Arbeitszeitgestaltung - jeder kommt und geht, wie er will.
Weiterbildung: alle neuen Arbeitskräfte durchlaufen praktisch eine Art Ausbildung
Weitere Besonderheiten: hohe Eigenverantwortung, selbstständiges Arbeiten
Mehr Infos im Netz unter www.prototec.de