Kreis Olpe. Frauen im Kreis Olpe verzweifeln teilweise daran, einen Termin beim Frauenarzt zu bekommen. Die Nachfrage übersteigt die Kapazitäten.
Oft wählt man sich die Finger wund. Ein Anrufbeantworter ist der einzige Ansprechpartner, den man in einer Praxis für Gynäkologie an die Strippe bekommt. Unser Medizincheck hat ergeben, dass die Wartezeiten auf einen Termin beim Frauenarzt lang sind, ähnlich wie beim Psychologen oder Hautarzt, wo man als Patient am meisten Geduld haben muss.
39 Prozent der Befragten warten in der Gemeinde Finnentrop länger als acht Wochen auf einen Termin beim Gynäkologen, in der Gemeinde Kirchhundem sind es 38 Prozent. Auch 32 Prozent der Teilnehmerinnen in der Gemeinde Wenden gaben an, länger als acht Wochen auf einen Termin beim Frauenarzt zu warten.
Im Medizincheck beschweren sich etliche Teilnehmerinnen, dass man die Gynäkologie-Praxis telefonisch nicht erreicht. Oft gibt es auch einen Aufnahmestopp für Patientinnen. Offiziell gibt es hingegen eine Überversorgung von Gynäkologen im Kreis Olpe. Das teilt die Kassenärztliche Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL) auf Anfrage dieser Zeitung mit: „Die fachärztliche Versorgung wird auf Ebene der Kreise und kreisfreien Städte geplant. Im Kreis Olpe sind derzeit 13,75 Gynäkologen und Gynäkologinnen tätig (Vollzeitäquivalente). Damit beträgt der Versorgungsgrad in diesem Planungsbereich im Moment 130,0 Prozent, gemäß aktuell gültigem Beschluss des Landesausschusses der Ärzte und Krankenkassen in Westfalen-Lippe vom November 2022. Es bestehen keine weiteren Niederlassungsmöglichkeiten, weil der Versorgungsgrad über 110 Prozent liegt.“
Kritik am Bedarfsplan
„Der gemeinsame Bundesausschuss in Berlin beschließt den Bedarfsplan am grünen Tisch. Die KVWL hat überhaupt nichts damit zu tun. Der Bedarfsplan ist so was von kaputt. Der macht uns das Leben schwer“, sagt Dr. Martin Junker, Facharzt für Allgemeinmedizin in Olpe und ehrenamtlicher Leiter der Bezirksstelle Lüdenscheid der Kassenärztlichen Vereinigung. Der Bedarfsplan stamme von Ende der 90er Jahre und sei nicht angepasst worden: „Mittlerweile haben wir im Kreis Olpe eine relativ überalterte Ärzteschaft. Ich habe früher noch eine 60, 70 Stunden-Woche gemacht. Das sieht heute ganz anders aus. Heute sind 50 Prozent niedergelassene Frauen, die wollen gar nicht mehr einen Fulltimejob haben. Die sind Angestellte im MVZ und haben eine 37,5-Stunden Woche.“
Früher habe man noch übermorgen einen Vorsorgetermin beim Frauenarzt bekommen, so Dr. Junker: „Jetzt wartet man ein Jahr. Einige zerreißen sich noch, weil ihnen die Leute leidtun, aber es führt kein Weg dran vorbei: Was wichtig ist, machen wir, alles, was nicht, wird geschoben. Daraus entstehen die Wartezeiten.“
Und diese werden beim Besuch einer Gynäkologie-Praxis wohl auch künftig kaum kürzer werden. „Am Bedarfsplan führt letztlich kein Weg vorbei. Wenn der sagt, es ist zu, dann kann keine neue Zulassung gegeben werden. Das ist eine Misere, in der wir hereingeschliddert sind.“
Sehr hohe Nachfrage
Von einer sehr hohen Nachfrage berichtet Dr. Ionela Caba, Fachärztin für Frauenheilkunde und Geburtshilfe in Olpe. Teilweise gebe es einen Aufnahmestopp für neue Patientinnen: „Schwangere und Neupatientinnen, die noch keinen Frauenarzt haben, werden aufgenommen.“ Zur Frage, ob es mehr Frauenärzte im Kreis Olpe braucht, meinte Dr. Caba: „Es bräuchte auf jeden Fall mehr Frauenärzte, zum einen für die hohe Anzahl an Flüchtlingen und mittlerweile kommen sehr viele Anfragen aus dem Kreis Siegen-Wittgenstein.“
+++ Lesen Sie auch: Kreis Olpe: Caritas holt Fachkräfte aus Tunesien und Indien +++
Wie könnte das Problem gelöst werden? Dazu Dr. Ionela Caba: „Die Niederlassung als Arzt müsste attraktiver, flexibler und leistungsgerecht bezahlt werden. Kommt eine Patientin mehrmalig im Quartal, behandelt man oft kostenlos, da man nichts mehr abrechnen kann. Die Bürokratie nimmt viel zu viel Zeit in Anspruch, die für Behandlungen notwendiger wäre. Vieles muss kostenlos und zeitaufwändig dokumentiert werden, zum Beispiel die kostenlose statistische Dokumentation jeder Krebsvorsorge über zwei DIN A4 Seiten.“