Hünsborn/Kreis Olpe. Der 25-jährige Thomas Vu aus Rotterdam ist in seinem praktischen Jahr Gast der Hausarztpraxis Spieren. Ob er im Sauerland mal heimisch wird?
Thomas Vu, 25-jähriger Medizinstudent aus Rotterdam, strahlt an diesem Morgen in der Hünsborner Hausarztpraxis von Stefan Spieren & Kollegen mit der Sonne um die Wette: Und fast weckt er genau die Erwartungen, die das Austauschprogramm der Uni Siegen mit dem niederländischen Erasmus Medical Center Rotterdam hat: Medizinstudenten aus dem Ausland Appetit machen auf ein späteres Arbeitsleben als Hausarzt auf dem Lande. Am besten gleich im Sauerland, würde sich nicht nur Stefan Spieren wünschen, der als Allgemeinmediziner in Hünsborn genau weiß, wo der Schuh drückt. Leider räumt Vu ehrlicherweise ein, seine Zukunft eher in der Chirurgie zu sehen. Aber ganz ausschließen will er sein späteres Engagement im Sauerland – vermutlich aus Höflichkeit – dann doch nicht: „Vielleicht komme ich ja nach Deutschland“, lächelt er freundlich in die Runde. Um gleich zumindest ein nachvollziehbares Motiv nachzuschieben: „Hier ist es so schön ruhig“, lobte er seine vorübergehende Herberge in der Gemeinde Wenden.
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Stefan Spieren hat gleich eine ganze Reihe von Verantwortlichen eingeladen, die sich maßgeblich für das Austauschprogramm der Uni Siegen, auf dessen Grundlage der 25-Jährige in Hünsborn zu Gast ist: Dr. Veit Braun zum Beispiel, Chefarzt der Neurochirurgie am Jung-Stilling-Krankenhaus und Prodekan an der Uni Siegen unter anderem für die Digitale Gesundheitsversorgung. Als Mitorganisator des Programmes erklärt er, was dahinter steckt: „Das Erasmus Medical Center in Rotterdam gehört zu den besten Medizin-Ausbildungsstätten der Welt. Und da in den Niederlanden mehr Mediziner ausgebildet werden, als dort benötigt werden, ist diese Medizin-Schmiede ein idealer Kooperationspartner für unser Programm.“ Federführend an der Uni Siegen sei dafür die lebenswissenschaftliche Fakultät. Gerade der Kreis Olpe und der benachbarte Kreis Altenkirchen hätten sich gefreut, dass das Projekt ihre Kreise mit berücksichtige. Das Interesse des Kreises Siegen sei leider überschaubar gewesen.
Wesentlich, so Braun weiter, sei für den Erfolg des Programmes, dass die sich beteiligenden Arztpraxen der Digitalisierung nicht verschlössen.
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Ein Anspruch, den Stefan Spieren bekanntermaßen hat. Allgemeinmedizin und die Digitalisierung von Arztpraxen sind ein wesentliches Credo des Hünsborners, der plant, ein digital gesteuertes Ärztehaus in Hünsborn zu realisieren. Wie Digitalisierung in der hausärztlichen Praxis eingesetzt werde, solle auch Thomas Vu in Hünsborn erleben. Aber nicht nur das: „Der junge Mann kommt hier mit allem in Berührung, was zur täglichen Arbeit in einer Praxis für Allgemeinmedizin gehört. Und er soll hautnah erleben, wie wir hier mit unseren Patienten umgehen“, verspricht Spieren seinem neuen „Lehrling“. Vom Austauschprojekt ist Spieren auch grundsätzlich überzeugt: „Dazu sollten sich mehr Kolleginnen und Kollegen bereit erklären.“
Die Frage, warum er so gut deutsch spreche, konnte der in Delft geborene künftige Arzt leicht aufklären: „Teile meiner Familie leben in Deutschland.“ Vermutlich gehört aber auch sprachliches Talent dazu. Denn Vu erwähnt so ganz nebenbei, dass er neben Deutsch und Niederländisch seine Heimatsprache und natürlich Englisch spreche.
Studium in Deutschland kostet 250.000 Euro
Chefarzt und Uni-Prodekan Veit Braun hob hervor, dass sich im Rahmen des Uni-Austausches weitere Gast-Studenten in den Kreisen Olpe und Altenkirchen vorstellen würden: „Schon im Herbst erwarten wir erneut zwei Studenten des Erasmus Medical Center hier bei uns." Als Grund, warum angesichts des regionalen, aber auch nationalen Ärztemangels nicht deutlich mehr junge Menschen an den Universitäten in Deutschland ausgebildet würden, nennt Braun den erheblichen finanziellen Aufwand: „Ein komplettes Medizinstudium kostet hierzulande rund 250.000 Euro.“ NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann habe die Unis zwar aufgefordert, umgehend 50 Plätze mehr für Medizinstudenten zur Verfügung zu stellen, das sei aber nicht so ohne weiteres umsetzbar: „Dafür müssen dann auch die Kapazitäten geschaffen werden.“ Andernfalls drängten sich, um nur ein Beispiel zu nennen, lediglich noch ein paar Studenten mehr um den Pathologentisch und hätten in der hinteren Reihe Mühe, dem ausbildenden Mediziner folgen zu können.