Drolshagen. Milch für Kinder in den Schulen war mal selbstverständlich. Heute fehlen nicht nur Lieferanten. Schulen und Kitas im Kreis Olpe klagen ihr Leid.

Das Schulmilchangebot ist eingebrochen. Für viele Bildungseinrichtungen in NRW ist ein Bezug von Milch nicht mehr möglich. Die Gründe dafür sind vielschichtig. Fehlende Lieferanten und Vertriebswege – so hat FrieslandCampina das Geschäftsfeld aufgegeben – gehören ebenso dazu wie strukturelle Änderung. 2018 wurde das Schulmilchprogramm mit dem Schulobstprogramm zusammengelegt. Vertreter der Landesvereinigung der Milchwirtschaft NRW, Akteure aus Politik auf Bundes- und Landesebene, aus hiesigen Schulen und Kindergärten trafen sich nun in der Drolshagener Hofmolkerei „Volle Kanne“, um an einem runden Tisch darüber zu sprechen, wie man der Entwicklung entgegenwirken kann.

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Petra Schmidt, Rektorin der Gräfin-Sayn-Grundschule in Drolshagen, kann sich noch gut erinnern: In ihrer Schulzeit am Sankt-Franziskus-Gymnasium in Olpe war Schulmilch selbstverständlich. „Eine der Schwestern machte morgens sogar Kakao warm“, erzählt sie. Gerne würde sie in ihrer Schule auch Milch anbieten. Das Problem ist die Gebindegröße von einem Liter. „Wie viel Trinkgläser bei 500 Kindern jeden Morgen umfallen würden, kann man sich vorstellen. Für uns wäre die Größe von Sahnebechern perfekt.“

Auch Ruth Schulte vom Kindergarten Panama in Bamenohl wünscht sich weiterhin Milch für ihre Kinder. Momentan holt eine Mutter die Milch von einem Bioladen in Plettenberg. „Das ist auf Dauer keine Lösung. Aber wir finden keinen Lieferanten.“

Im Rahmen der Gesprächsrunde
Im Rahmen der Gesprächsrunde "Der runde Tisch für Milch in Schule und Kita – Wie kommen Nachfrage und Angebot besser zusammen?" der Landesvereinigung der Milchwirtschaft NRW e.V. gab es nun ein Treffen bei der Hofmolkerei „Volle Kanne“ in Drolshagen. © Landesvereinigung der Milchwirtschaft NRW e.V. | Frank Maurer

Dass gerade Nordrhein-Westfalen als verbraucherstärkstes Land mit einer Vielzahl von Bildungseinrichtungen und einer langen Schulmilch-Tradition eine besondere Verantwortung zukommt, betonte Frank Maurer, stellvertretender Geschäftsführer der LV Milch NRW. Mit Blick auf Nachhaltigkeitsthemen sei es wichtig, den Austausch zwischen Stadt und Land zu fördern, Ansätze und Lösungen aus der Region zu suchen und damit den ländlichen Raum zu stärken. Darüber hinaus würde eine unkomplizierte, unbürokratische und langfristig angelegte Milchlieferung von Bildungseinrichtungen dazu beitragen, Kinder flächendeckend mit wichtigen Nährstoffen im Rahmen der Pausenverpflegung zu versorgen.

Von den insgesamt 2700 Grundschulen in NRW nehmen heute nur noch 100 Schulen im Schulmilchprogramm teil. Vor zehn Jahren sah das noch völlig anders aus. Von dem Begriff „Schulmilch“ könne man eigentlich gar nicht mehr sprechen, so Maurer. „Milch wieder in die Schulen zu bringen, ist wichtig“, unterstrich auch Hans Stöcker, Vorsitzender der LV Milch NRW, und freute sich darüber, „mit ‚Volle Kanne‘ seit langem mal wieder die Neugründung einer Molkerei zu haben, die im Zusammenspiel von Produktion, Weiterverarbeitung und Vertrieb etwas auf die Beine stellen will. Diese Hofmolkerei ist der beste Hintergrund, das Thema deutlich zu machen und darüber zu sprechen, wie wir auf neuen Wegen gute regionale Produkte zu den Kindern bekommen.“

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Antrag als Zulieferbetrieb für das Schulmilchprogramm

2022 wurde die Molkerei „Volle Kanne“ der Familien Alterauge und Engels/Bieker sowie der Familie Dornseifer als Handels- und Logistikpartner fertiggestellt. „Volle Kanne“ verarbeitet ausschließlich Milch von den rund 200 betriebseigenen Kühen, die – ganz im Sinne der Nachhaltigkeit – unweit der Produktionsanlage in großzügigen Laufställen stehen. Die Molkerei bietet fast alles, was man aus Milch machen kann: Joghurt, Sahne und demnächst auch Frischkäse und Speisequark. Zudem läuft bereits der Antrag als Zulieferbetrieb für das Schulmilchprogramm. „Bei Genehmigung könnten wir das relativ schnell umsetzen. Zumindest für die Kindergärten. Für die Schulen müssen wir sehen, wie das mit den Gebindegrößen ist und wie viele Schulen Interesse hätten, damit es sich wirtschaftlich für uns rechnet“, so Anna Bieker.

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Hildegard Hansmann-Machula, gerade frisch in das Präsidium des Westfälisch-Lippischen Landfrauenverbandes gewählt und Fachfrau im Schulmilchteam NRW: „Ich bin total enttäuscht. Seit 23 Jahren bin ich in Sachen Schulmilch unterwegs. Heute steckt hier meine Hoffnung drin.“ Viel sei in der Vergangenheit über übergewichtige Kinder und süße Milch geredet worden. Abgesehen davon, dass gute Milch sehr gesund sei, gebe es heute sehr viele Kinder, die hungrig und ohne Frühstück in die Schule kämen.

„Ich würde mich freuen, wenn wir Schulmilch wieder zurückführen könnten. Und ich freue mich noch mehr, wenn das mit regionalen Produkten gelingt. Das zeichnet diesen Betrieb hier aus und darauf ist unsere Stadt stolz“, so Bürgermeister Ulrich Berghof.