Olpe/Siegen. Der Vorfall in einer Obdachlosenunterkunft in Olpe endete fast tödlich. Jetzt muss sich der 49-jährige Angeklagte vor Gericht verantworten.

Knapp eine Woche nach dem Urteil im Messerstecher-Prozess beim Olper Schützenfest geht es im Siegener Schwurgericht erneut um eine Messerstecherei in der Kreisstadt Olpe. Wegen versuchten Totschlags steht ein 49-Jähriger seit Dienstag vor Gericht. Laut Anklage soll er am 15. Oktober 2022 um 18.15 Uhr in der städtischen Obdachlosenunterkunft im Stachelauer Weg zwei Männer mehrfach gestochen haben. Ein 45-Jähriger wurde dabei lebensgefährlich verletzt und konnte nur durch eine Not-Op im Olper Krankenhaus gerettet werden. „Er wollte ihn töten“, so Staatsanwalt Rainer Hoppmann.

Mit einer acht Zentimeter langen Klinge habe der 49-Jährige im Rippenbereich zugestochen, so die Anklage. Als der 45-Jährige zurück in sein Zimmer ging, habe sich der Angeklagte auf ihn gestürzt und ihm einen weiteren Stich versetzt. Der Angeklagte habe sich dann am Boden auf den 45-Jährigen gesetzt: „Er wollte weiter auf ihn einstechen. Ein anderer Zeuge hat ihn heruntergezogen“, sagte Hoppmann. Dabei handelte es sich um einen Mitbewohner (33), den der Angeklagte ebenfalls gestochen haben soll.

Unberechenbar und brutal

Verteidiger Marcel Tomczak gab eine Erklärung für den Angeklagten ab. Dieser sei an dem Abend vom Einkaufen in die Unterkunft zurückgekehrt und habe Kartoffeln geschält. Dann habe ihm der 45-Jährige plötzlich mit voller Wucht vor den Kopf geschlagen. Der Angeklagte habe ein Messer genommen. „Er sagt, dass er große Angst hatte, dass ihn der Mann tötet. Er sei ihm körperlich unterlegen. Der Mann sei zwei Meter groß und Kampfsportler. Schon früher habe er ihn mehrfach gegen den Kopf geschlagen. Jeder in der Unterkunft habe Angst vor ihm. Er sei unberechenbar und brutal. Er sagt, dass er ihn nicht töten, sondern sich nur verteidigen wollte“, so Tomczak.

Verteidiger Marcel Tomczak (rechts) mit dem Dolmetscher (links) und dem Angeklagten am Dienstag beim Prozessauftakt vor dem Siegener Schwurgericht.
Verteidiger Marcel Tomczak (rechts) mit dem Dolmetscher (links) und dem Angeklagten am Dienstag beim Prozessauftakt vor dem Siegener Schwurgericht. © WP | Roland Vossel

Die Vernehmung des Angeklagten bei der Polizei wurde per Video im Gerichtssaal abgespielt. Auch dort hatte er gesagt, dass ihn der 45-Jährige früher mehrfach grundlos geschlagen habe. Auch am 15. Oktober habe er mehrfach Schläge von dem Mann bekommen: „Ich war wütend, weil er mich geschlagen hat und habe mit dem Messer gestochen. Dieser Mann hat keinen Respekt vor uns. Ich wollte ihn nicht töten, aber schwer verletzen“, sagte der Angeklagte.

Auch ein Mitbewohner (42) in der Olper Unterkunft beschrieb den 45-Jährigen als tickende Zeitbombe: „Es hat seinen Grund, dass das jetzt passiert ist. Den habe ich kennengelernt, als er meine Tür eingeschlagen hat. Wenn er betrunken ist, haut der einem nur auf die Fresse. Wir hatten die Hoffnung, dass es besser würde, als er aus dem Krankenhaus kam, doch es hat sich nichts geändert. Erst gestern hat er wieder übelst rumgeschlagen.“ Der 45-Jährige gehe immer auf denjenigen los, den er gerade mit irgendeiner Situation in Verbindung bringe: „Dann rastet er aus. Sein Lieblingsspiel ist, die Leute zu verängstigen. Er hat mich auch schon als Boxsack benutzt, weil ihm die Musik zu laut war. Er ist schon auf alles losgegangen, hat auch schon Besucher blau geschlagen. Es wird aber nichts gemacht. Das Ordnungsamt tut nichts.“ Der Angeklagte sei hingegen alles anderes als gewalttätig: „Er ist eine gute Seele. Er hat ein gutes Herz.“

Fortsetzung am 6. April

Der 45-Jährige wollte jedoch von Gewaltausbrüchen nichts wissen. Er sei gestochen worden und das Opfer, betonte er in Richtung der Richterbank: „Ich habe ihn kein einziges Mal angerührt.“ Er habe damals nur Wasser im Zimmer des Angeklagten holen wollen: „Als ich mich umdrehte, habe ich ein Stechen gespürt.“ Er habe viel Blut verloren: „Es geht mir heute noch schlecht, einige Finger funktionieren nicht mehr.“

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Der 33-Jährige, der dazwischen gegangen war, sagte, dass er sich mit dem Angeklagten immer gut verstanden habe: „Wir wohnen hier 14 Jahre zusammen. Er ist noch nie gewalttätig geworden.“ Ganz im Gegenteil zu dem 45-Jährigen: „Wenn er besoffen ist, ist er aggressiv und schlägt zu. Da springt dann locker ein Veilchen bei raus.“

Der Prozess wird am 6. April fortgesetzt.