Lennestadt/Kreis Olpe. Nachhaltiger Urlaub wird immer beliebter. Der Tourismus-Verband im Sauerland will darauf reagieren. Der Fahrplan steht schon fest.
Neue Trends im Fahrwasser von Klima- und Umweltschutz gehen auch am Tourismus nicht vorbei. Die heimischen Experten sind überzeugt: Die Zukunft des Tourismus ist nachhaltig – besonders in einer Region, die mit der unberührten Natur als Markenzeichen wirbt. Sauerland-Tourismus und Touristikverband Siegerland-Wittgenstein wollen sich und die ihre Destinationen deshalb als „Nachhaltige Reiseziele“ zertifizieren lassen. Der Startschuss zu diesem Prozess wurde diese Woche in Lennestadt abgefeuert. Ziel ist, das renommierte Siegel „TourCert” zu erreichen und Vorreiter in NRW zu werden.
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Die Anzahl der Erholungsgäste, für die Nachhaltigkeit bei der Buchung ein entscheidendes Argument ist, sei allein in den letzten zwei Jahren um 25 Prozent angestiegen, sagt Dr. Jürgen Fischbach, Geschäftsführer des Sauerland-Tourismus. Fast alle großen Buchungsportale pochten heute schon darauf, dass das Thema Nachhaltigkeit in den Unterkunftsbeschreibungen Berücksichtigung finde. „Wenn wir unsere Qualität halten wollen, müssen wir uns mit dem Thema auseinandersetzen“, sagt Monika Dombrowsky, Geschäftsführerin des Touristikverbands Siegerland-Wittgenstein.
Fünf Stunden lang steckten Tourismus-Manager, Gastronomen, Beherbergungsbetriebe etc. am Donnerstag im Hotel Schweinsberg in Langenei die Köpfe zusammen. Erste Bilanz: Vieles ist schon da oder auf dem Weg. Denn schon lange orientieren sich Sauer- und Siegerland mit ihren Angeboten und Produkten an nachhaltigen Maßstäben. Das wurde in mehreren Impulsreferaten deutlich. Aus dem Kreis Olpe referierten Jürgen Laarmann, Ex-Hotelier und selbstständiger Gastronom, heute Betriebsleiter des HotelFünf10 in Netphen-Deuz, das erste Inklusionshotel in der Region. Acht Menschen mit und 19 ohne Behinderung arbeiten dort Hand in Hand gleichberechtigt zusammen. „Wenn man morgens zur Arbeit kommt und das Strahlen in den Augen sieht und diese Energie spürt, dann macht es einfach Spaß“, so Jürgen Laarmann. Nicole Keseberg und Aleksander Farkas von der Personenschifffahrt Biggesee berichteten vom Umstieg ihrer Flotte auf Elektromotoren.
Die Wisent-Hütte in Bad Berleburg könnte auch im Kreis Olpe Nachahmer finden. Die Hütte ist weder an das Strom-, noch an das allgemeine Wasserversorgungsnetz angeschlossen. Es gibt ein Blockheizkraftwerk, eine Photovoltaikanlage, zwei gebohrte Brunnen und eine Biokläranlage. Die komplette Küche wird mit Flüssiggas betrieben. „Sogar die Kaffeemaschine haben wir umgerüstet“, so Thomas Decker. Für potenzielle Strom-Ausfälle gibt es große Batterien und „ansonsten sind wir ja eine Erlebnisgastronomie, da ist das schon mal so, dass man keinen Strom hat. Das kriegen wir gut verkauft!“
Aber es müssen nicht immer große Investitionen sein, um den Pfad der Nachhaltigkeit zu betreten. Allein schon, die Kommunikation konsequent zu digitalisieren und tausende Blätter Druckpapier samt Tinte einzusparen, ist nachhaltig. „Es geht darum, unseren Gästen eine ganzheitliche Erholung in einer authentischen Region zu bieten, deren sämtliche Ressourcen wir so verträglich nutzen, dass auch die Einheimischen hier gern leben und ihr Einkommen – auch in der Tourismusbranche – dauerhaft sichern können“, ergänzt Dr. Jürgen Fischbach, Geschäftsführer des Sauerland-Tourismus und betont den Wertschöpfungsgedanken.
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Wie geht es nun nach dem Kick-Off weiter? Nächster Schritt soll eine Bestandsanalyse sein. „Dabei werden wir genau unter die Lupe nehmen: Wo stehen wir als Verbände und als Regionen, welche Aufgabenfelder können und müssen wir priorisieren und wie können wir uns ständig verbessern. „Dann geht es darum, die Orte, die Tourismus-Informationen, also die Organisationen vor Ort und die Leistungsträger einzubinden“, so Fischbach. Um den Prozess zu steuern, haben die beiden Regionen als Nachhaltigkeitsbeauftragten Jule Kampen (Siegen-Wittgenstein) und Anna Galon (Sauerland) berufen. Im Rahmen des Zertifizierungsprozesses werden die beiden Regionen einen Nachhaltigkeitsbeirat gründen, der sich regelmäßig mit strategischen Themen befassen soll, sowie Partnerbetriebe in der Hotellerie, Gastronomie und im Freizeitwesen für eine Zertifizierung werben. Die Umstellung aller Prozesse auf Nachhaltigkeit kostet Geld. Für Jürgen Fischbach ist dies eine Investition in die Zukunft. Monika Dombrowsky ist überzeugt, dass der Gast die Anstrengungen zu mehr Nachhaltigkeit honorieren wird. In Zukunft werde es eine öffentliche Förderung nur noch für nachhaltige Projekte geben.