Lennestadt. Die Prange-Gruppe öffnet in Plettenberg ein neues Facharztzentrum. Das Modell würde auch in Lennestadt passen.

Ist das neue Hausarztzentrum (HAZ) in Grevenbrück die Vorlage, um auch die Facharztsituation in Lennestadt zu verbessern? Gut möglich, wenn die Prognosen wahr würden, die am Mittwochabend in der Sitzung des Stadtrates geäußert wurden. „In Plettenberg werden wir in den nächsten Monaten mit einem Facharztzentrum an den Start gehen“, erklärte Moritz Marl, Geschäftsführer der Prange Gruppe. Die Prange Gruppe wird über eine Tochtergesellschaft auch das geplante HAZ in Lennestadt betreiben und hat dieses Modell mit angestellten Ärzten in Plettenberg schon ab 2020 erfolgreich umgesetzt. Dort war das HAZ zunächst mit zwei Allgemeinmedizinern gestartet, heute praktizieren dort bereits vier Hausärzte und ein Kardiologe an drei Standorten. Und da das Modell Plettenberg als kopierfähiges Vorbild für Lennestadt gilt, sei der Aufbau eines Facharztzentrums auch in Lennestadt durchaus realistisch, so Prange.

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Bürgermeister Tobias Puspas glaubt, dass es für eine Kinderärztin oder einen Kinderarzt attraktiv wäre, in das neue Hausarztzentrum einzusteigen und hier im Team mit den erfahrenen Ärzten unter einem Dach zu arbeiten. Ein Facharzt für Kinder und Jugendliche wird im Ostkreis seit Jahren dringend gesucht. „Das HAZ ist eine große Chance“, so Puspas. Um den Standort auch optisch attraktiver zu machen, sollte der Bahnhofsplatz mit dem alten Busbahnhof auch städtebaulich aufgewertet werden, regte Puspas an.

In der allgemeinen Euphorie über das neue HAZ ab Ende 2023 kann er sich der Zustimmung der Politik dafür derzeit sicher sein. Sprecher aller Fraktionen lobten die Entwicklung und dankten vor allem dem Vorstand von Grevenbrück Aktiv für dessen Initiative. „Die hausärztliche Unterversorgung ist bei uns schon eingetreten“, sagte Hans-Gerd Mummel (CDU), auch wenn das noch nicht aus der Statistik der Kassenärztlichen Vereinigung hervorgehe. Der Standort am Bahnhof Grevenbrück sei optimal und das neue Gebäude mit dem HAZ werde den Bereich aufwerten Der Gewinn werde größer sein als die Investition der Stadt. Der Stadtrat bewilligte am Mittwoch einstimmig einen Zuschuss in Höhe von 387.000 Euro für den Praxisausbau.

Das sagt die Politik

Auch für Heinz Vollmer (SPD) ist die Investition aus dem Steuersäckel kein Problem. „400.000 Euro für die hausärztliche Versorgung ist noch wenig Geld.“ Sicherlich wecke man damit Erwartungen auch in anderen Tälern der Stadt. „Auch die werden wir erfüllen“, so Vollmer. Er betonte, das das neue HAZ keine Konkurrenz zu bestehenden Praxen sei, sondern ein Zusatzangebot. „Wir begrüßen jeden, der eine Hausarztpraxis aufmacht oder übernimmt.“ Der Dank gelte den drei HAZ-Ärzten, „die das Risiko eingehen und ihre Selbstständigkeit aufgeben“.

Im Erdgeschoss des neuen Gebäudes am früheren Standort
Im Erdgeschoss des neuen Gebäudes am früheren Standort "Alte Post", direkt am Bahnhofsplatz in Grevenbrück, soll das Hausarztzentrum eingerichtet werden.  © Volker Eberts | Volker Eberts

Auch die Grünen stehen hinter dem Projekt, hatten einige Fragen zur Finanzierung. Der städtische Zuschuss soll aus dem Budgetbereich Tiefbau/Wasserbau finanziert werden, dafür sollen Tiefbaumaßnahmen, die die Stadtwerke in diesem Jahr auch wegen Personalmangels nicht umsetzen können, zum Beispiel der Endausbau im Baugebiet Borger Holz in Sporke, ins nächste Jahr geschoben werden. Ansonsten, so Puspas, müsse die Stadt aus haushaltsrechtlichen Gründen einen Nachtragshaushalt aufstellen. Kerstin Bauer (UWG) begrüßte das HAZ ebenfalls, dachte aber auch an die Patientinnen und Patienten im oberen Veischedetal, also Bilstein und Kirchveischede, die durch den Eintritt von Dr. Umlauf in das HAZ ihre einzige Hausarztpraxis vor Ort verlieren werden.

Seitenhieb in Richtung Kreis Olpe

Maximilian Ellinger (SPD) wollte sich einen Seitenhieb Richtung Kreis Olpe nicht verkneifen: Für ihn seien die Vorsitzenden von Grevenbrück Aktiv, Stefan Schauerte und Jürgen Dolle, „echte Kümmerer“. „Wenn man sich vor Ort kümmert und nicht nur den Kreis sich kümmern lässt, dann klappt es auch.“ Vollmer fragte nach, ob die finanzielle Beteiligung der Stadt an der beim Kreis angesiedelten „Servicestelle für Ärztinnen und Ärzte zur Sicherung der medizinischen Versorgung im Kreis Olpe“ überhaupt noch nötig sei. Bürgermeister Puspas wies den Vorstoß zurück: „Wir haben mit dem HAZ noch lange nicht die medizinische Versorgung im Kreis Olpe gesichert.“ Frau Röcher habe noch viel zu tun und mache einen guten Job. Das Geld sei gut angelegt.