Olpe/Siegen. Der Staatsanwalt überreicht dem Gericht Unterlagen. Auch Telefonate zwischen dem Angeklagten aus Olpe und seinem Begleiter spielen eine Rolle.

Überraschend hatte der Freund des Angeklagten am 30. Januar vor dem Siegener Schwurgericht gesagt, dass er im vergangenen Jahr beim Olper Schützenfest mit einem Messer zugestochen habe. Ob das stimmt, ist allerdings derzeit noch unklar. Auch Staatsanwalt Rainer Hoppmann hat da offenbar Zweifel. Zu Beginn des dritten Verhandlungstages am Donnerstag im Landgericht Siegen überreichte er der Kammer einige Schriftstücke, die auf ein falsches Geständnis des jungen Mannes aus Lennestadt hindeuten könnten.

Zum einen handelt es sich um einen Bericht der Jugendgerichtshilfe vom 1. Februar über den plötzlich geständigen 19-Jährigen. „Daraus könnte sich ergeben, dass er nicht die Wahrheit gesagt hat“, so Hoppmann. Auch hätte es einen regen Telefonkontakt zwischen dem Angeklagten und seinem Freund gegeben, was auf Absprachen zwischen den beiden hindeuten könnte. So gibt es zwischen 16. September 2022 und 6. Februar etliche Einzelverbindungsnachweise des Angeklagten aus der Jugendvollzugsanstalt Wuppertal-Ronsdorf mit dem Lennestädter. Außerdem ist der Freund des Angeklagten bereits früher wegen falscher uneidlicher Aussage verurteilt worden, teilte Staatsanwalt Hoppmann mit.

Betäubungsmittel gefunden

Laut Anklage soll der 18-Jährige am 17. Juli 2022 um 1.35 Uhr in der Schützenstraße zunächst einen Olper (29) zweimal mit einem Messer in den Rücken gestochen haben. Danach soll er einem Wendener (29) fünfmal in den Bauch gestochen haben, wobei ein Stich die Leber traf. Durch das beherzte Eingreifen einer Krankenschwester und eine Not-Op konnte er gerettet werden.

Am 27. Juli 2022 sei das Elternhaus des Angeklagten in Olpe durchsucht worden, so eine Polizeibeamtin: „Das Zimmer des Angeklagten war so unaufgeräumt, dass es nur eine kleine Trittfläche gab. Wir haben ein Druckverschlusstütchen und eine Tupperdose mit Betäubungsmitteln sichergestellt. Ein entsprechendes Verfahren ist eingeleitet worden.“ Nach Zeugenaussagen waren die Ermittler nach den Messerstichen auf den Olper gekommen. Bei der Durchsuchung nahmen sie ihn fest. „Er hat nichts gesagt“, so die Kommissarin.

Die Beamtin hatte einige Tage nach der Tat dem Opfer aus Wenden im Krankenhaus Lichtbilder vorgelegt. Darauf habe er den Angeklagten als Täter identifiziert. Auch vor Gericht hatte der Wendener gesagt, dass der Angeklagte auf ihm gesessen und zugestochen habe.

Dase er die schreckliche Tat überlebt hat, verdankt er einem 29-Jährigen aus Rhode. Er ging damals mit seiner Freundin die Schützenstraße hinab, als er plötzlich die Attacke bemerkte. Er war zunächst von Schlägen ausgegangen: „Der Junge lag da wehrlos auf dem Boden. Der Täter kniete über ihm und machte einfach weiter. Ich habe gedacht: Es kann doch nicht sein, dass jemand so auf einen Wehrlosen einschlägt. Einer schrie dann: Achtung, da ist ein Messer.“

Der Rhoder packte den Täter, zog ihn von dem Opfer und schleuderte ihn weg. „Der ist rückwärts auf den Bürgersteig gefallen. Er guckte mich mit großen Augen an. Dann kam ein anderer und schrie: Weg hier“, berichtete der 29-Jährige, der das Duo noch ein Stück verfolgt hatte. Identifizieren kann er den Messerstecher nicht: „Es war ein junger Mann, aber ich habe es nicht geschafft, sein Gesicht wiederzuerkennen.“

Zwei Lebensretter

Wenn er nicht gekommen wäre, hätte der Täter definitiv weitergemacht, meinte der Rhoder. „Das war knapp. Sie haben ihm wohl das Leben gerettet. Das war sehr viel Zivilcourage. Da muss man den Hut vor ziehen“, lobte die Vorsitzende Richterin Sabine Metz-Horst den mutigen Einsatz des 29-Jährigen. Dieser berichtete, dass vor ein paar Monaten sein wehrloser Vetter verprügelt worden sei: „Deshalb bin ich da auch so eingeschritten. Mich hat allerdings gewundert, dass in der Schützenstraße kein anderer eingegriffen hat. Da waren ja mehrere Leute und keiner machte was.“

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Mit seiner Freundin war ein Hilchenbacher (28) damals vom Ümmerich die Schützenstraße heruntergegangen: „Da war überall Blut. Meine Freundin ist Krankenschwester. Sie hat Erste Hilfe geleistet.“ Sie und der Rhoder waren die Lebensretter des Wendeners.

Der Prozess wird am 24. Februar fortgesetzt.