Kirchhundem. Die Rechtsprechung für Windkraftanlagen hat sich gedreht. Was das für die Gemeinde bedeutet.
Mit einer Gedenkminute für den verstorbenen Ratsherrn Gerhard Stamm (UK) begann am Mittwochabend die erste Sitzung der Ausschusses für Bauen, Umwelt und Gemeindeentwicklung in diesem Jahr. Vorsitzender Peter Meyer (CDU) würdigte Stamm als einen „beitragsstarken Diskussionspartner“ und als „streitbares Mitglied“ des Ausschusses. Höchstwahrscheinlich hätte sich der langjährige Gemeindevertreter einen Kommentar für die Entwicklung beim Thema „Windkraftplanung“ nicht verkniffen. Neu ist: Die seit 1999 bestehende Vorrangzone für Windkraftanlagen bei Rahrbach ist wohl unwirksam und gilt nicht mehr als sogenanntes Ausschlusskriterium für den Bau von Windrädern außerhalb der Zone. Damit ist aus Sicht der Gemeinde die letzte „Sperrmauer“ gegen eine Flut von Bauanträgen für Windräder gefallen.
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Genehmigungsbehörde für Windräder nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz ist nicht die Gemeinde, sondern der Kreis Olpe. Aber die Gemeinde konnte bisher durch das Versagen des sogenannten Einvernehmens die Genehmigung solcher Anlagen außerhalb der Vorrangzone blockieren, verzögern oder ganz verhindern, weil die Vorrangzone eine sogenannte „Ausschlusswirkung“ für das übrige Gemeindegebiet hatte. Von der Möglichkeit, Bauanträge auszuhebeln, hatte die Gemeinde in den letzten Jahren auch durchweg Gebrauch gemacht. Dies ist ein Grund dafür, warum sich auf den begehrten Höhenrücken in der Waldgemeinde bisher kaum Windräder drehen.
Doch das könnte sich bald ändern, denn die Rechtsauffassung des Bundesverwaltungsgerichts hat sich gedreht. Demnach ist die Ausweisung der Vorrangzone im Flächennutzungsplan aufgrund von Mängeln in der damaligen Öffentlichen Bekanntmachung vor 24 Jahren unwirksam und der Fehler sei auch nicht mehr zu heilen. Das bedeutet: „Folglich kann das gemeindliche Einvernehmen hinsichtlich der Errichtung von Windenergieanlagen außerhalb unserer Konzentrationszone bei Rahrbach nicht mehr versagt werden“, spricht die Verwaltung Klartext.
Dass das Bollwerk „Vorrangzone“ mehr und mehr brüchig werden würde, seitdem der Bund den Windkraftausbau zum privilegierten Staatsziel erklärt hatte, war absehbar. Im Oktober letzten Jahres schon hatte der Gemeinderat auf Antrag CDU-Fraktion seinen Beschluss aus dem November 2020, das Einvernehmen für den Bürgerwindpark RothaarWind II bei Heinsberg mit zehn geplanten Windenergieanlagen (Nennleistung von jeweils 3.500 kW, Nabenhöhen von 110 bis 130 Meter) zu versagen und den Bauantrag zurückzustellen, aufgehoben. Damals hatte der Bürgermeister eine Beanstandung der Aufhebung angekündigt, die aber er jetzt hinfällig ist.
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Die neue Rechtslage sei „kein Freifahrtsschein für neue Bauanträge“ betonte der Bürgermeister in der Sitzung. Jeder Antrag werde genau und im Detail geprüft, so Jarosz. Die Bedenken der Gemeinde sollen dann in die Entscheidung des Kreises einfließen. Grundsätzlich könnte die Gemeinde auch weiterhin das Einvernehmen versagen, „aber der Kreis kann das Einvernehmen dann ersetzen“, so Jarosz.
Im Moment gibt es in Kirchhundem Bauanträge für 15 Windräder, zehn bei Heinsberg und fünf weitere auf der Höhe zwischen Albaum und Brachthausen. „Trotz der aktuellen Entwicklung ist es noch relativ ruhig, aber ich gehe davon, aus, dass sich jetzt bald einiges regen wird“, so der Bürgermeister.