Olpe/Siegen. Am zweiten Tag im Prozess wegen der Messerstiche beim Olper Schützenfest gibt es eine Überraschung. Die Folgen für die Opfer sind schlimm.

Seit fast einem halben Jahr sitzt ein 18-Jähriger wegen der Messerstecherei beim Olper Schützenfest in Untersuchungshaft. Laut Anklage soll er am 17. Juli 2022 nachts um 1.35 Uhr zwei 29-Jährige in der Schützenstraße mit einem Messer gestochen haben, wobei einer lebensgefährlich verletzt wurde. Von Beginn an stritt der junge Olper die Tat ab. Am zweiten Verhandlungstag vor dem Siegener Schwurgericht sorgte Verteidiger Martin Kretschmer dann am Montag für eine faustdicke Überraschung. Nicht der Angeklagte, sondern sein Freund, der ihn auf dem Weg vom Ümmerich in die Stadt begleitet hatte, habe zugestochen. „Mein Mandant hat mir damals gesagt: Ich war das nicht, ich weiß aber, wer das war. Ich werde aber keinen Namen nennen, das war ein Freund von mir“, berichtete Kretschmer.

Der Angeklagte habe gehofft, dass sich sein Freund, ein 19-Jähriger aus Lennestadt, bei der Polizei stellt. „Ich habe ihm dann gesagt, er solle sich das gut überlegen und dass es bei dem Delikt nicht um ein paar Sozialstunden geht. Später hat er mit dann den Namen und die Handynummer des Freundes gesagt.“ In einem Telefonat habe der Lennestädter ihm gesagt, dass er bereit wäre zu sagen, dass er der Messerstecher gewesen sei. Der Angeklagte räumte ein, dass er nach Konsum von Alkohol und Kokain unter der Vogelstange auf dem Ümmerich nach dem zunächst verbalen Zoff auch selber geschlagen und getreten habe. Ein Messer habe er an jenem Schützenfest-Sonntag aber nicht dabeigehabt.

Vor Gericht legte der Lennestädter dann tatsächlich ein Geständnis ab. Er sei in der Schützenstraße geschlagen und getreten worden: „Ich wurde von allen Seiten angegriffen. Die hörten nicht auf zu schlagen. Dann habe ich aus dem Affekt das Messer aus meiner Jacke geholt. Das war eine Verteidigungssituation.“ Bei der Tatwaffe habe es sich um ein Küchenmesser gehandelt, das er später mit einem Bolzenschneider zerschnitten habe.

Schlimme Folgen für die Opfer

Zur Frage der Vorsitzenden Richterin, Sabine Metz-Horst, warum er denn mit einem Messer zum Olper Schützenfest gegangen sei, meinte er: „Ich hatte das dabei, weil ich gedacht habe, dass da viele Betrunkene sind. Ich bin schon einmal in Olpe zusammengeschlagen worden.“ Bei der Vernehmung im August habe er große Angst gehabt und nichts von den Messerstichen gesagt, so der 19-Jährige: „Ich war der ausschlaggebende Grund, dass er in Haft sitzt. Ich wollte ihn entlasten und dass die Wahrheit herauskommt.“ Wie Staatsanwalt Rainer Hoppmann auf Anfrage dieser Redaktion mitteilte, wird er zunächst noch abwarten, welche Maßnahmen er gegen den geständigen 19-Jährigen ergreift.

Ganz schlimm sind die Folgen der Tat für die beiden Opfer. „Das hat psychisch Spuren hinterlassen. Ich habe eine Traumatherapie gemacht. Das hätte tödlich ausgehen können. Wir haben viel Glück gehabt“, sagte der 29-jährige Olper, der zunächst zwei Messerstiche in den Rücken bekommen hatte. Er habe die Einstiche erst nicht gespürt und sei hinunter zu dem 29-jährigen Wendener gegangen, mit dem er gemeinsam auf dem Schützenfest war: „Der Angeklagte hat mehrfach auf ihn eingestochen. Ich habe Stichbewegungen gesehen.“

Noch immer traumatisiert von den Ereignissen zeigte sich auch das Opfer aus Wenden im Gerichtssaal. Laut Anklage erhielt er mindestens fünf Messerstiche und schwebte in Lebensgefahr. Nur das beherzte Eingreifen einer zufällig anwesenden Krankenschwester und eine Not-Op retteten ihm das Leben. „Ich habe gedacht, wenn ich jetzt nicht Hilfe bekomme, werde ich verbluten. Das war völlig grundlos, wegen nichts“, schüttelte er fassungslos den Kopf.

Fortsetzung am 16. Februar

Der Angeklagte und sein Begleiter seien in der Schützenstraße auf ihn zugelaufen: „Ich habe einen Schlag von der Seite bekommen. Ich habe gesehen, wie der Angeklagte das Messer aus der Tasche gezogen hat. Ich habe gerufen: Der hat ein Messer. Er hat mich zu Boden gerissen, saß auf mir und hat auf mich eingestochen.“ Zur Frage von Richterin Metz-Horst, ob es wirklich der Angeklagte gewesen sei, sagte er: „Ich habe ihm mehrere Sekunden ins Gesicht gesehen. Definitiv, es gibt keinen Zweifel, dass er es war.“

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Dreimal sei er in den Brustbereich und viermal in den Rücken gestochen worden: „Ich hatte keine Chance mich zu wehren, weil er auf mir saß.“ Seine komplette Lunge sei kollabiert, er sei mehrfach operiert worden. 25 Tage war er im Krankenhaus, davon eine Woche auf der Intensivstation. „Wenn ich ins Bett gehe, ist das ständig präsent. Bis heute kann ich noch nicht wieder arbeiten.“

Der Prozess wird am 16. Februar fortgesetzt.