Kessenhammer/Howald. Hotel und Campingplatz am Biggesee sind nur via Rufumleitung erreichbar. Laut Telekom sind die Anschlüsse intakt – die Kunden widersprechen.

Es war ein heftiges Gewitter, das in einer Juninacht des vergangenen Jahres über dem Biggesee tobte. Gegen 4 Uhr tat es einen Schlag, der Strom in den Weilern Kessenhammer und Howald fiel aus. Freilandleitungen glühten, Isolierung tropfte schmelzend zu Boden. Schaltkastendeckel flogen meterweit in die Wiesen, Telefonanschlüsse in den Häusern brannten oder wurden aus der Wand geschleudert. Der Strom kam Minuten später zurück – das Telefonnetz bis heute nicht.

Die Leerrohre für die Glasfaserleitungen liegen schon, der Anschluss soll aber erst in knapp zwei Jahren erfolgen.
Die Leerrohre für die Glasfaserleitungen liegen schon, der Anschluss soll aber erst in knapp zwei Jahren erfolgen. © Jörg Winkel

Jetzt sind weder Kessenhammer noch Howald Großstädte oder Wirtschaftszentren. Dennoch ist es für die Bewohnerinnen und Bewohner unbegreiflich, dass es inzwischen über ein halbes Jahr dauert und immer noch kein funktionierender Anschluss ans Telefonnetz hergestellt wurde. Karl-Ludwig Keseberg ist Inhaber des Hotel-Restaurants „Haus am blauen See“ in Kessenhammer, seine Tochter Lorena leitet den direkt benachbarten Campingplatz. Beide sind aufs Telefon dringend angewiesen, doch seit sieben Monaten geht dies ausschließlich über Mobilgeräte – und dies auch nur holprig, denn auch die Mobilfunkversorgung ist hier alles andere als breitbandig.

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Zwar sind die Festnetz-Nummern mittlerweile erreichbar, dies aber nur dank Rufumleitungen auf Handys. Dabei wurde zunächst schnell gearbeitet, nur Tage nach dem Blitzschlag tauschte die Telekom defekte Leitungen und Anschlusskästen gegen neue aus. Doch funktionieren tun die Festnetzanschlüsse nicht.

Schmorbrände entstanden in der Verkabelung der Telekommunikationsanlagen in Kessenhammer.
Schmorbrände entstanden in der Verkabelung der Telekommunikationsanlagen in Kessenhammer. © privat

Am Freitag machten die Betroffenen ihrem Ärger Luft, unterstützt durch Steffen Sasse und Manuel Ochibowski. Sasse ist einerseits Ortsvorsteher von Rhode und kennt weitere Fälle von Bürgern, die seit Juni Probleme mit ihren Telekommunikationsanschlüssen haben, andererseits steht sein Elternhaus in Howald, und seine Eltern gehören zu den seit Juni vom Festnetz abgeschnittenen Kunden. Ochibowski ist Ortsvorsteher von Neger, und sowohl Howald als auch Kessenhammer gehören zu seinem Ortsvorsteherbezirk. Sasse: „Was mich besonders sauer macht, ist die Tatsache, dass wir keinerlei Rückmeldungen von der Telekom bekommen. Man ruft die Hotline an, hängt lange in der Warteschleife und bekommt dann keine Hilfe. Ich weiß nicht, wie oft mittlerweile zurückgemeldet wurde, der Schaden sei beseitigt, ohne dass das stimmt. Und jedesmal wird ein neues Ticket aufgemacht, sodass man keine Möglichkeit hat, nachzufragen.“ Das bestätigt Ochibowski. Und Lorena Keseberg erklärt: „Ich habe die Nerven nicht mehr, da noch anzurufen.“ Auf die Frage, ob denn Internet-Verbindungen funktionieren, reagiert Karl-Ludwig Keseberg mit Sarkasmus. „Internet? Was ist das?“ Seit Jahren warte er auf einen funktionierenden Breitband-Anschluss, und Lorena Keseberg würde ihr Buchungssystem gern umstellen, doch das, was an Daten aus der Leitung quasi herauströpfelte, ließ internet-basierte Lösungen gar nicht zu. Seit Juni nun funktioniert internet-technisch gar nichts.

Seitens der Telekom werden die Probleme nur zum Teil eingeräumt. „Infolge eines Gewitters hatten wir vor Ort zahlreiche Schäden durch Blitzschläge. Den Großteil dieser Schäden (unterirdisch und oberirdisch) haben wir beseitigt“, so die Pressestelle in Bonn. Doch seien Blitzfehler immer sehr umfangreich „und erheblich schwieriger einzugrenzen und zu finden“. In Howald wie in Kessenhammer gebe es gleich mehrere Fehlerstellen im Kabel auf mehreren Teilstücken. „Aktuell haben wir noch eine offene Störung in Howald, die wir gerade beseitigen. Die Fehlerstelle befindet sich unter der Erde. Um an die Fehlerstelle zu gelangen und das Kabel auszutauschen, benötigen wir aber noch eine Genehmigung. Sobald uns diese vorliegt, starten wir mit den Arbeiten“, so die Telekom weiter. Die beiden Anschlüsse in Kessenhammer seien geprüft und müssten funktionieren. Doch darüber können die Kesebergs nur müde lächeln. Denn weder am Campingplatz noch im „Haus am blauen See“ noch am benachbarten Wohnhaus funktioniert einer der Anschlüsse.

Ein kleiner Funken Hoffnung keimt auf, wenn die beiden die orangefarbenen Leerrohre sehen, die an mehreren Stellen an der Landstraße aus dem Boden ragen. Denn diese sollen Leitungen der Deutschen Glasfaser aufnehmen und aufgrund des Förderprogramms zur Beseitigung der „weißen Flecken“ auch Kessenhammer mit schnellem Internet – und damit auch mit Telefon – versorgen. Doch auch hier enden Nachfragen der Kesebergs meist in Warteschleifen und am Ende der ernüchternden Antwort, der Anschluss sei für Ende 2024 geplant. „So lange können wir aber nicht warten“, so Karl-Ludwig Keseberg. Immerhin: Nachdem unsere Redaktion die Pressestelle der Telekom kontaktierte, haben sich für Montag Techniker gemeldet, die in Howald nach dem Rechten sehen wollen. Die Kesebergs warten gespannt auf das Ergebnis.