Kreis Olpe. Arbeitnehmer müssen Krankmeldung nicht mehr auf Papier zum Chef bringen. Wie klappt das neue System im Kreis Olpe, und welche Tücken gibt’s?

Endlich mal weniger Bürokratie für Ärzte, Patienten und Arbeitgeber, war ein Stück weit die Motivation der Gesundheitspolitik, das System der Krankmeldungen zu digitalisieren und damit zu vereinfachen. Aber klappt das auch? Was sagen Beteiligte im Kreis Olpe nach den ersten Tagen der neuen Regelung, dass Patienten ihrem Arbeitgeber keine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU) mehr auf Papier vorlegen müssen?

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„Ja, es ruckelt noch ein bisschen, an welcher Stelle auch immer“, bestätigt Martin Haselier, Rechtsanwalt und Arbeitsrechtler des Arbeitgeberverbandes für den Kreis Olpe, im Gespräch mit unserer Redaktion. „Elektronische Umstellungen nehmen Zeit in Anspruch. Große Hilferufe unserer Arbeitgeber haben wir aber nicht bekommen.“ Die Befürchtung, die es gebe, so der Arbeitsrechtler, dass nicht allen Arbeitnehmern bewusst sei, sofort mitzuteilen, wie lange sie denn krankgeschrieben seien: „Das vergessen manche offenbar“. Jeder Arbeitgeber wolle ja noch am Tag der ersten Fehlmeldung seines Mitarbeiters Gewissheit haben, wie lange er auf ihn oder sie verzichten müsse. Haselier: „Die Arbeitnehmer sollten sich deshalb informieren über die Abläufe der neuen Regelung, damit es nicht zu Missverständnissen kommt. Die Anzeigepflicht des Arbeitnehmers besteht ja weiterhin. Er muss unverzüglich anzeigen, dass er krank ist und wie lange voraussichtlich?“ Das bleibe auch so, obwohl der Beschäftigte dem Arbeitgeber eben kein Stück Papier in die Hand drücken oder auf anderen Wegen zukommen lassen müsse. „Dort stand es drauf.“

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Spieren: „Nachholbedarf sehe ich bei manchen Betrieben“

Stefan Spieren, Hausarzt aus Hünsborn, ist u. a. 1. Vorsitzender des Ärztevereins für den Kreis Olpe, Vorstandsvorsitzender des Ärzteverbundes für Südwestfalen und stellv. Vorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung u. a. für den Kreis Olpe. Er berichtet auf Anfrage, dass das neue System von den Hausärzten wohlwollend angenommen werde: „Wir Hausärzte machen es ja schon seit Juli. Jede Krankschreibung geht seitdem elektronisch zur Krankenkasse. Den einzigen Nachholbedarf sehe ich bei dem einen oder anderen Betrieb. Von manchen Patienten, sogar von Beschäftigten von Großunternehmen, hören wir dann: ,Meine Firma kann das noch nicht. Der Chef hat uns mitgeteilt, dass es noch nicht gehe. Wir brauchen deshalb noch die Ausdrucke.’“ Selbstverständlich erhielten diese Patienten ihren Papierausdruck, dennoch frage er sich, so Spieren, warum manche Arbeitgeber sich offenbar nicht frühzeitig mit dem Thema beschäftigt hätten. Unverändert erhielten diese Patienten in seiner Praxis neben der Papier-AU für ihren Arbeitgeber auch den Ausdruck mit der dazugehörigen Diagnose. Die müsse der Beschäftigte, wie bisher auch, seinem Arbeitgeber ja nicht mitteilen.

Nicht mehr auf Papier zum Chef

Stefan Spieren
Stefan Spieren © WP | Verena Hallermann

Spieren klärte im Gespräch mit unserer Redaktion noch einmal auf, wie das ab dem 1. Januar für alle Beteiligten vorgeschriebene Szenario sei: „Wir als Ärzte schicken die Krankmeldung elektronisch direkt zu den Krankenkassen, und jeder Arbeitgeber muss sie dort abrufen, nachdem er von seinem Beschäftigten per Telefon oder auf anderem elektronischem Weg informiert worden ist.“ Die Kassen seien nicht verpflichtet, dies den Arbeitgebern mitzuteilen. Der als krank diagnostizierte Arbeitnehmer müsse seinen Arbeitgeber über seinen Krankenstand informieren, aber nur telefonisch, per SMS oder Email, und nicht mehr mit einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung auf Papier. „Das ist die wesentliche Änderung“, so Spieren.

Auch die telefonische Krankschreibung sei weiterhin möglich, informiert der Hünsborner Mediziner: „Das gilt für leichte Infekte der oberen Atemwege.“ Eine leichte Grippe könne ein Patient also am Telefon seinem Hausarzt versichern und erhalte dann gegebenenfalls die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, inklusive Anamnese und Therapieempfehlung. Spieren zieht grundsätzlich ein positives Fazit: „Es hat für alle eigentlich nur Vorteile. Und bei der großen Mehrheit aller Beteiligten klappt es auch.“

Ausnahme: Nicht für Privatversicherte und Arbeitslose

Wenn es ein Problem gebe, dann nicht bei den Ärzten, bestätigt auch die Kassenärztliche Vereinigung Westfalen-Lippe. Stefan Kuster, Pressesprecher des Verbandes, der auch für den Kreis Olpe zuständig ist: „Fast alle Arztpraxen nutzen mittlerweile die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, kurz eAU. Die Übermittlung läuft technisch meist störungsfrei.“

Eine wesentliche Ausnahme gilt es noch zu erwähnen: Die neue Regelung greift nur für die gesetzlich Versicherten.

Privatversicherte und Minijobber, aber auch Arbeitslose erhalten weiterhin Ausdrucke für Arbeitgeber bzw. Arbeitsagentur.