Olpe. Warum die beiden Fraktionen sich erstmals seit dem Bürgerentscheid nun gegen den Rathausneubau stellen.

Obwohl sich an der Sachlage nichts geändert hat, ist es doch nicht weniger als ein politisches Erdbeben: In Olpe haben sowohl die Grünen als auch die SPD am Donnerstag in der Bauausschusssitzung klargemacht, dass sie nicht länger hinter dem Neubau eines Rathauses für die Kreisstadt stehen. CDU, UCW und FDP können zwar weiterhin mit einer satten Mehrheit an Neubau-Befürwortern dafür sorgen, dass die Pläne unverändert fortgesetzt werden, indes bedeutet der gleich doppelt bekanntgegebene Paradigmenwechsel einen schweren Rückschlag für Bürgermeister Peter Weber (CDU) und die Technische Beigeordnete der Stadt, Judith Feldner, die seit dem Bürgerentscheid 2017 den kompletten Rat hinter sich wussten, was ihre Planungen für das „Bürgerhaus“ getaufte Projekt aus neuem Rathaus und Stadtmuseum im alten Bahnhof angeht.

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Der Paukenschlag erfolgte im Rahmen der Diskussion um den Abschluss der Vorentwurfsplanungen und damit in den Einstieg in die nächste, dritte Stufe der Leistungsphasen. Die Projektsteuerer vom Büro BKS Architekten hatten den Stand der Dinge dargestellt und erläutert, wie tief die Planungen inzwischen gegenüber dem Ursprung ins Detail gegangen sind. So machten sie klar, dass der neu zu erbauende Mitteltrakt des alten Bahnhofs nicht die heutige Optik haben wird, sondern die „Formensprache“ des neuen Rathauses aufnehmen solle, dessen transparente Fassade „eine demokratische Aussage von innen nach außen tragen“ solle. Auch machten sie klar, dass wie vom Ausschuss gewünscht mögliches Einsparpotenzial geprüft worden, aber im nichtöffentlichen Arbeitskreis verworfen worden sei. Zu gering seien die möglichen finanziellen Einsparmöglichkeiten, zu hoch die damit verbundenen Einschränkungen. Baukostensteigerungen und notwendige Ergänzungen einberechnet, liege die „Vertiefte Kostenschätzung“ mit ihren 30 Millionen Euro lediglich 50.000 Euro über den ursprünglichen Berechnungen und stelle damit „quasi eine Punktlandung“ dar.

Das geplante neue Rathaus (vorn) im Modell im Vergleich zum bestehenden Gebäude.
Das geplante neue Rathaus (vorn) im Modell im Vergleich zum bestehenden Gebäude. © Stadt Olpe

Zunächst sorgte die CDU für eine Überraschung, indem sie das von der Verwaltung als „unverzichtbar“ angepriesene Wasserspiel für über 300.000 Euro zur Streichung vorschlug: Es könne im Sauerland höchstens acht Monate pro Jahr laufen und sei damit ungeeignet, den Platz aufzuwerten. Markus Arens schlug für die Christdemokraten vor, alternativ über eine Platzgestaltung mit Bäumen nachzudenken.

Doppelter Paukenschlag

Dann holte Grünen-Fraktionschefin Zaklina Marjanovic zum ersten Paukenschlag aus: „Wir sind der Ansicht, wir müssen heute nicht über ein Prozent der Kosten, das Wasserspiel, reden, sondern über Grundsätzliches.“ Zwar hätten die Olper Bürgerinnen und Bürger beim Bürgerentscheid mit deutlicher Mehrheit für ein neues Rathaus gestimmt. „Der Bürger hat aber nicht gesagt: Baut es um jeden Preis.“ Die inzwischen genannten 30 Millionen Euro seien bei weitem nicht das Ende, denn die unberechenbare weitere Baukostensteigerung sei ebensowenig eingepreist wie der Abbruch des alten Rathauses oder der tatsächliche Aufwand für die Sanierung des alten Bahnhofs. Der Zeitpunkt sei nun gekommen, dass „wir im Grunde heute schon sagen müssen: Wir haben uns finanziell verhoben. Wir können in dieser Leistungsphase nicht weiter mitgehen und steigen als Grüne aus“. Und sofort holte SPD-Fraktionschef Volker Reichel zum Hieb Nummer zwei aus: „Das deckt sich genau mit unseren Ansichten.“ Er ging so weit, zu überlegen, dass das Wasserspiel bewusst ins Spiel gebracht worden sei, damit die CDU etwas publikumswirksam opfern könne. Für die Zukunft sei klar: „Hier wird alles gehalten, aber nicht die 30 Millionen Euro. Die Baukostensteigerung überlassen wir unseren Nachfolgern.“ Mehr als 220-mal stehe die Floskel „nicht erfasst” im Baukonzept. „Das heißt, dass sich da in den nächsten Leistungsphasen weitere Kosten darstellen werden. Da wollen wir nicht mitgehen, da können wir nicht mitgehen. Es droht bei zusätzlich wachsenden Baukosten das zusätzliche Andrehen der Steuerschraube, und das machen wir nicht mit.“

Bedenken wegen Zuschüssen

Bei CDU, UCW und FDP stieß dies auf wenig Begeisterung. Uwe Schmidt von den Unabhängigen fühlte sich sogar persönlich angegriffen. Es dürfe nicht vergessen werden, dass ein Ausstieg aus dem derzeitigen Plan auch den Abschied von 8 Millionen Euro zugesagter Fördersumme bedeute. Er nannte es ein „schlechtes Beispiel für Politik: Wenn man jahrelang mitarbeitet und jetzt die Bremse zieht, wird es populistisch. Das ist schlechter Stil. Ich fühle mich persönlich betrogen um ungezählte Stunden in Arbeitskreisen, wenn ich diese beiden Beiträge höre.“ Holger Thamm von den Grünen gab zurück: „Nur weil man angefangen hat, muss der Weg nicht der richtige sein. Nur weil wir begonnen haben, müssen wir nicht zu Ende gehen.“ Markus Arens von der CDU hielt dagegen: „Dass es Geld kosten würde, war von Anfang an jedem klar. Wir steuern auf schwere Zeiten zu, aber ich bin der felsenfesten Überzeugung, wir werden sie meistern und können uns das Bürgerhaus leisten. Es wird nur kurze Zeit brauchen, bis anerkannt wird, dass es gut ist, was wir dort geschaffen haben.“ Und Martin Moseler von der FDP meinte: „Wir werden in den nächsten zwei Jahren in eine tiefe Rezession fahren, und gerade da sind öffentliche Haushalte gefragt, auszugleichen. Wenn neue Infrastruktur dann noch zu mehr Effizienz beiträgt, und für ein besseres Umfeld für die Bürger sorgt, umso besser.“ Matthias Koch von den Grünen widersprach Arens: „Ich würde auch gern glauben, dass wir es uns leisten können, aber ich glaube es nicht. Es ist einfach eine Nummer zu groß.“ Andreas Zimmermann von der UCW indes fand: „Die Entscheidung für ein neues Rathaus ist doch längst gefallen. Wir entscheiden heute nur über die Leistungsphase 3. Wenn wir das heute beenden, was machen wir denn dann? Der städtebauliche Aspekt bliebe komplett außen vor, deswegen bleiben wir auf Linie.“

Ein gemeinsam formulierter Antrag von Grünen und SPD zum sofortigen Ausstieg aus der Planung wurde mit fünf gegen zwölf Stimmen abgelehnt. Das Wasserspiel wurde mit den zwölf Stimmen von CDU, UCW und FDP aus der Wunschliste gestrichen, die Grünen stimmten mit drei Stimmen dagegen, die SPD (2) enthielt sich. Die Abstimmung war noch kein Beschluss, sondern nur eine Vorberatung. Endgültig steht das Thema zur Abstimmung am Mittwoch im Rat auf der Tagesordnung.