Kreis Olpe. Die Nachfrage nach dem zweiten Booster ist gering. Doch ist der eigentlich nötig? Dr. Roger Dietz aus Saalhausen spricht von „Impfunnötigkeit“.
Mit einer Impfquote von 92,7 Prozent ist der Kreis Olpe NRW-weit der ungekrönte Landesimpfmeister. Von den rund 133.000 Einwohnern haben sich somit rund 123.000 die sogenannte Grundimmunisierung abgeholt. Die Nachfrage für den zweiten Booster, also die vierte Corona-Impfung, ist jedoch verschwindend gering. Auch im Kreis Olpe. Nur 17,9 Prozent haben sich bisher den vierten Stich verabreichen lassen. Landesweit herrscht ein ähnlicher Trend. Spitzenreiter ist der Kreis Steinfurt mit 20,2 Prozent. Noch impfmüder als der Kreis Olpe sind die benachbarten Siegerländer. Hier liegt die Quote für den zweiten Booster gerade mal bei 14,1 Prozent. Woran liegt das? Und wie ist es einzuordnen? Wir fragten nach – u. a. den medizinischen Leiter des Impfzentrums im Kreis Olpe, Stefan Spieren, Allgemeinmediziner aus Hünsborn.
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„Ich möchte nicht von Impfmüdigkeit sprechen. Insbesondere Patienten, die vorerkrankt sind, lassen sich durchaus auch zum vierten Mal impfen. Aber es ist nicht so, dass sich jeder, der die dritte Impfung erhalten hat, sich auch zum vierten Mal impfen lässt.“ Das spiegelt sich in der Statistik für Nordrhein Westfalen auch wider: „Mit knapp 18 Prozent stehen wir mit oben, einige liegen prozentual etwas drüber.“ Spieren wies erneut darauf hin, dass im Impfzentrum nur die geimpft werden dürften, die über 60 Jahre alt seien.
Seit der Wiederöffnung des Impfzentrums im November letzten Jahres waren es gut 2000 Personen aus der Ü60-Gruppe sowie Menschen mit Vorerkrankungen, die sich den vierten Piks holten. Diese Zahl übermittelte auf Nachfrage der Kreis Olpe. Zum Vergleich: Den ersten Booster, also die dritte Impfung, erhielten mehr als 19.000 Menschen im Impfzentrum in Attendorn.
In der Arztpraxis von Stefan Spieren ließen sich aber auch viele unter 60-Jährige impfen oder solche, die chronisch erkrankt seien oder in Urlaub fahren wollten. Zudem gebe es die Empfehlung der Stiko, es müssten sechs Monate vergangen sein, von der letzten Infektion zur 4. Impfung: „Da sich viele Patienten im Spätsommer infiziert hatten, sind diese sechs Monate noch nicht vorüber.“
Sprechstunde ist brechend voll
In seiner Praxis würden pro Tag derzeit etwa zehn Impfungen verabreicht, am eingeführten Hauptimpftag, immer donnerstags, seien es etwa 30. „Auch das ist insgesamt zurückgegangen.“ Demgegenüber stiegen die Zahlen von Grippe- und Erkältungspatienten spürbar. „Meine Infektions-Sprechstunde ist brechend voll. Ich habe heute 25 Patienten, die nichts anderes haben als Husten, Schnupfen, Heiserkeit.“ Der Grund dafür sei unter anderem, dass viele Menschen immer noch die Furcht hätten, vielleicht doch Corona-infiziert zu sein und einem handelsüblichen Schnelltest doch nicht vertrauen würden. Er wolle das keineswegs kritisieren, stufe das als verantwortungsbewusst ein: „Die Menschen wollen sichergehen, um Corona nicht zu verteilen. Das ist gut so. Die Devise sollte lauten: Im Zweifel lieber zum Arzt.“
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Von einer „Impfmüdigkeit“ will auch Dr. Roger Dietz, Allgemeinmediziner in Saalhausen, nicht sprechen, eher von einer „Impfunnötigkeit“. Anders als andere Kollegen verlässt sich der Hausarzt lieber auf Antikörpermessungen als auf die Vorgaben von Lauterbach, Stiko und Co., und hat folgendes festgestellt. Bei 40 Prozent der Patientinnen und Patienten ab 60 Jahren, die sich in seiner Praxis zum vierten Mal impfen lassen wollen, sind die Antikörper höher als nach der dritten Impfung, die fast ein halbes Jahr zurück liegt. Bei diesen liege der Antikörper-Wert bei mindestens 2080, der höchste Wert, den die Labore angeben. „Normalerweise liegt er drei Monate nach der dritten Impfung zwischen 300 und 900“, so der Mediziner. „Diese Patienten hatten sich zwischendurch offenbar mit Omikron infiziert, ohne es gemerkt zu haben“, ist Dr. Dietz überzeugt. Denn Omikron mache jüngere Leute ziemlich krank, aber Älteren gehe es während der Infektion recht gut. Patienten mit so hohen Antikörpern benötigten dann natürlich keine vierte Spritze. „Eine bessere Immunität als eine Infektion schafft keine Impfung“, so Dr. Dietz. Aber auch grundsätzlich seien auch ältere Patienten sensibler geworden, was das Impfen angehe. Zumal die neuen Impfstoffe nur an Mäusen getestet worden seien. „Für einen Test an Menschen bleibt keine Zeit“, so Dietz.
Die Corona-Situation im Kreis Olpe
Die kreisweite Krankenhausbelegung mit Covid-Patienten sieht mit Stand 24. November so aus: 26 infizierte Patienten liegen im Krankenhaus, einer weniger als in der Vorwoche. Davon liegen zwei auf Intensivstationen, ein Patient wird beatmet. Von den 26 Patienten sind 19 vollständig geimpft und zehn doppelt geboostert, also viermal geimpft. Bei sechs Patienten war vermutlich Covid-19 ursächlich für die Aufnahme.
Die vorerst letzten Touren des Corona-Impfmobils des Kreises Olpe führen in den kommenden Tagen an folgende Orte:
•Montag, 28. November, ab ca. 14 Uhr: Bamenohl, Rewe-Parkplatz; ab ca. 16.30 Uhr: Drolshagen, Marktplatz.
•Montag, 5. Dezember, ab ca. 12.30 Uhr: Altenhundem, Rathausvorplatz; ab ca. 15.30 Uhr: Kirchhundem, Rathausvorplatz.
•Donnerstag, 8. Dezember, 11 Uhr: Wenden, Rathausvorplatz; ab ca. 16 Uhr: Olpe, Marktplatz.
Für Impfwillige in Attendorn steht bis zum 16. Dezember das Impfzentrum jeweils freitags von 16 bis 18 Uhr zur Verfügung.