Kirchhundem. Mit großer Mehrheit gibt die Gemeinde die bisher vorgesehene Steuerung des Windkraft-Ausbaues über eigenes Planungsrecht auf.

Der Rat der Gemeinde Kirchhundem hat am Donnerstag in Sachen Windkraft-Ausbau das Ruder komplett herumgerissen. Anstatt den Ausbau mit einem seit Jahren in Arbeit befindlichen Teil-Flächennutzungsplan zu steuern, will die Gemeinde aus der eigenen Planung aussteigen und sie der Bezirksregierung überlassen, die dies künftig führend erledigen soll. Wie berichtet, hatte Bürgermeister Björn Jarosz (parteilos) der Kommunalpolitik vorgeschlagen, den bisherigen Weg der Gemeinde zu verlassen. Er fand damit eine breite Mehrheit. Lediglich die Unabhängigen Kirchhundemer sowie Alfred Bierhoff von der CDU fanden, die Weiterverfolgung des Teil-Flächennutzungsplans sei der richtige Weg. Christoph Henrichs (UK): „Wir sehen da keine Notwendigkeit, dass wir im vorauseilenden Gehorsam über 100.000 Euro teure Pläne einfach so zurückzunehmen.“

Jarosz erklärte, es stehe jetzt schon fest, dass in wenigen Jahren alle entsprechenden Flächennutzungspläne, die die Steuerung der Windkraft zum Inhalt hätten, kassiert würden, weil die Rahmenbedingungen für den Ausbau regenerativer Energien komplett geändert worden seien. Er wolle „nicht noch mehr finanzielle und personelle Ressourcen in die Sache investieren“, die ohnehin zum Scheitern verurteilt sei. CDU-Fraktionschef Michael Färber stützte die Argumentation des Bürgermeisters: „Seit 2011 wollen wir steuern und haben nichts erreicht.“ Angesichts von Energiekrise und mittlerweile einer breiten gesellschaftlichen Akzeptanz des Ausbaues erneuerbarer Energien „sollten wir nach vorn gucken, ein deutliches Signal geben und von klein-klein weg. Wir wissen alle: Ohne regenerative Energien kommen wir nicht weiter.“ Mike Warnecke von den Grünen sprang ebenfalls der Verwaltung zur Seite: „Es bleibt uns doch gar keine Alternative.“ Lediglich Alfred Bierhoff scherte aus der Reihe der CDU aus: Die Gemeinde sei auf einem guten Weg mit ihren Planungen. „Wir haben fast 5 Prozent Fläche ausgewiesen. Und dann kommt ein Oberlobbyist aus Berlin und macht ein Gesetz. Zupflastern ist das Ziel.“

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Dr. Joachim Roloff von der UK-Fraktion zeigte sich verwundert: Während seine eigene Gemeinde aus den Planungen aussteigen wolle, verkünde Attendorn, genau diesen Weg gehen zu wollen. Jarosz betonte, die Stadt Attendorn gehe nicht genau so vor wie es Kirchhundem bisher vorgehabt habe: „Die wollen dort im Genossenschaftsmodell Windräder errichten und gehen jetzt damit in die Offenlage. Genau das können wir nicht, weil uns die dazu nötige positive Stellungnahme der Bezirksregierung fehlt.“ Und er gehe fest davon aus, dass aufgrund der geänderten Gesetzeslage und dem bereits beschlossenen „Wind-an-Land-Gesetz“ diese positive Stellungnahme auch nicht mehr erteilt werde. Bei der Abstimmung stellte sich eine breite Mehrheit aus CDU, SPD und Grünen auf die Seite der Verwaltung. Mit vier Stimmen hielt die UK dagegen, Bierhoff verließ vor der Abstimmung den Saal und kehrte erst im Anschluss zurück.

Zehn Windräder für Heinsberg

Danach ging es unmittelbar mit der Windkraft weiter, diesmal mit konkreter Umsetzung. Für die CDU beantragte Michael Färber, angesichts der komplett veränderten Rahmenbedingungen müsse die Gemeinde ein Zeichen setzen, dass der Bau von Bürgerwindparks die Zukunft sei. „Wir alle wissen, dass die drei Windräder, die hier stehen, der Windkraft nicht substanziell Raum verschaffen.“ Daher solle das bisher versagte Einvernehmen zum Bau von zehn Windrädern bei Heinsberg nun erteilt werden. Der Kreis werde diesen Bürgerwindpark ohnehin bald genehmigen „und würde sich über unser versagtes Einvernehmen hinwegsetzen. Daher sollten wir ein Signal setzen und das Einvernehmen erteilen.“ Doch Jarosz gab Wermut in den Wein: „Ich kann dafür durchaus Sympathien entwickeln, aber es besteht eine rechtskräftige Windkraft-Vorrangzone in Rahrbach. Die ist da und die darf ich nicht außer acht lassen, und da sie da ist und Rechtskraft entfaltet, hat sie Ausschlusswirkung für alles an Windkraft außerhalb dieser Zone.“ Daher müsse er das Einvernehmen versagen, sollte der CDU-Antrag zum Beschluss erhoben werden.

Doch kam es genau so, wie Jarosz vorhergesagt hatte: Gegen die vier Stimmen der UK hob eine Breite Mehrheit des Rates das Versagen des Einvernehmens auf. Dies muss Jarosz nun wiederholen lassen, entweder in der nächsten turnusmäßigen Ratssitzung oder sogar in einer eigens einzuberufenden Sondersitzung. Sollte der Beschluss dann bestätigt werden, „werde ich diesen Beschluss bei der Kreisverwaltung beanstanden und dann muss der Kreis sich damit befassen. Der Kreis wird dann prüfen und schauen, ob unsere vorhandene Vorrangzone offensichtliche Mängel aufweist.“ Sollte das der Fall sein, werde dann über den Bauantrag des Windparks nach Baugesetzbuch entschieden. „Das ist der formale Verfahrensablauf. Die Zeitschiene kann ich nicht definieren.“ Die UK will den Bürgerwindpark ebenfalls, hatte aber gegen den CDU-Antrag gestimmt, um nicht rechtswidrig zu handeln.