Kreis Olpe/Rüblinghausen. Interview mit dem Kreisschützenoberst Markus Bröcher. Wird es bei leeren Geldbeuteln schwieriger werden, Königsanwärter zu finden?
Markus Bröcher ist seit 2015 Chef der Schützen im Kreis Olpe. Als Kreisschützenoberst steht er an der Spitze des Kreisschützenbundes und musste in den vergangenen Jahren mit der Corona-Pandemie eine Krise managen, die auch für die Schützen eine bis dahin nicht dagewesene Herausforderung darstellte. Uns stand er im Interview Rede und Antwort.
Eines vorweg. Haben Sie bei unserer Aktion WP-Schützenkönigin mitgemacht?
Markus Bröcher: Ja, ich habe mit abgestimmt.
Für wen?
Das verrate ich nicht. Ich muss ja meine Neutralität wahren.
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Kaum war Corona weitgehend erledigt, kommt jetzt der Ukraine-Krieg und die Energiekrise. Haben Sie Angst vor einem Abschwung im Schützenwesen?
Das mit der Energie ist sicherlich ein Problem, gerade dort, wo Schützenhallen genutzt werden. Aber ich glaube, wir Schützen haben bewiesen, dass wir mit Krisen umgehen können. Das hat die Coronakrise gezeigt. Auch, wenn es bei dem einen oder anderen Schützenfest wirtschaftlich geringere Erträge zu verzeichnen gab. Klar ist, dass die Vereine künftig die Energiepreise in den Vermietungskosten weitergeben müssen, denn davon existieren sie unter anderem.
Aber droht nicht eine Ausfall-Lawine, weil kaum noch jemand große Feste feiern will oder kann?
Das kann ich mir nicht vorstellen. Energie wird teurer werden und in einem gewissen Maß bleiben. Dass alle Leute aber deshalb auf ihre Feste und Feiern verzichten werden, glaube ich nicht.
Werden Königsanwärter schwieriger zu finden sein, wenn das Geld in der Tasche fehlt?
Dieses Problem wird zwar diskutiert, aber wir können da gegensteuern. Wir Schützenvereine müssen unsere Feste positiv verkaufen, quasi wie ein Ersatzurlaubswochenende. Begeisterte Schützenfestanhänger sollten auf ein Urlaubswochenende verzichten können und dafür auf ihr Schützenfest gehen, wenn es am Geld liegt.
Also keine Angst davor, dass vor allem kleineren Vereinen die Könige ausgehen?
Mich ärgert die Argumentation, teuer oder billig, und es hängt am Geld, ob ich König werden will. Ich sehe das nicht so. Wir sollten auch weg vom Bewusstsein, dass ein Schützenfest nur dann gut ist, wenn die wirtschaftlichen Zahlen stimmen. Genauso ist es ein Fehler zu sagen, die Schützenkönigsanwärterschaft mache ich nur vom Geld abhängig. Ich muss bereit sein für ein solches Amt, und dann muss es mir das auch wert sein, was es letztlich kostet. Es gibt ja auch viele Vereine, bei denen ein Teil der Kosten umgelegt werden.
Es wäre dann ja auch nicht auszuschließen, dass Sie selbst auch mal auf den Olper Königsvogel anlegen?
Ich bin jetzt 61, und damit eigentlich zu alt, um in Olpe König zu werden. Aber man weiß ja nie.
Hat sich das Schützenwesen durch die Coronakrise spürbar verändert?
Nein. Wir haben in diesem Jahr unsere Feste wieder nach alter Väter Sitte gefeiert. Es gab natürlich einige, die gesagt haben: Wir fahren kurz nach Schützenfest in Urlaub, und ich will mich auf Schützenfest nicht infizieren. Dafür muss man Verständnis haben. Es war ein gewisses Risiko da.
Auch in Rüblinghausen, ihrem Hausverein?
Ich habe von niemandem im Vorstand gehört, er kenne Infizierte im Zusammenhang mit unserem Fest.
Die Infektionszahlen steigen gerade wieder deutlich. Fürchten Sie, dass Schützenbälle auf der Kippe stehen?
Nein. Es liegt letztlich an jedem Schützenverein selbst. Ob es wieder Veranstaltungen geben wird nach 2- oder 3G-Regel will ich nicht ausschließen.
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Welches war für Sie das schönste Erlebnis während der vergangenen drei Jahre?
Beim ersten Schützenfest der Saison 2022 in Elben dabei zu sein, auf dem ich auch eine besondere Ehrung vornehmen durfte. Das war ein tolles Gefühl, die Begeisterung wieder erleben zu dürfen nach diesen schlimmen zwei Jahren Zwangspause.
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Wie viele Schützenfeste besucht ein Kreisoberst in einem Jahr durchschnittlich?
Ganz unterschiedlich. Ich zähle nicht. Es hängt von Jubiläen und Ehrungen ab. Es macht mir jedenfalls immer Spaß.
Zeigt Ihnen Ihre Frau nicht schon mal die gelbe Karte?
Das spielt natürlich auch eine Rolle, wenn es mal zu viele sein sollten. Bisher hat sie sich aber noch nicht beklagt.
Thema Ukraine-Krieg: Könnte eine weitere Eskalation erneut eine Festsaison in Frage stellen, mit der Argumentation: Dort sterben tausende Menschen, und wir feiern hier fröhlich weiter?
Diese Argumente gab es bereits zu Beginn des gerade zurückliegenden Festjahres. Ich habe da eine ganz klare Meinung: Alle Schützenfeste sind für mich Friedensfeste. Die Dörfer und Städte sind bunt geschmückt, alle Generationen feiern friedlich und gemeinsam, alle sind willkommen. Eine bessere und friedlichere Demonstration gibt es nicht.
2023 wird der Kreisschützenbund 100 Jahre. Auf was dürfen sich die Schützen hierzulande freuen?
Wir werden zunächst einmal den Kreisdelegiertentag am 17. März durchführen sowie das Kreisschützenfest vom 22. bis 24. September, beides in Lenhausen. Darüber hinaus wird ein Kommersabend stattfinden am 29. April, bevor die Festsaison beginnt.
Steht bereits fest, wo?
Auf dem Ümmerich in Olpe. Mit den Vorständen und Offizieren der Vereine aus dem Kreisschützenbund.
Wie viele sind das eigentlich?
Dem Kreisschützenbund Olpe gehören 72 Vereine an mit insgesamt rund 38.000 Mitgliedern.
Ist diese Zahl während Corona spürbar heruntergegangen?
Nur ein wenig. Natürlich fehlen Schützenfeste, um Menschen zum Eintritt zu bewegen.
Was wird beim Kommers stattfinden?
Wir beginnen mit einem ökumenischen Gottesdienst. Dann wird es Grußworte geben, was sich aber im Rahmen halten soll. Für den musikalischen Rahmen wird das Blasorchester des Feuerwehrmusikzuges Olpe sorgen.
Mit wie vielen Schützen müssen Sie rechnen?
Ich denke, mit 3.000 bis 3.500.
Themenwechsel: Ist das Schützenwesen nicht mittlerweile ein wenig verstaubt, um auch die nächsten 100 Jahre zu überstehen?
Glaube, Sitte, Heimat ist in meinen Augen zeitlos. Ich selbst bin in Schützenvereinen 40 Jahre aktiv. Und ich habe vor 40 Jahren in Rüblinghausen auch erfolgreich auf den Vogel geschossen, feiere in diesem Jahr also Jubiläum.
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Gibt es ein Schützenfest im Kreis Olpe, das eine ganz besondere Atmosphäre hat?
Jedes Fest hat seinen eigenen Reiz. Ohne anderen zu nahe treten zu wollen, darf ich wohl sagen, dass das Olper Schützenfest ein besonderes ist. Das muss man den Olpern zugestehen. Das hängt sicherlich mit diesem einmaligen Festplatz Ümmerich zusammen. Von der Größe, von der Atmosphäre.
Macht Ihnen Ihr Amt als Kreisschützenoberst immer noch Freude?
Sonst würde ich im nächsten Jahr nicht noch einmal kandidieren. Wenn wir das 100-Jährige nicht hätten, hätte ich es mir vielleicht anders überlegt. Nicht, weil es mir keinen Spaß mehr machen würde, sondern altersmäßig.
Sie haben zwei Söhne, sind die auch vom Schützenvirus infiziert?
Darüber bin ich sehr froh und stolz. Die nächste Generation, sie sind 31 und 28, mischt also schon mit. Beide engagieren sich bereits im Vorstand des St. Matthäus-Schützenvereins Rüblinghausen.
Wie lange dauert eine Wahlperiode für das Amt des Kreisoberst?
Vier Jahre. Sollte ich 2023 bestätigt werden, wäre ich also bis 2027 gewählt.
Wird das Kreisschützenfest wegen des 100-Jährigen größer sein?
Nein.
Wenn Sie bei der berühmten Guten Fee einen Wünsche frei hätten für das Schützenwesen im Kreis Olpe, wie würde der lauten?
Dass wir unsere Schützenfeste auch noch in hundert Jahren feiern können und auch werden.