Eichhagen/Kreis Olpe. Ist das ehemalige CJD belegt, sind die Kommunen gefragt. Gibt es zu wenig privaten Wohnraum, müssen wohl auch wieder Turnhallen belegt werden.
Theo Melcher ist niemand, der Übertreibung als Stilmittel einsetzt. Der Landrat des Kreises Olpe pflegt üblicherweise einen sachlichen Ton. Umso klarer wird aufgrund seiner Wortwahl die Dramatik der Lage, auf die der Kreis zusteuert, was die Unterbringung von Flüchtlingen angeht. Denn durch die Tatsache, dass die ehemaligen Internatsräume des Christlichen Jugenddorfwerks Deutschlands (CJD) in Eichhagen bereits mit Flüchtlingen aus der Ukraine belegt werden, wird die eiserne Reserve des Kreises, was Unterbringungsplätze angeht, nun aufgebraucht.
„Die Frage, wie es danach weitergeht, ist berechtigt“, so Melchers Antwort auf eine entsprechende Frage unserer Zeitung: „Eine weitere interkommunale Unterbringung können wir nicht mehr schaffen. Zum einen scheitert das an geeigneten Immobilien, zum anderen aber und vor allem an fehlenden personellen Ressourcen, sowohl bei der Kreisverwaltung als auch beim Deutschen Roten Kreuz.“ Dieses übernimmt im Auftrag des Kreises das Management der beiden interkommunalen Einrichtungen, eben den CJD-Häusern in Eichhagen und der ehemaligen Jugendherberge in Heggen. Melcher greift zu einem Bild: „Man kann praktisch den Prellbock sehen, auf den der Zug zufährt.“
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Die Konsequenz aus dieser Situation werden die Städte und Gemeinden spüren. Denn diese sind dann in der Pflicht, für die Unterbringung der ihnen zugewiesenen Flüchtlinge zu sorgen. Melcher: „Wir haben noch einen gewissen Puffer. Das Jugendherbergswerk hat uns für drei Monate Plätze in der Jugendherberge Bilstein zugesagt. Aber Ende Februar müssen die wieder frei sein.“ Daher bleibe als einziger Hoffnungsschimmer, noch einmal und noch deutlicher an die Bürgerinnen und Bürger im Kreis zu appellieren, privaten Wohnraum zur Verfügung zu stellen. Der Landrat nutzt die Gelegenheit, in diesem Zusammenhang allen zu danken, die das bisher schon getan haben, „auch im Namen aller sieben Bürgermeister: Wir haben eine enorm große Bereitschaft erlebt. Zwei Drittel aller im Kreis Olpe derzeit untergebrachten Geflüchteten leben in privaten Unterkünften. Wir reden von über 1000 Menschen, und diese Zahl macht klar, dass der Kreis ohne diese privaten Unterkünfte schon lange über seine Grenzen gekommen wäre“.
Ursprünglich war auch das leerstehende Hotel „Carpe Diem“ in Kirchhundem-Schwartmecke als interkommunale Flüchtlingsunterkunft vorgesehen, doch hat sich hier eine andere Lösung ergeben; ein Hilfswerk hat das Ferienhotel gemietet und bringt dort in Eigenregie ukrainische Flüchtlinge unter.
Wenn die Unterkünfte in Eichhagen voll sind und die Kommunen an der Reihe sind, dann „kann das auch die Turnhalle sein oder andere Hallen, die man als Notunterkunft nutzt, es kann auch sein, dass Wohncontainer angeschafft werden müssen. Die Lage ist ernst, und deshalb haben wir auch eine Überlastungsanzeige bei der Bezirksregierung abgegeben. Wir schaffen es bald nicht mehr und brauchen einerseits Geld, zum anderen aber und noch viel dringender personelle Unterstützung“. Schon jetzt seien mehr geflüchtete Menschen im Kreis untergebracht als zum Höhepunkt der Flüchtlingswelle 2015/2016.
Dieter Rawe, seit März Ortsvorsteher von Eichhagen und Stade, scheut sich nicht, die Stimmungslage im Dorf wiederzugeben: „Eichhagen-Stade hat gerade mal 420 Einwohner, und wenn das ehemalige Christliche Jugenddorf voll belegt ist, sollen dort bis zu 300 Menschen aus der Ukraine eine Unterkunft bekommen.“ Allein aus diesem Zahlenverhältnis heraus könne das Dorf als „überlastet“ angesehen werden. Eichhagen, so Rawe weiter, habe vor allem für Jugendliche und junge Erwachsene nicht gerade viel Abwechslung zu bieten. Einzige Möglichkeit sei der Zug nach Olpe bzw. Attendorn. Aktueller Belegungsstand in Eichhagen laut DRK: 52.
Julian Halbe, DRK-Pressesprecher, erklärte, er sei optimistisch, dass seine Kollegen die vielfältigen Aufgaben im ehemaligen CJD meistern werden, „zumal wir in Heggen, auch dank des neuen Security-Dienstes, sehen, dass ein ruhiger Betrieb möglich ist“. Im Übrigen würden einige Flüchtlinge aus Heggen nun nach Eichhagen umziehen, und zwar diejenigen, die den beiden Kommunen Wenden und Drolshagen zugeteilt worden seien.