Olpe. Nun wird geprüft, ob ein absenkbares Netz den Tieren die Rückkehr in ihre Quartiere verleiden kann, ohne ihnen zu schaden.

Eine junge Zwergfledermaus in der Hand einer Tierschützerin des Naturschutzbundes. Die Winzlinge fressen Insekten und stehen unter strengem Schutz
Eine junge Zwergfledermaus in der Hand einer Tierschützerin des Naturschutzbundes. Die Winzlinge fressen Insekten und stehen unter strengem Schutz © Kerstin Kokoska

„Pipistrellus pipistrellus“ ist ihr lateinischer Name. Sie wird höchstens 4,5 Zentimeter groß und wiegt maximal sieben Gramm. Die Internet-Enzyklopädie Wikipedia umschreibt es plastisch: so schwer wie ein Stück Würfelzucker und so groß wie eine Streichholzschachtel. Und doch kann dieses winzige Tierchen riesige Longfront-Abbruchbagger stoppen: die Zwergfledermaus. Bernd Sundermann, Leiter des Amts für Gebäudemanagement der Stadt Olpe, ist derzeit ohnehin leidgeprüft: Quasi alles, was an städtischen Bauarbeiten läuft, steht unter schlechten Vorzeichen, weil entweder Material oder Firmen nicht zu haben sind. Und als er am Donnerstag den Mitgliedern des städtischen Bauausschusses einen Überblick über die aktuellen Baufortschritte gab, hatte er weitere schlechte Nachrichten parat, diesmal die ehemalige Realschule betreffend. Denn genau hier, wo seit fünf Jahren keine Schüler mehr unterrichtet werden, haben neue „Mieter“ ihr Quartier bezogen und weigern sich, es zu verlassen. Zum einen ist es der Mauersegler, zum anderen besagte Zwergfledermaus. Sie steht wie alle europäischen Fledermausarten unter dem Schutz der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie der Europäischen Union, daher muss bei sämtlichen Bauarbeiten besondere Rücksicht auf ihren Schutz genommen werden.

Ersatz wird nicht angenommen

Beide Tierarten haben schon jetzt dafür gesorgt, dass der Abbruch der Schule sich um Monate verzögert. Denn als im Zuge von Artenschutzuntersuchungen Mauersegler entdeckt wurden, war klar: Der Abbruch darf nur zwischen Oktober und Februar laufen, denn in dieser Zeit hält sich der Zugvogel in seinem Winterquartier in Afrika auf. Die Untere Naturschutzbehörde hat diesen Fall klar geregelt: Die Realschule würde bis Februar abgebrochen, die Stadt schafft derweil in Schulnähe Ersatz-Unterkünfte, und die rückkehrenden Vögel, die ihre ursprünglichen Bruthöhlen nicht mehr finden, suchen sich notgedrungen Alternativen. Doch Fledermäuse bleiben über Winter, und die bereits zahlreichen Ersatz-Quartiere wurden bisher von ihnen nicht angenommen.

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Dabei hat die Welschen Ennester Firma Hellekes die Innensanierung inzwischen längst abgeschlossen und wäre schon seit Wochen dabei, das Äußere der ehemaligen Schule von Schadstoffen zu befreien. Dies allein bedeutet einen Aufwand, der vor wenigen Jahren noch unvorstellbar war: Das gesamte, mit Asbestschiefer verkleidete und mit Mineralwolle gedämmte Gebäude wird eingerüstet und vollständig mit Folie verkleidet, damit bei der Demontage von Schiefer und Dämmung keine der krebserregenden Fasern austreten. Doch ein Gutachter hatte mit einem Ultraschallgerät unzweifelhaft die hochfrequenten Rufe der streng geschützten Nützlinge ausgemacht. Die winzigen Flugsäugetiere leben hinter dem Asbestschiefer unterhalb der Fensterbretter und in der Holzkonstruktion, die durch Querverlattung im Bereich des Sturzes Hohlräume bietet.

Ziel Dezember nicht zu halten

Nun wird eine Lösung überlegt, um die Tiere schonend aus der Realschule herauszubekommen: Ein feinmaschiges Netz, Maschenweite acht mal acht Millimeter, soll an der Schule angebracht werden. Dieses würde dann abends nach dem Ausflug der nachtaktiven Insektenjäger herabgelassen und erst nach Sonnenaufgang wieder hochgezogen. So könnten die Zwergfledermäuse ungestört ausfliegen, beim Rückflug aber nicht mehr in ihre Quartiere zurück. Die Artenschutz-Fachleute gehen davon aus, dass die Nachtjäger in diesem Fall auf die Ersatzquartiere ausweichen würden, und sobald ein entsprechendes Monitoring ergäbe, dass die Maßnahme Erfolg hat, dann könnte das Netz entfernt und stattdessen Gerüst und Folie angebracht werden, um endlich mit der Außensanierung loszulegen. Bernd Sundermann sieht keine Alternative: „Wir haben wirklich alles überlegt und stehen auch im guten Austausch mit der Unteren Naturschutzbehörde. Die können auch nicht anders, es ist eben die Rechtslage.“ Eigentliches Ziel für den Abschluss der Schadstoffsanierung war der 16. Dezember. „Das können wir komplett vergessen, mit ganz viel Glück wird es März.“ Rechtzeitig zur Rückkehr der Mauersegler...