Olpe/Hillmicke/Rothemühle. Das Benefizkonzert mit dem Bundeswehr-Musikkorps war ausverkauft und wurde für die Gäste zu einem unvergesslichen Abend voller Emotionen.
Dass ein Benefizkonzert unter die Haut geht, ist nicht ungewöhnlich. Das, was am Dienstagabend in der Olper Stadthalle geschah, das war allerdings etwas, das die über 800 Besucherinnen und Besucher so noch nicht erlebt haben dürften und was sie wohl nie vergessen werden. „Sternenlicht“ ist der Name der Spendeninitiative, die der aus Hillmicke stammende und in Rothemühle lebende Thorsten Voß ins Leben gerufen hat, um Gelder für die Erforschung der bislang unheilbaren Nervenkrankheit ALS zu sammeln: Er ist selbst daran erkrankt, inzwischen auf den Rollstuhl angewiesen und hat sein Leben nun ganz dem Kampf gegen diese Erkrankung gewidmet. So lange es seine Gesundheit zuließ, war Thorsten Voß als Musiker aktiv, er ist bis heute dem Musikverein Hillmicke eng verbunden, und so war die Idee entstanden, Voß’ Liebe zur Musik und seine Lebensaufgabe zu verbinden. Schon vor zwei Jahren sollte ein Benefizkonzert mit dem Musikkorps der Bundeswehr aus Siegburg stattfinden, doch die Corona-Pandemie machte dem Vorhaben ein Ende. Doch durch die inzwischen erfolgte weitgehende Rückkehr zu einem Leben ohne Auflagen machte es nun möglich, dieses Konzert stattfinden zu lassen. Vorweg: Es war ausverkauft. Die Hillmicker Musiker hatten alle Eintrittskarten für die „gute Stube“ der Stadt Olpe an den Mann gebracht, und so waren beide Etagen der Publikumsränge komplett gefüllt mit Menschen, die anspruchsvolle Musik des „Flaggschiffs“ der Bundeswehr-Orchester erwarteten.
Doch vor der Musik kamen Worte. Man hätte die sprichwörtliche Nadel fallen hören können, so leise war es im Plenum, als Thorsten Voß zum Rednerpult fuhr. Besonders freute sich Voß über Ehrengäste mit weiter Anreise: Prof. Dr. Jochen Weishaupt, der die ALS-Forschung an der Medizinischen Fakultät Mannheim der Uni Heidelberg leitet, der von seiner Frau und Mitarbeiterin Kanchi Weishaupt begleitet wurde, sowie Antje Knehr, die als „Study Nurse“ bzw. Studienassistenin und Neurogenetik-Koordinatorin in der Sektion tätig ist. „Ich kann die Bedeutung für mich nicht in Worte fassen, dass Sie als Ehrengäste meiner Einladung gefolgt sind“, so Voß. Neben ihnen in der ersten Reihe saß Oberst Christian Scheibling, zur Zeit der Konzertplanung noch Chef des Siegburger Musikkorps und inzwischen aufgestiegen zum stellv. Leiter des Militärmusikdienstes und des Zentrums Militärmusik der Bundeswehr.
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Weishaupt betonte, Thorsten Voß habe durch seine Entscheidung nach der Diagnose, sprichwörtlich sein Herzblut für die ALS-Forschung zu geben, Erstaunliches bewirkt. Denn an Voß’ Biomaterial sei ein Gen identifiziert worden, das ALS auslöse und was einen wichtigen Ansatzpunkt für eine Behandlung darstelle. „Er ist unser Patient Null, und ich bin optimistisch, dass wir durch ihn weiter in die Richtung gehen können, irgendwann eine Therapie anbieten zu können.“ Und Scheibling erinnerte sich an den Beginn der Aktion: Musikzug-Mitglied Alexander Reuber habe irgendwann in seinem Büro gestanden und ihm von Thorsten Voß’ Schicksal und seinem Engagement berichtet mit dem Fazit „Da müssen wir doch was tun“. Inzwischen habe er Thorsten Voß als „bewundernswerten Menschen“ kennengelernt. „Menschen wie Sie sind Vorbilder. Ich bin stolz und glücklich, diesen Thorsten Voß zu kennen.“ Besondere Worte der Hochachtung richtete er an Thorsten Voß’ Ehefrau Bianca und deren Sohn Maximilian.
Bewegende Worte
Es folgte das Konzert mit einem anspruchsvollen Programm, von der Ouvertüre zu Verdis Oper „Die sizilianische Vesper“ über den Marsch „Mit vollen Segeln“ über den Swing-Klassiker „How High the Moon“ bis zu einem 22-minütigen Potpourri aus der „West Side Story“. Im Mittelpunkt mehrfach Voß’ Lieblingsinstrument, das Saxophon. Danach nahm Thorsten Voß noch einmal das Mikrofon. „Sie haben mir einen Traum erfüllt“, dankte er Organisatoren und Musikern und erzählte dann seine Geschichte, die deutlich macht, was der Dienstagabend für ihn bedeutet hat. Vor 27 Jahren hatte er bereits die Aufnahmeprüfung für das Musikkorps der Bundeswehr bestanden und die dafür erforderliche Grundausbildung beim Sanitätsbataillon abgeschlossen. Doch furchtbare Schicksalsschläge in seiner Familie stoppten sein Vorhaben; er entschied sich schweren Herzens, in der Heimat zu bleiben. „Ich musste meinen Berufstraum einen Traum bleiben lassen“, schilderte Voß unter Tränen, wobei er zwei Menschen besonders erwähnte: den Hillmicker Musiker Bruno Stracke, der ihn stets auf seinem musikalischen Weg unterstützt habe, und Guido Schmitz, der in Olpe aufwuchs und der ihn auf Saxopon und Klarinette für sein Vorspielen beim Musikkorps ein Jahr lang vorbereitet habe und der auch heute dem Musikkorps angehört und beim Konzert in Olpe mitwirkte. „Heute schließt sich ein Kreis für mich“, endete Thorsten Voß’ Ansprache. Dann hatte noch einmal die Musik das Sagen: Dirigent Oberstleutnant Christian Weiper machte klar, dass dieses Benefizkonzert für sein Ensemble kein normales Konzert sei, deshalb werde auf klassische Zugaben verzichtet. Stattdessen hätten die Musiker zwei Stücke eigens für Thorsten Voß ausgesucht. Zum einen spielten sie „Against all odds“ („Allen Widrigkeiten zum Trotz“) von Phil Collins, wo noch einmal das Saxophon von Tim Schmitz in den Vordergrund rückte, und zum endgültigen Abschluss „Invincible“ (Unbesiegbar), bei diesem Lied trat Sängerin Lea Wurm ans Mikrofon und unterstützte die Instrumentalisten. Auch sie ist eine musikalische Wegbegleiterin von Thorsten Voß; die Gerlingerin trat oft mit der Tanzmusik der „Seemannskapelle“ Hillmicke auf; ihr Auftritt war eine große Überraschung für den komplett ahnungslosen Voß. Während des Stücks zogen uniformierte Trommler der Bundeswehr im Gleichschritt vor die Bühne, eine junge Musikerin überreichte Thorsten Voß eine Kerze, die das Musikkorps als Andenken für Thorsten Voß und seine Familie hatte gestalten lassen: Sie nimmt das Motiv „Sternenlicht“ auf.