Attendorn/Kreis Olpe. Selbst der früher begehrten Kfz-Branche auch im Kreis Olpe gehen die Azubis aus. Welche Rezepte hat Lehrlingswart Jürgen Halbe aus Attendorn?

Kfz-Meister Jürgen Halbe (58) ist das, was man in seiner Branche als Alten Hasen bezeichnen darf: Nach der Lehre in den 70ern folgte drei Jahre später schon die Meisterschule, 2005 die Übernahme der Kfz-Werkstatt in der Kölner Straße in Attendorn. Für Auto-Besessene, von denen es in diesen Jahrzehnten viele gab, kein ungewöhnlicher Werdegang: „Ich hatte damals zunächst gar keine Lehrstelle bekommen. Erst, als hier bei Knebels jemand abgesprungen war, bekam ich den ersehnten Anruf, ich könne anfangen.“

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Das hat er bis heute nicht bereut, ist in seinem Beruf, der immer auch ein Stück weit Berufung war, aufgegangen. In der Kfz-Innung ist er seit Jahren Lehrlingswart, zudem gehört er viele Jahre dem Prüfungsausschuss der Handwerkskammer Arnsberg an. Wenn es also um die Ausbildung in der Kfz-Branche geht, weiß er, wovon er spricht. Ganz nebenbei ist auch sein heute 32-jähriger Sohn Dennis in Papas Fußstapfen getreten und hat seinen Meisterbrief schon mit 20 gemacht.

Rosige Zeiten vorbei

Doch die rosigen Ausbildungszeiten, als sich junge Menschen um Lehrstellen in der Autobranche rissen, sind vorbei: „Ich habe damals gejubelt, einer der Auserwählten zu sein“, erinnert sich Halbe-Senior, heute ist das völlig anders.“ Die Jahrzehnte anhaltende Leidenschaft vor allem junger Männer für Motorisierung jeder Art mit reichlich PS unterm Hintern ist Geschichte. „Wenn man so will, gibt es zu wenige mit Benzin im Blut“, sagt der 58-Jährige.

Moderne digitale Technik hat im Kfz-Handwerk längst Einzug gehalten.
Moderne digitale Technik hat im Kfz-Handwerk längst Einzug gehalten. © WP | Josef Schmidt

Dennis Halbe gehörte zu den letzten Generationen mit Autobegeisterung: „Ich habe 2006 die Ausbildung begonnen, da war das Kfz-Handwerk noch eines der beliebtesten Berufe, allein in meiner Schulklasse gab es damals zehn Jungs, die das lernen wollte.“

Jürgen Halbe erinnert daran, dass Kfz-Lehrlinge in früheren Generationen oft nach Feierabend noch geschraubt hätten, was das Zeug hergegeben habe, während Dennis berichtet: „Manche junge Leute, die vielleicht geeignet wären, sagen, in der Industrie würden sie mehr verdienen.“

Wie sehr sich der Wind gedreht hat, zeigt auch eine Statistik der Agentur für Arbeit. In den Top Ten der unbesetzten Ausbildungsplätze im Kreis Olpe taucht plötzlich der Beruf „Kraftfahrzeugmechatroniker“ auf. 36 Lehrstellen sind aktuell noch unbesetzt.

Karriere nach oben offen

Zu Unrecht, sagen die Halbes. Denn erstens seien Kfz-Mechaniker auf dem Arbeitsmarkt begehrt und zweitens sei die Bildungskarriere nach oben offen: „Nach der Lehre kann jeder den Meister oder den Techniker machen oder sogar den Weg zum Kfz-Ingenieur einschlagen. Dann steht der Weg in die Industrie und die Entwicklung offen, zum TÜV oder zur Kfz-Sachverständigenbranche“, wirbt Jürgen Halbe für seinen Beruf. Die aktuelle Situation sei dennoch nicht rosig: „Nicht nur die Begeisterung für Autos hat spürbar nachgelassen, sondern unser Beruf ist auch viel schwieriger und anspruchsvoller für einen Lehrling geworden“, sagt Jürgen Halbe. Wo früher das Klischee noch teilweise gestimmt habe, dass mit Hammer und Schraubenzieher am VW Käfer oder dem Opel Kadett einiges auszurichten sei, stünden heutzutage komplexe Elektronik, Laptops für die Motordiagnose oder die Suche nach dem Fehler in Pneumatik oder Hydraulik im Fokus: „Die Abgänger aus der Hauptschule vor 30, 40 Jahren hatten es leichter, waren aber auch in der Schule besser vorbereitet worden.“ Bei einem Klassentreffen seines Hauptschuljahrgangs seien viele Selbstständige anzutreffen gewesen oder Führungskräfte.

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Bleibt die wichtigste Frage: Wie kann Schul- und Arbeitsmarktpolitik oder auch die Branche selbst die Situation verbessern? Jürgen Halbe hat einen ganz konkreten Vorschlag: „Diejenigen, die an unserem Beruf interessiert sind, aber durch schlechte Zeugnisse eine zu hohe und abschreckende Hürde vor sich sehen, sollten zunächst eine abgespeckte Ausbildung machen können, die es mal gab, aber abgeschafft wurde.“

Service-Mechaniker

Gemeint ist das Berufsbild des Service-Mechanikers. Jürgen Halbe: „Auch, wer sich in der Berufsschule schwer tat, schaffte diese abgespeckte Ausbildung, konnte später darauf aufbauen und doch noch den Kfz-Mechatroniker erfolgreich abschließen.“ Denn nicht alle Problemschüler blieben das während der Ausbildung: „Manchmal machen die später sogar den Techniker“, macht Halbe Senior Mut.

Das grundsätzliche Dilemma fürs Handwerk sei, das viele Eltern ihre Kinder ins Abitur und zum Studium drängten. Und dann komme es zu Abbruchquoten an den Hochschulen von über 40 Prozent. Aber auch Imagepflege sei bitter nötig, wie Dennis Halbe meint: „Lehrberufe haben zu Unrecht ein zu geringes Ansehen bei vielen Jugendlichen.“ .

Denn gerade das Kfz-Handwerk werde auch in Zeiten der großen Transformation hin zum Elektro-Auto Goldenen Boden haben, ist der 32-Jährige sicher: „Wir werden weiterhin gut zu tun haben.“

http://Hier_gibt_es_mehr_Artikel_und_Bilder_aus_dem_Kreis_Olpe{esc#225922135}[teaser]Wer doch noch Appetit auf eine Kfz-Mechatronikerlehre bekommen hat, kann sich bei Autotechnik Halbe melden, ein Platz für die Lehre ab 1. August 2023 ist zu vergeben. Mit vorherigem Praktikum. Kontakt: 02722/630581, E-Mail unter info@autotechnik-halbe.de