Kirchveischede. Studierende der Uni Siegen haben die historische „Röthe“ in Kirchveischede überplant. Der Professor ist begeistert - das Dorf auch?
Historisches bewahren und trotzdem zeitgemäß und modern sein. An dieser Herausforderung sind schon viele Architekten und Städteplaner gescheitert. Für fünf Studentinnen der Uni Siegen war die Aufgabe kein Problem. Sie überplanten gemeinsam einen neuen Dorfplatz in der „Röthe“, der historischen Dorfmitte des Fachwerkorts Kirchveischede. Bei der Vorstellung am Mittwoch im kleinen Kreis gab es Beifall, Lob und Anerkennung - und das nicht nur vom eigenen Professor. Was die Mehrheit des Dorfes sagen wird, bleibt abzuwarten.
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Nachdem die Stadt ein Wohn- und Geschäftshaus in der Röthe, erbaut in den 50er Jahren, vor einiger Zeit erworben und abgerissen hatte, gilt es nun, das Grundstück angemessen neu zu gestalten. Die Dorfgemeinschaft bat deshalb den Fachbereich Architektur und Städtebau an der Uni Siegen um Unterstützung und stieß bei Prof. Dipl. Ing. Michael Lenhart auf offene Ohren. Der Dozent beauftragte fünf Studentinnen aus dem vierten Semester mit dieser „Stegreif-Aufgabe“.
Die ortskundigen Damen, die aus Kirchveischede, Altenhundem und Welschen Ennest (3) stammen, steckten die Köpfe zusammen und erarbeiteten in nur vier Wochen die Basis-Kriterien für den Platz direkt an der Veischedebrücke. Es sollte ein Ort mit hoher Aufenthaltsqualität für alle Generationen, Gäste, Radfahrer, Wanderer und vor allem Einheimische werden, mit starker Struktur und technischer Ausstattung. Die natürlichen Materialien Naturstein und Holz sollen dominieren und so die Brücke zur Vergangenheit schlagen.
Besonderer Clou: Da sich hier früher eine Viehtränke befand, soll der Platz über Treppen einen Zugang zum Veischede- bzw. Röthebach erhalten, der hier in die Veischede mündet. So soll der Bach wieder erlebbar gemacht werden.
Herausgekommen ist ein ansprechender Platz, der auf den ersten Blick an eine Art Lounge erinnert, mit korrespondierenden Sitzgelegenheiten in alle Richtungen, Bänken und einem integrierten Tisch aus Massivholz, mit witterungsgeschützten Strom -und Datensteckdosen, einklappbaren Schubladen, Hülsen für Sonnenschirme und einer Treppe zum Bach. „Wir wollten mit dem Entwurf alle ansprechen, die Vergangenheit einbeziehen und trotzdem ein Stück Zukunft abbilden“, so Studentin Helena Laarmann, die in Kirchveischede zuhause ist.
Nicht nur die Vertreter aus dem Ort zeigten sich sehr inspiriert und klatschten kräftig Beifall, auch Prof. Lenhart: „Für viertes Semester und in nur vier Wochen ist das schon super.“ Was dem Experten an dem Entwurf besonders gefällt, ist die hohe Funktionalität des Platzes: „Man hätte auch zwei, drei Bänke aufstellen können, aber das reicht nicht, ein Platz muss was können“. Also Spielen, Lesen, Chillen, Computerarbeit, Wasserspiele etc. zulassen. „Wir verstehen uns hier als Ideengeber“, erklärte der Professor. Der Entwurf sei ein Masterplan, der geändert oder auch erst nach und nach, vielleicht in Eigenleistung, umgesetzt werden könne.
„Ohne Dorferneuerungsmittel wird dies sicher nicht gehen“, bemerkte Lennestadts Stadtplanerin Sabine Hengstebeck, die den modernen Entwurf angesichts der Materialien und seiner modulen Bauweise gut findet: „Meine Erwartungen wurden übertroffen“, zollte sie dem Quintett Respekt. Die Planung passe zudem zu den Plänen der Stadt, an der Veischede mehrere „Perlen“, also Plätze mit hoher Aufenthaltsqualität, zu schaffen. Den Anfang habe man mit dem „neuen Kahnteich“ in Bilstein gemacht.
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Die Entwurfspläne der Studentinnen hängen nun an den Fenstern der Alten Schule aus. Die Dorfgemeinschaft freut sich jetzt über viele Rückmeldungen und Meinungen aus dem Ort.