Bamenohl. Franz-Josef Reuter hat sein Haus auf regenerative Energieversorgung umgerüstet. So lässt sich sogar im Altbau viel Geld sparen.
5.700 Euro sind eine hübsche Summe. Das Geld reicht für ein oder zwei Urlaubsreisen oder erhöht die eigene Altersversorgung um 475,25 Euro pro Monat. 5.700 Euro spart Franz-Josef Reuter aus Bamenohl jedes Jahr, weil er das gemacht hat, was die Bundesregierung derzeit mit Nachdruck fordert und auch fördert. Der 68-Jährige hat sein Eigenheim in der Graf von Plettenbergstraße im Laufe der Jahre auf erneuerbare Energieversorgung umgestellt, produziert heute sogar mehr Strom, als er für Haushalt, Heizung und Warmwasser, inklusive Elektroauto, benötigt.
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Nun ist Franz-Josef Reuter kein Otto-Normal-Verbraucher. 30 Jahre lang arbeitete der Elektromeister selbstständig im Bereich Regenerative Energien, ist heute noch Gesellschafter der Firma iQma-energy in Eslohe. „Wir haben vor 24 Jahren die ersten Photovoltaik-Anlagen im Sauerland aufgestellt“, sagt er.
So viel kann ich sparen, wenn...
Jeder merkt es am eigenen Geldbeutel: Alles wird spürbar teurer und ein Ende der Preisrallye ist nicht in Sicht. Politik, Klima- und Verbraucherschützer mahnen zum Sparen, wo immer es geht.
Aber lohnt es sich überhaupt, seine Verhaltensweisen dafür signifikant zu ändern? Und wie viele Euro kann man ganz konkret sparen, wenn man zum Beispiel kälter duscht, mit dem Rad statt Auto zur Arbeit fährt oder sein Mineralwasser selber herstellt?
In unserer neuen Sommerserie untersucht die Redaktion deshalb typische Abläufe und Situationen in Beruf, Freizeit, Alltag und Haushalt auf die Frage „So viel kann ich sparen, wenn...“
Vor 20 Jahren, 2002, bestückte er zunächst das Süddach seines Wohnhauses, Baujahr 1956, das er 1975 renoviert und mit der damals üblichen Wärmedämmung versehen hatte, mit der ersten PV-Anlage. „Das war das 100.000 Dächer-Programm und kein aktuelles Thema. Und es gab große Vorbehalte gegen diese Technik. Die Module gingen schnell kaputt, blendeten und würden fürchterlich aussehen hieß es damals“, erinnert er sich. Zusätzlich baute er Sonnenkollektoren (Solarthermie) auf das Dach. Seine Motivation damals, als es noch nicht – wie heute – um den Eigenverbrauch der erzeugten Solarenergie ging: „Ich wollte wissen, wie viel Energie die Sonne überhaupt liefern kann.“
Serienfahrplan
Heute: …ich eine
PV-Anlage und eine Wärmepumpe einbaue
30. Juni: …ich mit meiner Familie einen Camping-Urlaub mache (statt Hotel).
5. Juli: …ich Leitungswasser aufsprudele statt Mineralwasserkisten zu schleppen.
7. Juli: …ich mit dem Rauchen aufhöre.
12. Juli: …ich eine Woche mit dem E-Bike zur Arbeit fahre.
14. Juli: …ich mit dem
9-Euro-Ticket nach Sylt fahre.
19. Juli: …ich mir mein Gemüse selbst im Garten anpflanze.
21. Juli: …ich meine kaputte Mikrowelle in ein
Reparatur-Café bringe.
26. Juli: ...ich Duschwasser und Raumtemperatur um zwei Grad reduziere.
28. Juli: …ich in einem
Secondhand-Laden einkaufe.
2. August: …ich mit dem
E-Auto fahre.
4. August: …ich auf meinen
Coffee-to-Go verzichte.
9. August: …ich Stromquellen reduziere.
2009 rüstete er das Norddach und eine Scheune im Garten mit PV-Modulen nach, insgesamt sind es rund 200 Quadratmeter (qm) Dachfläche mit einer maximalen Leistung von 29,7 Kilowattpeak (kWp). Der erzeugte Strom wird in einem Speicher (13,8 KWh) im Keller zwischengespeichert und für den Eigenverbrauch verwendet, der Überschuss fließt ins öffentliche Stromnetz.
Anfang dieses Jahres stellte er seine Gastherme außer Betrieb und ersetzte sie durch eine Luftwasserwärmepumpe. Im Wohnzimmer steht für die kalte Jahreszeit zusätzlich ein Holz-Pellet-Ofen. Im Keller seines Hauses sorgt eine intelligente Steuerung für das optimale Zusammenspiel der einzelnen Komponenten. Und immer, wenn Franz-Josef Reuter auf seinem Tablett-PC die Energiebilanz seiner Anlage aufruft, strahlt er mit der Energie liefernden Sonne um die Wette.
Verbrauch
Ohne Regenerative Energieversorgung würde Familie Reuter pro Jahr 26.500 kW/h Gas für Heizung und Warmwasser („normaler“ Marktpreis vor den Preiserhöhungen, 11 Cent/KWh) und 4800 kWh Haushaltsstrom (33 Cent/KWh) verbrauchen. Dazu kommt das Auto. das bei 15.000 Kilometer Fahrleistung pro Jahr, 7 Liter Benzin-Verbrauch pro 100 Kilometern a 2 Euro, 2102 Euro Spritkosten, umgerechnet 10.300 kWh, verursacht. Das macht einen Jahresverbrauch von 41.600 KWh, die mit rund 6600 Euro pro Jahr zu Buche schlagen.
Ersparnis
Nach der Umstellung auf regenerative Energien verbraucht Familie Reuter nur noch 33.660 KWh, weil das E-Auto, ein BMW I3, allein 8200 kWh weniger Energie verbraucht als ein Verbrenner. Den Strom für Haushalt und Wärmepumpe liefern PV-Anlage (8680 KWh) und Solarthermie (3500 kWh). Die benötigte Wärme liefern die Luft-Wasser-Wärmepumpe (17460 KWh), die die Energie aus der Luft zieht, und der Holz-Pellet-Ofen (1300 KWh).
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Nur in der kalten Jahreszeit, wenn die Sonne nicht genug Energie liefert, muss Franz-Josef Reuter seine Wärmepumpe mit Netzstrom betreiben, der ihn bei 2720 KWh 897 Euro pro Jahr kostet. Somit spart die Familie jedes Jahr rund 5700 Euro an Energiekosten im Vergleich zu einer konventionellen Energieversorgung mit Gas und ohne regenerative Energie.
Kosten
Die Investitionskosten sind nicht gerade niedrig. Eine Wärmepumpe schlägt mit 18- bis 25.000 Euro zu Buche, eine PV-Anlage mit 1.300 Euro pro Kilowattpeak, der Stromspeicher mit rund 600 Euro pro KWh. Einige Komponenten werden bei einer Umrüstung öffentlich bezuschusst. Den Umstieg von Öl und Gas auf eine Wärmepumpe versüßt Vater Staat derzeit mit einer Förderung von 45 bzw. 35 Prozent. Dann amortisiert sich die Investition schneller.
Für Franz-Josef Reuter ist die Luft-Wasser-Wärmepumpe „die Technologie der Zukunft. Die Wärmeenergie in der Luft ist vielen nicht bewusst“, sagt er. Und die Technik werde sich weiterentwickeln. Schon heute seien Vorlauftemperaturen über 60 Grad möglich. Somit werde die Technik mehr und mehr auch Altbau-tauglich. Übrigens: Wärmepumpen können auch zur Kühlung eingesetzt werden.
„Die Technik, sich von Gas und Öl zu lösen, ist da, Photovoltaik und die Natur vertragen sich“, sagt Franz-Josef Reuter. Auf lange Sicht sparen Verbraucher so eine Menge Geld und schützen das Klima. Seine eigene, prognostizierte Energiebilanz ist der beste Beweis dafür.
Seine Anlage – die Steuerung hat der Fachmann selbst entwickelt und gebaut – will er aber nicht als Blaupause für Altbauten verstanden wissen. Denn für jedes Gebäude und jede Lage müssten individuelle Lösungen gefunden werden.