Kreis Olpe. Das OVG Münster hat die Gebühren für Abwasser gekippt. Sie sind zu teuer. Aber nicht jeder kann mit einer Erstattung rechnen.

Hausbesitzer und Mieter im Kreis Olpe dürfen in den nächsten Jahren mit niedrigeren Gebührenbescheiden bzw. Nebenkostenabrechnungen rechnen, weil die Kommunen jahrelang zu hohe Abwassergebühren kassiert haben. Allerdings sind die meisten Gebührenbescheide rechtskräftig. Nur wer selbst Widerspruch eingelegt hatte, kann wohl mit einer Erstattung rechnen.

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Mit Oer-Erkenschwick hat der Kreis Olpe - wenn man so will – nur das OE im Namen gemein, sonst gibt es wohl kaum Berührungspunkte. Doch seit Dienstag kennt jeder Kämmerer im Kreis Olpe die 30.000-Einwohner-Stadt im Kreis Recklinghausen. Dort hatte ein Bürger gegen einen Abwasserbescheid aus dem Jahr 2017 über knapp 600 Euro geklagt und bekam vor dem Oberverwaltungsgericht (OVG) in Münster recht. Die Kommunen hatte etwa 18 Prozent zu viel berechnet. Weil aber viele Kommunen im Kreis ähnlich verfahren haben, hat nur auch bei uns das große Rechnen begonnen.

Im Kern geht es um den Eigenkapitalzins in der Gebührenkalkulation für Abwasser. Besonders hoch verschuldete Kommunen gingen seit den 90er Jahren hier oft bis an die zulässige Höchstgrenze, um möglichst viele Einnahmen für ihren Haushalt zu generieren.

Hoher Zinssatz nicht verboten

Verboten war das nicht. „Die Gemeindeprüfungsanstalt des Landes hat uns noch 2021 empfohlen, mit unseren Zinssätzen an die Obergrenze zu gehen“, sagt Lennestadts Kämmerer Jochen Biermann. Die Höchstwerte orientierten sich dabei an der Durchschnittsrendite der letzten 50 Jahre, ermittelt von der Deutschen Bundesbank. Dieser lange Zeitraum ist für das OVG aber nicht mehr zeitgemäß, zehn Jahre rückwirkend als Betrachtungszeitraum reichten aus und in den letzten zehn Jahren ist das Zinsniveau rasant gefallen. Für Oer-Erkenschwick bedeutet dies, dass die Stadt künftig nur noch 2,42 statt 6,52 Prozent Zinsen einrechnen darf.

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„Was das konkret für uns bedeuten wird, das wissen wir noch nicht“, so Biermann. Er glaubt aber nicht, dass die Gerichte nun landesweit sämtliche Gebührenbescheide für mehrere Jahre rechtswidrig erklären werden.

Wer Widerspruch eingelegt hat, kann profitieren

Faktisch haben nur die Gebührenzahler, die in den letzten Jahren fristgerecht Widerspruch gegen die Festsetzung eingelegt hatten, ein Recht auf Erstattung. In Lennestadt waren dies im letzten Jahr 14 und in diesem Jahr eine Handvoll. Besonders die SPD-Fraktion hatte immer wieder auf eine Zinsreduzierung gedrängt. In den letzten Jahren wurde der Zinssatz in Lennestadt mehrmals auf aktuell 4,5 Prozent reduziert. „Damit liegen wir im Kreis Olpe im Mittelmaß“, glaubt Biermann. Sollte die Stadt den Zinssatz analog zu Oer-Erkenschwick um weitere zwei Prozent auf 2,5 senken müssen, würde das laut Biermann einen Einnahmeverlust bis zu 400.000 Euro pro Jahr bedeuten, 90- bis 100.000 Euro pro halbes Prozent.

Lennestadt verliert 400.000 Euro pro Jahr

In anderen Rathäusern im Kreis Olpe bleibt man noch gelassen, hofft, dass man nur marginal oder gar nicht betroffen ist. „Wir prüfen das noch, bisher sind wir sehr entspannt“, so Kirchhundems Bürgermeister Björn Jarosz. Ähnlich sieht es bei der Gemeinde Finnentrop aus, die im vergangenen Jahr für Schmutzwasser- und Niederschlagsgebühren mehr als drei Millionen Euro einnahm. Und daran wird sich laut Kämmerer Josef Baußmann auch nichts ändern. Der Grund: die Gemeinde rechnet besagten Zins in der Gebührenkalkulation für Abwasser gar nicht erst an, so dass die Bürger auch gar nichts zurückfordern können. „Für uns ändert sich durch das Urteil gar nichts. Wir sind in dieser Frage seit Jahrzehnten sehr bürgerfreundlich in der Gemeinde Finnentrop unterwegs“, betont Finnentrops Kämmerer.