Hünsborn. Alissa Zaburianova ist mit ihrem Sohn aus der Ukraine geflüchtet und lebt in Wenden. Das ist ihre Geschichte.

In der ganzen Hausarztpraxis Spieren sind Patienten aus der Ukraine. Frauen, Kinder und Männer, die vor dem Krieg geflüchtet sind. Stefan Spieren und sein Team sind mit ihrem Latein am Ende, wenn es darum geht, sich mit den Menschen zu verständigen. Dreh- und Angelpunkt in der Flüchtlingssprechstunde in Hünsborn ist Alissa Zaburianova. Die 29-Jährige ist selbst erst vor vier Wochen mit ihrem achtjährigen Sohn aus der Ukraine geflüchtet. Sie spricht Deutsch und baut die Brücken für ihre Landsleute.

Doch sie ist mehr als nur Übersetzerin. Alissa Zaburianova kommt vom Fach, ist Arzthelferin. „Das ist sensationell. Ohne Alissa könnten wir das hier nicht leisten“, lobt Stefan Spieren, der die 29-Jährige in seiner Praxis angestellt hat.

Impfungen

Neben den Erstuntersuchungen der Flüchtlinge geht es um Covid-Impfungen. Eine Familie aus der Ukraine mit Oma, Mutter, Vater und Kindern ist im Behandlungszimmer. Ärztin Julia Spieren schafft es mit Hilfe von Alissa Zaburianova, Überzeugungsarbeit zu leisten. Die Oma ist schwerkrank, das kleinste Kind gerade fünf Jahre alt. Die 29-Jährige macht der Familie deutlich, wie wichtig eine Impfung gerade auch zum Schutz der Oma ist. Alle lassen sich am Ende impfen. Auch Impfungen gegen Masern, Mumps und Röteln seien für die Flüchtlinge wichtig, betont Stefan Spieren.

Jeden Morgen kommt Alissa Zaburianova mit dem Bus von Wenden nach Hünsborn zur Arbeit. „Ich will allen helfen“, sagt sie im Gespräch mit dieser Redaktion. Hinter ihr liegt eine beschwerliche Flucht. „Papa sagte zu mir: Du musst weg“, erzählt sie. Es sei darum gegangen, ihren kleinen Sohn in Sicherheit zu bringen. Vater, Mutter und Schwester musste sie in der Heimat zurücklassen. Aus einem kleinen Dorf, 18 Kilometer von Kiew entfernt, fuhr sie mit dem Bus nach Polen: „Vier Tage blieben wir dort, dann ging es nach Deutschland.“

Mit einer Tasche und ihrem kleinen Sohn kam sie Mitte März schließlich nach Wenden. Dort wohnt sie jetzt bei Katja und Uwe Stelter, von denen Alissa Zaburianova in den höchsten Tönen schwärmt: „Sie fragten: Was brauchst du? Ich habe alles bekommen, sogar ein Skateboard und ein Fahrrad für meinen Sohn.“ Die bescheidene 29-Jährige ist einfach nur dankbar: „Deutschland hat ein großes Herz. Hier wird allen geholfen. Vielen, vielen Dank.“

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Die Ukrainer wollten sich in Deutschland nützlich machen, betont die Arzthelferin: „Sie wollen nicht hier sitzen und warten, dass das Geld kommt. Die Leute wollen Arbeit.“ Alissa Zaburianova hat es in kürzester Zeit zu einer Festanstellung in der Hausarztpraxis geschafft. Zunächst sollte die 29-Jährige, die vor Jahren ein paar Monate in einer Firma in Freudenberg gearbeitet und dort Deutsch gelernt hatte, als Übersetzerin aushelfen. „Eine Mitarbeiterin hatte den Kontakt hergestellt. Doch als Alissa kam, haben wir sofort gemerkt: Sie denkt auch medizinisch, kennt die Abläufe. Das passte sofort. Sie ist eine Riesenbereicherung“, sagt Stefan Spieren.

Einsames Osterfest

Am Mittwoch, 20. April, wird Alissa Zaburianova 30 Jahre alt. Es wird ihr traurigster Geburtstag: „Auch Ostern war ich allein. Das ist sonst bei uns ein großes Fest mit der ganzen Familie. Da wird gegessen, getrunken und gelacht. Jetzt wird geweint.“ Viel Schlimmes hat sie erlebt in dem brutalen russischen Angriffskrieg auf ihr Land. Auch wenn die Waffen schweigen, will sie mit ihrem Sohn, der die zweite Klasse in der Grundschule Wenden besucht, in Deutschland bleiben. „Ich habe ein kleines Kind, in der Ukraine gibt es keine Arbeit. Mein Sohn ist meine Zukunft. Ich muss an ihn denken und für ihn da sein“, unterstreicht die 29-Jährige.

Doch es ist ein schwerer Weg, den die Mutter gehen muss. „Mein Herz bleibt in der Ukraine. Mein Herz schmerzt“, sagt Alissa Zaburianova und kann ihre Tränen nicht mehr zurückhalten.

Infoveranstaltung

Am Montag, 25. April, um 19 Uhr gibt es im Sportheim am Siepen in Ottfingen eine Informationsveranstaltung für Geflüchtete.

Vertreter von Kreis, Gemeinde, DRK und weiteren Organisatoren stehen dann für Fragen und Wünsche bereit.

An dem Abend wird auch geimpft.